Es ist in der Tat unglaublich, wie viele musikalische Acts vergangener Zeiten nach vielen Jahren wieder auf der Bildfläche erscheinen. Und gemäß dem Titel dieser neuen Platte gilt das auch und besonders für Rosy Vista, einer All Girl Rockband aus Hannover. Okay, es wird wohl nicht allzu viele Fans geben, die sich an die vier hübschen Mädels erinnern, denn es ist lange her, seitdem sie auf der Bildfläche erschienen sind. Genau gesagt war die Band auch nur von 1984 bis 1989 aktiv, wobei zwar ein paar Konzerte als Anheizer für Stars wie Joe Cocker, Uriah Heep oder Manfred Mann absolviert wurden, jedoch bis auf eine EP sowie zwei Singles keine „echte“ Langspielplatte veröffentlicht wurde.
Und genau das wird jetzt nachgeholt, denn überraschenderweise fanden sich drei der vier Original-Mitglieder wieder zusammen, um gemeinsam zu musizieren. Das passt dann auch aktuell ins Konzept der Plattenfirma, die scheinbar momentan auf Frauenpower setzt, schließlich befindet sich mit der Ikone Suzie Quatro ebenfalls ein (weitaus bekannterer) Name gesetzteren Alters bei den letzten Zugängen von SPV. Aber wieder zurück zu Rosy Vista, die nun fünf Stücke aus alten Zeiten neu aufgenommen haben, dazu sechs neue Songs sowie mit dem Klassiker „Born To Be Wild“ einen zugegebenermaßen ausgelutschten Klassiker auf ihre Platte packten.
Die gute Röhre der Frontdame Andrea Schwarz braucht sich dabei auch gar nicht vor anderen zu verstecken, denn offensichtlich hat sie in den Jahren nicht viel verlernt. Immerhin strahlt ihre Stimme immer noch sowohl Gefühl wie auch Kraft aus. Gitarristin Anca Graterol, die auch hauptsächlich für das Songwriting verantwortlich ist, beherrscht ihr Fach auch merklich, denn schon der Opener „Crazy“ macht deutlich, dass das Gespür für den richtigen Härtegrad verbunden mit eingängigen Melodien vorhanden ist. Das gilt übrigens für die gesamte Scheibe, aber das nur am Rande. Für musikalische Abwechslung ist jedenfalls gesorgt, so zeigen die Damen, dass rumänischer Folk (Songwriterin Anca ist gebürtige Rumänin) mit „Hopatina“ nicht unbedingt akustisch und ruhig sein muss. Auch die Ballade „Too Much Feeling“ hat alles, was eine Ballade haben sollte, nämlich viel Gefühl und eine tolle Melodie. Ich sage es mal so, Fans von Girlschool, Suzie Quatro, Joan Jett, The Runaways oder Lita Ford können ganz beruhigt mal reinhören, denn durch flotte Songs wie „Poor Rosy“, „Tables Are Turned“ oder „Sadistic Lover“ besteht auch keine Gefahr einer allzu klebrigen Zuckertorte. Nach so vielen Jahren ein sehr ordentliches „Debüt“, aber auch zugegebenermaßen kein Reißer den man unbedingt haben muss. Das Spiel mit dem großen Wort „Wiedervereinigung“ wird hier meines Erachtens doch arg strapaziert. Bleibt die Frage, für wen diese Platte eigentlich gemacht wurde. Ich denke in erster Linie für die Band selbst, die offensichtlich noch sichtlich Spaß an der Musik haben! Wenn sich der auf den ein oder anderen All Girl-Rockfan überträgt, ist das Ziel erreicht.