Zwei Tage nach dem Gig des Jahres der Thrasher Sodom und vier Tage nach den fetten Weihnachtsfeiertagen gab es noch ein kleines Hallenfestival im ehrwürdigen Andernacher Juz! Unter dem skurrilen Slangbegriff „Latscho“ aus dem Koblenzer Raum formierten sich vier deutsche Acts in der Schnittmenge Heavy, Power und eine Prise Thrash Metal. Bei entspannter Atmosphäre und geschätzten 270 zahlenden Gästen kam ich als die Newcomer Reternity schon spielten rein.
Reternity
Die Band aus Hessen haben das ordentliche Album „Facing The Demon“ Mitte 2019 veröffentlicht und als Aushängeschild Ex-SpiteFuel Sänger Stefan Zörner an Bord der nach dem Split von seiner alten Band mit anderen Musikern Gas gegeben hat und diese musikalisch doch total andere Band gründete. Erst beim zweiten Blick merkte ich, dass die vier Musiker mit zwei Gitarristen aber ohne Bassisten da waren, der Bass wohl eingespielt wurde. Aber die Band sucht ja auch öffentlich nach einem Bassisten, so ein Käse wie bei Powerwolf machen die wohl nicht auf Dauer. Auch wenn die Songs teilweise echt gut sperrig waren, gab Frontsau Stefan auf der dank zweier Drumkits wegen Platz auf der Bühne hatte alles und nutzte die Bühne aus und punktete bei mir mit sympathischen Ansagen. Die Gitarrenfraktion war in Sachen Ausstrahlung leider recht blass. So polarisierten Reternity musikalisch an diesem Abend sehr, manch einer fand sie schrecklich, andere genau das Gegenteil. Mal schauen was die zweite Scheibe so bringen wird. Mir hat das Ganze ganz gut gefallen.
Gloryful
Die Ruhrpott Power Metaller Gloryful habe ich schon mehrfach gesehen und die Herren haben ähnlich wie auf ihren schon vier Alben immer abgeliefert. Auch eines ihrer Shirts im „Masters Of The Universe Stil ist der Hammer. Frontmann Johnny sieht mit Kappe erst zwar eher wie eine ganz andere musikalische Baustelle aus, sein rauer Gesang hebt Gloryful dann auch von Gros der Szene ab. Auch wenn sie musikalisch sehr traditionell sind, textlich eher auf Fantasystories setzen, ist hier keine dieser Gimmickbands am Start, sondern echt ackernde Musiker welche viel Spaß haben und diesen auch vermitteln. So war es auch im Juz Andernach wo Gitarrist Adrian Weiss verträumt die Solos abfeuerte, Sänger Johnny La Bomba die Meute anfeuerte und der Rest die Matten schüttelnd die Lieder spielte. Gloryful unterhalten mich immer wieder gut und das sahen auch viele im Publikum, wobei ein eingängiger Song wie „Hail To The King“ klar zu den Highlights gehörte. Die würde ich mir auch noch einmal anschauen!
Steel Engraved
Auf die Bayern Steel Engraved (2006 gegründet) war ich sehr gespannt da ich diese Truppe noch nie live gesehen haben, wobei ich glaube so viele Konzerte geben die Süddeutschen allgemein auch nicht. Da ich ihr letztes Album „Steel Engraved“ recht stark fand, war ich auch leicht vertraut mit der Setlist. Steel Engraved haben zwar einen Keyboarder in den Reihen, der war aber nicht dabei! Die fünf Niederbayern hatten dann sowieso auch recht wenig Platz und so war der Auftritt leider etwas statisch, wobei Fronthüne Marco Schober das Klischee wiederlegte, dass Sänger meist kleine, dünne Kerlchen sind die viel reden müssen. Dafür wurden ausgiebig die vierfach vorhandenen Matten geschwungen und mit klischeefreiem Metal begeistert der für meine Ohren sehr nach diversen US-Metal Helden klang, besonders was den guten Gesang betraf. Steel Engraved machten da aber ihr eigenes Ding draus. Respekt auch an den Drummer der wohl mit Schiene und sagen wir nicht ganz intaktem Bein den Gig durchgezogen hat. Hoffentlich dauert das vierte Album nicht nochmal sieben Jahre! Ach ja, das Licht war eine absolute Katastrophe in dunkel und rot. So habe ich als Ersatzfotograf kaum brauchbare Bilder hinbekommen.
Rage
Die in dieser Besetzung seit gut fünf Jahren spielenden Rage habe ich schon auf dem „Rockfels“ vor zwei, drei Jahren live gesehen und für toll befunden, auch auf der Listening Session zum ersten Album in dieser Besetzung, „The Devil Strikes Again“ samt Interview strahlten die drei Musiker gute Vibes untereinander aus. Dies glaubte ich auch in Andernach immer noch zu spüren. Jetzt wo das Licht endlich fast top war und das Trio auf der Bühne Platz hatte, konnte der Headliner Gig losgehen. Kurz vor Silvester 2019 waren ja schon Singles bei You Tube draußen, weshalb Rage neben diversen Klassikern auch ein wenig neues Material vom exzellenten „Wings Of Rage“ Album spielten, als auch völlig coole ältere Gassenhauer, Lieder der letzten beiden Alben mit Marcos und Lucky, sowie Dauerbrenner wie „Don’t Fear The Winter“ ohne die Rage nicht die Bühne verlassen können! Leider waren diesmal keine „Black In Mind“ Kracher an Bord, sowie zig andere Lieder. Rage haben wirklich so viele tolle Alben und Lieder die sollten mal Konzerte mit zwei Sets machen, Wahnsinn! So können sie aber auch wie mich an diesem Abend die Fans überraschen. Da Gitarrist Marcos Rodriguez auch ein toller Sänger ist, waren hier auch oft starke Backings am Start, was früher ja nicht bei Rage der Fall war. Frontmann Peavy Wagner war mit seinem Nietenoutfit voll Richtung 80er Jahre Thrash unterwegs und für meine Ohren gut bei Stimme, wobei er es mit langen Ansagen zum Glück nie übertrieben hat, er ist eh ein bodenständiger Typ. Die Fans haben den ganzen Auftritt eh gefeiert. Beim obligatorischen Rausschmeißer „Higher Than The Sky“ gab Marcos dann noch mal den „Holy Diver“ und traf die Phrasierung und Gestik eines Ronnie James Dio doch sehr gut. Ich mag es einfach, wenn ich als Zuschauer spüre das die Musiker auch Spaß haben und nicht nur ihren Stiefel herunterspielen. Trotzdem war ich nach vielleicht circa 90 Minuten etwas traurig, dass das Konzert schon zu Ende war.
Insgesamt war das „Latscho Festival“ ein echt gelungener Abend der gerne wiederholt werden kann!