Berlins Boyband Nummer 1 kann sich glücklich schätzen. Knorkators Fanbase ist nämlich das, was man gut und gerne als uneingeschränkt loyal bezeichnen darf. Wagt man beispielsweise auf Youtube auch nur im Ansatz, die letzten Werke der Spaßvögel zu kritisieren, darf man sich sicher sein, dass gleich 10 die Band schützende Kommentare folgen.Ich vertrete eher den Standpunkt, dass man gerade seine Lieblingsbands kritisch beäugen darf, und da ich nicht Youtube heiße, schöpfe ich mal ein wenig aus dem Vollen. Jetzt. „Das nächste Album aller Zeiten“ markierte eine wichtige Station in der Karriere der Puschelrocker. Es war die letzte Scheibe vor dem Split, und rückblickend hätten sie es vielleicht dabei belassen sollen. „Es werde nicht“ (2011), „We Want Mohr“ (2014) und „Ich bin der Boss“ (2016) waren allesamt weit unter dem Niveau, welches man mit dem ursprünglichen Abschiedsalbum gesetzt hatte. Besonders das 2016er Werk konnte mich nicht packen und steht als einzige knorke Platte nicht in meiner Sammlung. Das soll was heißen. Ich will mich gar nicht groß rechtfertigen, aber ich bin Fan der ersten Stunde, habe die Herren schon x mal live gesehen und zwei mal interviewen dürfen. Nun kommt mit „Widerstand ist zwecklos“ (goiles Cover in Verbindung mit dem Titel) das neunte Studioalbum und auch hier erkenne ich nicht die musikalische oder lyrische Größe, die die Kapelle für mich einst ausmachte. Besonders ärgerlich ist das, weil ich immer kurz vorm zufriedenen „Aaaaaah“ mit einem „aber“ ausgebremst werde. Das eröffnende „Revolution“ punktet mit einer textlich witzigen Idee, die im Refrain deutlich zu albern wieder zunichte gemacht wird. „Ein Wunsch“ hat eine mehr als gewöhnungsbedürftige Gesangslinie, geht aber sonst, auch inhaltlich klar. „Ring My Bell“ und „Behind The Wheel“ sind die obligatorischen Coverversionen, was bei insgesamt 11 Songs meines Erachtens zu viel ist.
„Rette sich wer kann“ ist ein gerade für knorke Verhältnisse ziemlich (gesellschafts-)kritisches Stück, dass man sich am Schluss mit der sinnlosen Aufzählung diverser Rocksongtitel ein gutes Stück kaputt macht. „Am Arsch“ ist mein persönliches Highlight. Hier gibt es nichts zu beanstanden. Textlich wird sich intelligent über die Jammermentalität lustig gemacht, während musikalisch der Bombast herrscht. Wundervoll!„Was du gibst“ ist eine ganz nette Verschnaufpause. Tut nicht weh, kickt aber auch nicht wirklich. „Buchstabensuppe“ ist ein Musik gewordener Witz, dessen Halbwertszeit leider nicht so üppig ist. Aufzählungen gab es bei Knorkator schon genug, wenngleich auch nicht unbedingt so nett verpackt. „Untergang“ und „Krieg“ sind textlich wieder ungewohnt ernst, packen mich aber nicht wirklich. „Zu kurz“ ist dann mein zweiter Lichtblick in einem (Achtung!) viel zu kurzen Album. Dann wiederum dauert die Platte eine gute Dreiviertelstunde. Vielleicht ist sie auch nur kurzweilig und gar nicht so schlecht, und ich habe sie einfach nicht verstanden. Ich bin schlichtweg unwürdig. Zu dumm für Knorkator 2.0. Zu alt. Mh… Ach ja, „Zu kurz“ punktet mit unfassbarem Abwechslungsreichtum (Death Metal, Hip Hop inklusive Thomas D. Gastauftritt und noch mehr), einem catchy Refrain und dem von mir geliebten Humor in Form von Selbstironie. Schließlich ist das Lied das längste auf „Widerstand ist zwecklos“.
Zur Form der Veröffentlichung muss ich jedoch was Positives loswerden. Um Fans zum Kauf der physischen Version zu bewegen hat man sich gegen die x-te DVD-Beigabe und für ein fettes Fotobuch entschieden. Feiner Zug.