Serien sind ja schon seit längerem voll im Trend, gerade die aus Skandinavien wie „Die Brücke“ oder „Kommissarin Lundt“ haben es vielen Zuschauern angetan. Auch private Sender und Streaming-Dienste wie SKY, Netflix oder Amazon sind auf den Zug aufgesprungen und produzieren eigene Serien auf zumeist hohem Qualitäts-Level sogar selbst. Meine Meinung zu der Flut an Serien und Mini-Serien ist da eher skeptisch, denn der Zuschauer weiß ja mittlerweile gar nicht mehr, was er sich alles anschauen soll. Mir stellt sich da auch die Frage wann? Also wenn ich von der Arbeit nach Hause komme will ich nicht ständig vor der Glotze hängen, aber das nur am Rande. Es ist mir ebenso aufgefallen, dass manche Serien nach der Erstausstrahlung beim Auftraggeber sogar im öffentlich rechtlichen Fernsehen laufen, die jüngsten Beispiele waren „Der Pass“ und „Babylon Berlin“, beides SKY-Produktionen und kürzlich im ZDF bzw. WDR zu sehen.
Diese Gedanken bringen mich nun zur Mini-Serie „West Of Liberty“, die vor kurzem als Zweiteiler im ZDF zu sehen war und mal nicht vorher bei einem Bezahl-Sender ausgestrahlt wurde. Ich habe mir den Spionage-Thriller sogar angesehen, weil ich den Hauptdarsteller Wotan Wilke Möhring gerne mag, weil er so wandlungsfähig ist und quasi von der Komödie bis hin zum Krimi alles draufhat. Auch seine Auftritte als Bundespolizei Fahnder Falke beim Tatort finde ich regelmäßig sehr gelungen. Im ZDF war die Laufzeit von „West Of Liberty“ jedenfalls insgesamt 200 Minuten, die mir nun vorliegende 2 DVD-Fassung bringt es, unterteilt in sechs Episoden auf rund 260 Minuten, also eine ganze Stunde mehr! Das erklärt mir nun auch die einzelnen Logik-Löcher im Fernsehen, aber eins nach dem anderen.
Die Story: Ludwig Licht (WWM) arbeitete vor der Wende als Doppelagent für die Stasi und die CIA. Jetzt betreibt er eine Kneipe und der grantige Zyniker ist sein bester Gast. Seine Vergangenheit holt ihn ein, als ihn sein ehemaliger Verbindungsmann beim CIA, Clive Berner (Matthew Marsh) für einen neuen Job anheuert. Licht soll nämlich die junge Amerikanerin Faye Morris (Michelle Meadows) beschützen, die als ehemalige Sprecherin des Whistleblower-Netzwerks „Hydraleaks“ über brisantes Insider-Wissen verfügt. Der will nämlich über die Dame an den international gesuchten Gründer des Netzwerks, Lucien Gell (Lars Eidinger), rankommen, der sich in der syrischen Botschaft verschanzt hat. Zusätzlich hat Licht noch Schulden bei einem moldawischen Kredithai, der überhaupt nicht zimperlich ist, um an seine Kohle zu gelangen…
Wer das liest, denkt natürlich sofort an die realen Ereignisse rund um WikiLeaks-Gründer Julian Assange, auf die „West Of Liberty“ bestimmt gewollt hinweist. Dabei handelt es sich um die Verfilmung des gleichnamigen Romans vom Schweden Thomas Engström, der schon mehrere Bücher um die Figur Ludwig Licht geschrieben hat und außer als Autor noch als Journalist tätig ist. Regie führte die Österreicherin Barbara Eder, die vorher schon 2 Tatort-Folgen für den ORF gedreht hat. Für diese schwedisch-deutsche Co-Produktion durfte sie sich allseits bekannte Schauspieler aussuchen, von denen allerdings nur Lars Eidinger heraussticht. Herrlich, wie er dem skurrilen Lucien Gell ein eigenes Gesicht gibt! Da kann sogar WWM als Hauptfigur leider nicht gegen anstinken, so ehrlich muss man sein. Das liegt aber auch an der etwas trockenen Materie, am größtenteils humorlosen Stil, den oftmals dämlichen, gekünstelt wirkenden Dialogen, den letztendlich doch arg stereotypen Figuren sowie an der sehr langen Laufzeit, die ermüdend auf mich wirkte. Da retten die wenigen brutalen und blutigen Szenen nicht wirklich viel. Insgesamt wird mir in der Story zu dick aufgetragen und bei den vielen Nebenschauplätzen und Handlungssträngen muss der Zuschauer viel Ausdauer und Konzentration aufbringen, um immer am Ball zu bleiben. Zu Punktabzug führt dann leider auch die grottige Synchronisation bei den nicht deutschen Schauspielern.
Insgesamt handelt es sich bei „West Of Liberty“ um eine Serie, die zwar mit international bekannten Schauspielern glänzt, bei der aber sicherlich mehr herauszuholen gewesen wäre. Es greift bei der TV-Produktion der vielzitierte Spruch von Licht und Schatten!
Bild und Ton sind auf ordentlichem Niveau, Extras gibt es bis auf ein paar TV-Trailer keine.