Sie kommen aus Sofia, klingen nach New York und haben in Berlin eine Art zweite Heimat. Obendrein haben sie mit „Peacemaker“ schlicht eine der besten Hardcore Platten des letzten Jahres raus gebracht. Grund genug, mal auf dem Balkan nachzuhören, wie es läuft und was noch kommt. Sänger Aleksandar Boyadzhiev stand uns Rede und Antwort
Zuallererst – Glückwunsch! Ich denke, dass „Peacemaker“ ein großartiges Album ist. Sogar eine der besten Hardcore Platten des Jahres. Wie fühlt es sich an, nach all den Jahren im Geschäft so einen Meilenstein zu veröffentlichen?
Danke! „Peacemaker“ ist eine sehr spannende Platte für uns, weil sie eine Menge frische Energie besitzt – wir haben uns mächtig ins Zeug gelegt beim Schreibprozess und den Aufnahmen, andererseits hatten wir aber natürlich auch eine Menge Spaß als Band gemeinsam während der Zeit. Wir arbeiten an der Musik immer im Team, schreiben und jamen zusammen, was heute vielleicht ein wenig altmnodisch anmutet, aber so arbeiten wir nun mal und ich denke das gibt unserer Musik einen speziellen Vibe. Ich bin glücklich, dass wir nach so vielen Jahren als Band noch immer genauso aufgeregt bezüglich der nächsten Platte sind, als wär es unsere erste. Und natürlich ist es auch großartig, sich künstlerisch befriedigt zu sehen, zumindest für eine Minute.
In einem anderen Interview, das ich gelesen habe, hast du Agnostic Front und andere NYHC Bands als euren wichtigsten Einfluss erwähnt. Meiner Meinung nach sind „Peacemaker“ und „Get Loud“ fast gleich auf, beinahe auf dem gleichen Level. Wie habt ihr dieses Niveau erreicht ohne eine große Szene um euch rum, wie zum Beispiel in den USA oder anderen europäischen Ländern?
Solche Vergleiche zu hören ist schmeichelhaft – Agnostic Front ist möglicherweise eine der größten Bands in der Geschichte unserer Musik und Kultur und die neue Schreibe ist ausgezeichnet, aber das kam ja auch nicht unerwartet. Wir haben schon oft zusammen mit ihnen getourt und das ist vielleicht das Coolste an der Sache, wenn man sich vor Augen hält wo und wie wir als Band gestartet sind und später teilst du dir dann sogar die Bühne und schließt Freundschaften. Das hätte ich mir vor 15 oder 20 Jahren nicht vorstellen können! In den Frühen Zeiten von Last Hope waren wir natürlich beeinflusst von Agnostic Front und der 80er/90er NYHC Szene, aber wir haben auch immer versucht eigene Akzente zu setzen, etwas mehr Authentizität, anstatt eine bloße Kopie unserer amerikanischen Lieblingshadcorebands. Heutzutage haben wir verschiedene musikalische Einflüsse und mit der neuen Platte von Last Hope versuchen wir noch immer diesen besonderen Vibe und Style aufrechtzuerhalten. Wir können nicht vor uns selbst fliehen, aber wir denken schon, dass wir mit „Peacemaker“ unser nächstes Level erreicht haben.
Was sind die nächsten Schritte für Last Hope? Plant ihr eine größere Tour oder Festival Shows über den Sommer?
Unser Hauptziel im letzten Jahr war es die Platte zu schreiben, aufzunehmen und rauszubringen – darauf haben wir unseren Fokus gesetzt und weniger live gespielt für eine Weile. Nun wollen wir „Peacemaker“ pushen und promoten und wir wollen definitiv nach Deutschland und Westeuropa zurückkommen und touren, aber sehr wahrscheinlich erst nach dem Sommer. Wir haben eine kleine lokale Tour zum Release von „Peacemaker“ auf die Beine gestellt und gerade fertig gespielt und wir werden noch mehr Shows auf dem Balkan spielen, wie zum Beispiel in Serbien, Nord-Mazedonien, Griechenland, Rumänien usw. Wir spielen auch ein paar Festivals im Sommer und dann werden wir sehen. Last Hope ist keine Band, die große Pläne schmiedet. Wir haben da keinen großen Drang – wir machen, was wir tun und sehen was passiert. Aber wir schaffen es immer aktiv und beschäftigt zu sein – Reisen und coole Shows spielen war immer das Beste am Bandleben.
Was ist die Hauptinspiration für eure Songs? Lieder wie „Never Better“ klingen verdammt wütend.
Unsere Hauptinspiration sind der Alltag und die Welt, die uns umgibt – so abgedroschen es klingen mag, aber so ist es nun mal. Hardcore war wütend gedacht – und wohl oder übel, haben wir noch immer viele Gründe wütend zu sein und wütende Lieder zu schreiben. So was kann man nicht vortäuschen, das muss man spüren.
„One Of Us“ auf der anderen Seite ist eine der schönsten Hymnen über Unity, die ich seit Jahren gehört habe. Also muss es auch positive Einflüsse auf eure Musik geben. Andernfalls würde der Song nicht so euphorisch und kraftvoll klingen. Was sind diese positiven Einflüsse auf eure Musik?
Mag sein, dass wir häufig wütend werden und dass das die Hauptinspiration hinter der Musik und den Texten ist, aber wir sind keine grundsätzlich negativen Menschen. Im Gegenteil – Ich denke, wir sind positive, liebende, mitfühlende Menschen. Aber wir sind nicht blind, wir sehen auch nicht durch eine rosarote Brille auf die Welt. Ja, wir versuchen unseren Zorn und unsere Frustration durch unsere Musik rauszulassen. Aber wir Leben unser Leben auch auf der Basis gewisser Prinzipien, Wertvorstellungen und Ansichten – und das ist unser anderer Antrieb und eine starke Inspiration. Ich teile die Themen da auch nicht in positiv und negativ. Wir schreiben einfach Songs und die kommen so aus uns raus… So läufts.
Über all die Jahre habt ihr mit einer ganzen Reihe an Bands und Musikern aus der ganzen Welt kooperiert, Nach welchen Kriterien wählt ihr eure Partner aus?
Wir haben hauptsächlich mit Freunden aus Bands zusammengearbeitet, die wir mögen. Da gibt es für uns keine fixen Kriterien und die muss es auch nicht geben. Das ist für uns der normale Weg.
Ihr bringt eure Platten bei CoreTex Records raus. Gibt es für Last Hope eine spezielle Verbindung zu Deutschland?
Ja, wir arbeiten mit CoreTex Records für den Release von „Peacemaker“ zusammen und das ist für uns eine Art natürliche Evolution unserer langjährigen Freundschaft. Wo wir dabei sind – ja wir haben aus den verschiedensten Gründen eine spezielle Verbindung nach Deutschland. In den frühen 2000ern standen wir in Verbindung mit dem sehr coolen deutschen Label Superhero Records. Die kamen aus Berlin. Sie haben uns einen Deal angeboten und veröffentlichten unser Album „My Own Way“ – das war ein großes Ding für uns. Zu der Zeit waren wir bereits etabliert und gut bekannt in unserer Heimat, aber außerhalb des Balkans kannte uns niemand. Superhero waren supercool und mutig genug uns eine Chance zu geben, als kein anderes Label es getan hätte, weil wir aus dem weit entfernten Bulgarien kommen. Sie haben sogar unsere erste Tour organisiert, mit den meisten Dates in Deutschland. Seitdem sind wir viel in Europa und auch Deutschland getourt, aber die erste Tour war besonders. Da kamen wir auch zum ersten mal nach Berlin und trafen die CoreTex Crew und schlossen schnell Freundschaft. Das war die Geburtsstunde unserer starken Verbindung. Es ist eine längere Geschichte, aber irgendwie haben wir eine Menge Freundschaften in Deutschland geschlossen damals und freuen uns immer wieder zurück zu kommen. Auf eine verrückte Art fühlt es sich an wie ein zweites Zuhause, weit weg von daheim.
Was kommt als nächstes? Wie sehen eure Zukunftspläne nach zwei Dekaden aus? Könnt ihr euch überhaupt vorstellen aufzuhören oder wird der Sensemann zu Last Hopes letzten Tourmanager?
Als nächstes steht Live spielen an, wo immer wir können, um „Peacemaker“ den Leuten zu präsentieren. Wir sind glücklich, wo wir nun stehen und da gibt es noch eine Menge zu erleben. Ehrlicherweise weiß ich nicht, wie lange wir als Band überleben werden – vielleicht lösen wir uns morgen auf oder wir machen weiter und bringen eine, oder zwei, oder drei, oder noch mehr Platten raus… wer weiß. Aber so ist es immer, seit wir angefangen haben. Als wir mit Last Hope angefangen haben, habe ich uns noch nicht einmal fünf Jahre gegeben… und jetzt nähern wir uns der 25. Wir waren ein Haufen naiver Teenager und wer denkt schon an morgen, wenn er 16 alt ist? Ich hätte in meinen wildesten Träumen nicht erwartet, dass wir die Welt bereisen, touren, die Bühne teilen mit unseren musikalischen Helden, so viele faszinierende Shows spielen, Platten rausbringen, in tollen Studios aufnehmen, mit den coolsten Labels zusammenarbeiten usw. usf. Wir hatten als Band einfach verdammt viel Glück mit unserer Karriere und wenn heute die Welt untergeht, dann wäre ich glücklich und zufrieden. Aber ich denke, dass wir noch eine Menge zu sagen haben. Wir haben noch eine Menge Energie, Passion und Begeisterung für Last Hope – Also lasst uns sehen, was die Zukunft für uns bereit hält.