Moin, moin in den Norden nach Kiel. Das neue IVORY TOWER Album gestaltet sich als Überraschung, denn die einstige Prog-Band hat sich in Richtung traditionellem Heavy Metal aufgemacht und ein richtig starkes Werk veröffentlicht. Gitarrist Sven stellte sich gerne unseren Fragen.
Hi Sven, euer Album „Stronger“ ist vielfach besprochen worden. Welchen Aussagen über könnt ihr zustimmen und über welche Einschätzungen könnt ihr schmunzeln?
Hi Matthias! Ja, es gab da herrliche Mutmaßungen und Einschätzungen von deinen Kollegen der schreibenden Zunft! (lacht) „Flight Of The Dragon“ wurde, von einem wohl Gitarre spielenden Kollegen auseinandergenommen, „ohne Sinn und ohne Ziel“ war sein Urteil. Ein Internetradio hat das Instrumental dann aber in zwei aufeinanderfolgenden Sendungen als Opener verwendet (weil sie es so cool fanden). Weiter bemängelte der Rezensent Zweistimmigkeiten und Wah-Pedaleinsatz in den Soli…. Sehr lustig, kann nicht jedem gefallen und soll es auch nicht. Später kam noch ein Vergleich „…warum wir [auf die Dynamik bezogen] nicht wie Henrik Freischlader klingen…“, ähm…..geiler Gitarrist, falsches Genre, falsche Musik! (lacht) Von italienischen Schreibern wurden dann noch uninspirierte Gesangshooks gesichtet und langweilige Arrangements ausgemacht. Auch der Song „In Me“ wurde von einigen kritisiert, wohl weil er eher düster und im mittleren Tempo läuft, andere wiederum finden den Song genial. Da ist es dann wieder: jeder freut sich anders!
Erzählt doch mal, was in den letzten Jahren mit und um die Band passiert ist. Viel gehört hat man nicht von IVORY TOWER.
Es ist leider nicht so viel an die Presse gelangt, da unser letztes Label nicht so ausufernde Pressearbeit gemacht hat und als wir dann mal Sachen als PM veröffentlicht haben, hat kaum etwas den Weg ins Netz gefunden. Wir haben 2011 unser letztes Album „IV“ veröffentlicht. Danach hat uns leider Sänger Andre aus persönlichen Gründen verlassen! Das ist natürlich sehr hart gewesen, da der Sänger immer das Aushängeschild einer Band ist. Danach hat sich dann auch noch unser Drummer Flo verabschiedet, der sich seiner akademischen Karriere vollends widmen wollte. Es begann eine lange Zeit des neue Musiker suchen, wo Leute aufsprangen auf den IVORY TOWER- Zug und auch gleich wieder abgesprungen sind, da kein -oder zumindest nicht adäquater- Sänger am Start war. Wir hatten dutzende Kandidaten aus dem Bundesgebiet getestet, auch Sängerinnen, und haben sogar Test-Gigs mit ihnen absolviert. Wir gerieten dann über unseren damaligen Trommler Flo an Dirk Meyer. Die kannten sich hier aus der Region. Nach mehreren Auditions war klar, das ist unser 5. Mann! In der Zwischenzeit stieß dann noch unser Ur-Drummer Thorsten Thrunke zu uns. Das erste Album „IVORY TOWER“, noch bei LMP/SPV veröffentlicht, feierte im Oktober 2018 seine 20th Anniversary Party. In diesem Zuge spielte dann auch noch unser Ur-Basser Stephan Laschetzki einige Jubiläumsshows mit uns. Insgesamt haben wir eh relativ viel live gespielt die letzten Jahre, was die Band schön zusammengeschweißt hat. Kreuz und quer durch deutsche Lande, waren wir aber auch im Ausland präsent. Allerdings alles auf DIY-Basis. Kleine Clubs, manchmal keine Leute, manchmal volle Hütte, manchmal perfektes Essen, manchmal gar nichts,….Rock ´n Roll halt.
Mit Dirk Meyer habt ihr euch einen neuen Sänger geangelt. Eine wirklich gute Wahl, wie ich finde. Was macht ihn aus, was bringt er der Band?
Mit Dirk haben wir nach langer, aufreibender Suche wirklich unser 5. Element gefunden.Er ist stimmlich sehr variabel, hohe wie tiefe Lagen bereiten keine Probleme, shouten oder melodisch gesungene Passagen liegen ihm zu 100%. Er bringt vor allen Dingen das, was er im Studio leistet auch gesanglich auf der Bühne. Dazu kommt noch eine perfekte Show. Das ist wirklich fantastisch!
Politisch gesehen erleben wir ein Gerangel vieler Parteien um die Mitte der Gesellschaft. Was hat euch aus der Prog-Ecke in die musikalische Mitte rutschen lassen, sprich wie kam es zur Hinwendung zum eher klassischen Heavy Metal?
Ja, das hat mehrere Gründe, aber politisch ist das bei uns nicht erklärbar. (lacht) Wir sind natürlich hier und da immer noch proggy unterwegs, allerdings nicht mehr so extrem wie auf den Anfangsscheiben von uns. Durch die Bewandtnis Musiker testen zu müssen, haben wir erstmal den Skill-Level gesenkt, um möglichst viele Mucker anzusprechen (z,B. mögen Sänger nicht so gerne über 7/8 Takte singen), also raus aus dem Elfenbeinturm, dachten wir uns. Dann ist es der geringere Zeitaufwand Songs einzuüben, die eingesparte Zeit haben wir für Auditions benötigt! Dazu kam die Liveerfahrung. Da wir keine große Fanbase haben, sind wir in Clubs eher häufiger auf Metalheads getroffen, die nicht so auf proggiges Zeug standen. Da nervt es dann auf Dauer auch, wenn die Leute weggehen oder nicht bangen wenn´s losgeht. Also haben wir etwas an Parts und Komplexität reduziert und das hat dann live wesentlich besser funktioniert. So sind wir dabei geblieben, man könnte es auch als Reifeprozess bezeichnen. Es gab auch jetzt einige Leute die den alten Vollprogstyle vermissen und das kritisieren, aber das waren dann auch genau die Leute, die es eben nicht geschafft haben auf die Gigs zu kommen und das Ganze dort abzufeiern!
Für mich klingt „Stronger“ herrlich unverkrampft und regelrecht gelöst. Wenn man nach so langer Zeit zurückkehrt, müsste eine Band eigentlich Druck verspüren. Ihr wirkt befreit und haut vier, fünf geile Songs raus, die mit das Beste sind, was ich von euch jemals gehört habe. „Life Will Fate“ ist beispielsweise so ein herrlicher Knaller, der direkt zündet.
Ja, das finde ich auch! „Life Will Fate“ ist „Rock´n`Roll auf die Fresse pur! Es geht auf dem Album alles gut und leicht von der Hand. Jeder weiß was er da zu machen hat und das einige Songs schon länger von uns gespielt werden, schadet wohl auch eher nicht.
Soll der Neuanfang nur eine Leuchtkugel sein, nach dem Motto: „Hier sind wir noch“, oder wollt ihr wirklich nochmal angreifen und euch live durchbeißen?
Nein, dafür sind wir alle zu sehr Vollblut-Musiker, als das das nur eine Leuchtkugel sein soll! Wir haben schon die letzten Jahre viel live gespielt, weil wir das lieben, hoffen das jetzt noch mehr Veranstalter und auch Festivals auf uns aufmerksam werden und uns ansprechen. Wir haben auch schon ein paar neue Sachen im petto und werden weiter Gas geben! Uns wurden einige Supporttouren angeboten, die aber von den Bedingungen inakzeptabel und finanziell nicht durchführbar waren. Man kann nur hoffen, dass die Kapelle jetzt so zusammenbleiben kann, aber das ist das Leben.
Seid ihr innerhalb der Szene selbst Fans oder macht ihr eher euer Ding und was andere Bands veröffentlichen oder tun, geht weit an euch vorbei?
Ich kann jetzt nur mal für mich sprechen und ich schaue schon, was in der Szene abgeht, was an Veröffentlichungen kommt und wer mit wem auf Tour geht. Besonders interessant ist eigentlich auch was mit Bands abgeht, mit denen man zusammen gespielt hat. Aber klar, alles bekommt man nicht mit, dafür fehlt dann auch die Zeit für notwendige Recherchen!
Abschließende Frage: Was wäre dein/euer Wunsch für IVORY TOWER?
Cool wäre jetzt eine Tour, die unter seriösen und machbaren Bedingungen stattfinden würde, ein paar Festivalshows und dann ein starkes neues Album!