„Fandigo“ das letzte Studioalbum von Callejon teilte – glaubt man dem Internetgerede – ein wenig die Fans. Zu weich gespült und zu sehr auf Massenkompatibilität gebürstet klang die Band angeblich. Während ich diese Zeilen schreibe, höre ich tatsächlich zum ersten Mal in „Fandigo“ rein, und ich kann die Kritiker durchaus verstehen. Mir geht da spontan auch ein wenig Biss ab.Nun aber das zweite Cover-Album unter der Kallejon-Flagge, das hat ja schließlich schon vor sechs Jahren funktioniert, als die Herren sich deutsches Liedgut vorgenommen und „versackgasselt“ haben. Ob man damit tatsächlich „alte“ Fans zurück gewinnen will, bleibt aber fraglich, dafür ist das Thema, dass man sich ausgesucht hat schlichtweg zu kontrovers und non-Metal.
„Hartgeld im Club“ lässt jedenfalls schon im Titel keine Fragen mehr ob der musikalischen Grundausrichtung, und ja, dieses Mal bekommt der deutsche Hip Hop ein Make-Up a la Callejon. Von 11 Covernummern kenne ich gerade einmal vier, was eine Beurteilung nicht sooo einfach macht. Zwar kann ich mich mit manchen Interpreten des Genres, oder hier und da wenigstens ein paar Songs anfreunden, doch Fachmann bin ich beileibe nicht. Nun musste ich aber feststellen, dass das auch seine Vorteile hatte. Ich konnte versuchen, die Songs als Eigengewächse der Band zu sehen, und da haben einige doch erstaunlich gut, um nicht zu sagen ausgezeichnet funktioniert. Ohrwürmer sind sie allesamt. „Von Party zu Party“ (SXTN), „Palmen aus Plastik“ (Bones MC & RAF Camora) oder „Was du Liebe nennst“ (Bausa) waren mir vorher nicht bekannt, lassen sich aber mittlerweile nur mittels Gewalt aus meinem Ohr entfernen.
Sidos „Schlechtes Vorbild“ und Deichkinds „Arbeit nervt“ finde ich im Original tatsächlich besser, wenngleich auch immer noch amtlich umgesetzt. Hier frage ich mich dann allerdings, wie fließend die Grenzen von Hip Hop zu Pop (oder was auch immer Deichkind sein sollen) mittlerweile sind. Marterias „Kids (2 Finger an den Kopf)“ und Alligatoahs „Willst du“ (finde ich übrigens original wie Cover ganz furchtbar) die ich ehemaligem Stammclub sei Dank kenne, sind ebenfalls Tanzflächenfeger, die der vermeintlich wahren Rap-Elite vermutlich nicht „real“ (bei uns wäre das „trve“) genug wären. Irgendwie geht man also doch auf Nummer Sicher, zumal die Band dem Sprechgesang generell nie so ganz abgeneigt war. Stichwort „Porn From Spain“; dessen dritter Teil macht auf „Hartgeld im Club“ eine entsprechend gute Figur und bringt mit den Gastrappern Niko (K.I.Z., natürlich) und Ice-T (!) dann auch gleich mächtig „credibility“ zurück. Mein Highlight ist jedoch der Titelsong, der die im Grunde ja schon ewig totgesagte Metal-Hip-Hop Kollaboration sogar in 2019 noch frisch wirken lässt. Eine Textzeile wie „Komm schon Baby, ich geb‘ einen aus. Molotovcocktails gehen aufs Haus.“, lassen mich zudem breit grinsen und ganz nebenbei die zuvor gecoverten Künstler teilweise eher alt aussehen. Ernsthaft, es ist gar nicht mal so schlecht, dass man einige Texte – Bastis Geschrei geschuldet – nicht sonderlich gut versteht. Hinzu kommen Stimmfarbe, Tonfall und Ausdruck in den Stimmen der Originale, die mich diese nur schwer genießen lassen. Unsere Szene ist nicht die einzige, die sich den Vorwurf dämlicher Texte gefallen lassen muss.