Rage – gehen mit der Zeit!

Die NRW Metaller Rage sind auch nach fast 38 Jahren im Geschäft noch voller Tatendrang und veröffentlichten 2020 schon das dritte Album im aktuellen nicht mehr ganz so frischen Line-up.  Wir schnappten uns zu zweit die ganze Band und das Trio um Peavy, Marcos und Lucky gab uns interessante Antworten zu vielen Themen.

Peavy, die drei Scheiben im gleichen Line-up sind ja alle recht schnell gekommen, oder wie siehst du das?

Peavy:Ja, die ersten beiden schon da lag ja kaum ein Jahr dazwischen, bei der neuen Scheibe haben wir aber 1,5 Jahre an der reinen Vorproduktion gesessen, da haben wir uns deutlich mehr Zeit gelassen. Wir haben das immer wieder neu aufgerollt und die Lieder neu arrangiert, weil wir nicht zufrieden waren.

„Wings Of Rage“ klingt für mich eindeutig wie eine Best Of Rage mit allen Elementen von euch oder?

Peavy: Dies war auch der Plan! Alles was uns so ausmacht, die vergangenen 35 Jahren sollten so als Gesamtpaket auf einem Album vereinigt werden.

Euer Artwork erinnert mich vom Motiv und besonders von den Farben her an diverse 80er Jahre Thrash Schoten a la Ed Repka! Ich denke auch an eine Megadeth Single!

Peavy: Auf so etwas stehe ich auch total. Die letzten zwei Dinger waren ja eher die fotorealistischen Sachen und jetzt wollten wir irgendwie was anderes haben. So ein Artwork haben wir auch ewig nicht mehr gehabt, wir waren auch total begeistert von den Sachen und haben den Künstler Stan Decker einfach machen lassen! Wir hatten ja auch den Titelsong und er ist wohl auch schon lange Fan der Band und wollte unbedingt mal ein Cover machen. Die ersten Entwürfe waren schon gut, aber haben da noch etwas Input gegeben. Am Ende war er aber selber gut genug und hat hier das toll entwickelt.  Er ist anscheinend auch lange Fan der Band und sagte mir auch dass er schon lange ein Albumcover von uns machen wollte.

Das ist schon ein Hingucker. Was sind denn die „Wings Of Rage“?

Peavy: Das ist natürlich bildlich gemeint. In dem Songtext geht es geht um Aggression in positive Energie umzuwandeln.

Generell habt ihr ja eher nachdenkliche und keine Schwachsinntexte, „A Nameless Grave“ beschäftigt sich ja mit den ganzen namenlosen Toten in den vielen Kriegen. Bist du in Sachen Texten noch biografisch dabei oder hast mal wieder deine Sci-Fi Thematik am Start?

Peavy: Die Sci-Fiction Thematik hatte ich früher gerne mal, da ich mich ja um Archäologie interessiere war das auch ein Thema und bei „A Nameless Grave“ sind halt die vielen namenlosen Toten der Weltgeschichte die keiner kennt und erwähnt! Es wird immer über die Pharaonen geredet oder Napoleon, aber die Pyramiden wurden nicht von den Pharaonen, sondern vielen Menschen gebaut, tausende Sklaven die ihr Leben gelassen haben. All die Toten aus diversen Kriegen, kein Mensch erwähnt die irgendwo, die liegen alle namenlos verscharrt. Denen wollte ich eine Stimme geben, was wir oft in Liedern machen, also denen die keine Stimme haben eine geben!

Das ist ein wichtiges, trauriges Thema! Aber ich war sehr überrascht über „HTTS 2.0“ was der alte Gassenhauer „Higher Than The Sky“ ist. Den müsst ihr doch oft noch live spielen, das ist ja ein Evergreen wie kam es zu der Neufassung?

Peavy: Ja, das stimmt. Das war eigentlich ein Zufall. Ich habe mit Marcos mal rum gejammt und es mal aufgenommen, abends das Ganze Drummer Lucky vorgespielt der war nämlich nicht dabei und der ist voll ausgeflippt. Das ist ja ein über 20 Jahre altes Lied was nun fast wie ein komplett Neues klingt. Ich dachte so holen wir den Song ins 21. Jahrhundert!

Ich weiß, dass ihr die alten Scheiben wieder neu veröffentlicht habt und auch diverse Boxsets geschnürt habt, wolltet ihr aber nicht in letzter Zeit mal paar Lieder nehmen und neu polieren bzw. umschreiben?

Peavy: Wir haben das ja hier und da mal gemacht, auch mal alte Avenger Sachen wurden ja aufgenommen und veröffentlicht. Als Japan Bonustrack haben wie diesmal „Down By Law“ am Start, aber so als Konzept ein neues Album mit alten Tracks machen haben wir noch nicht geplant, was aber vielleicht auch kommen kann. Wir sind aber so kreativ, uns fallen auch viele neue Lieder ein, die gehen dann natürlich vor.

Ihr seid auch sehr aktiv gewesen die letzte Zeit, auch mit Refuge, oder?

Peavy: Ja, das war letztes Jahr, da hat der Lucky auch sein Tri-State Corner Album gemacht, aber jetzt konzentrieren wir uns alle zu 100 % auf Rage. Da werden wir auch bis mindestens 2021 nichts anderes dazwischenkommen lassen, die Touren sind gebucht bis Mitte Februar und danach kommt noch viel mehr dazu!

Im Sommer habt ihr ja mit Lingua Mortis Orchester live gespielt, habt ihr da eigentlich auch mal wieder ein Album geplant oder ist das eher eine Livesache?

Peavy: Das läuft im Moment eher als Liveprojekt, wir wollten ja das „Thirteen“ Album spielen und das auch ganz, da dies nun 20 Jahre auf dem Buckel hat das gut gepasst und wurde so im Sommer umgesetzt. Ein Album in der Konstellation ist im Moment nicht geplant, das heißt nicht das dies nicht irgendwann mal kommen wird.

Du bist ja der Kopf, das letzte Gründungsmitglied und quasi Aushängeschild der Band, aber in letzter Zeit lastet nicht mehr alles auf deinen Schultern, oder?

Peavy: Seit fünf Jahren sind Marcos und Lucky dabei, was Freunde von mir sind und die haben auch viele Aufgaben in der Band übernommen. Lucky ist in der Band für Management und Booking zuständig. Marcos für die ganzen technischen Sachen und Abläufe. Der ist also der Technikfreak und die machen das auch wunderbar. Die haben die Band seit Kindertagen gekannt und geliebt, die wissen genau worum es hier geht.

Glaubst du ihr steht als Band besser da als früher? Viele Musiker hadern ja mit der Welt des Streamings, der viele Konzerte und des Überflusses an Veröffentlichungen und Konzerten, ist ja auch viel Konkurrenz da!

Peavy: Konkurrenzgedanken kenne ich eigentlich nicht, wir kennen viele Bands und Musiker schon so lange. Da unterstützt man sich eher. In der Hinsicht haben wir nie irgendwelche Bedenken gehabt.

Mario: Es hat sich in den letzten 37 Jahren viel geändert, wie seht ihr das und wie ist Rage aufgestellt für die Zukunft und wie kann man sich auf den schnelllebigen Markt sich anpassen ohne die Marke Rage aus den Augen zu verlieren?

Peavy: Es hat sich gerade in den Jüngsten Zeit so viel rasend verändert, ob es die Märkte oder die Weltpolitik ist. Durch Globalisierung und Digitalisierung. Auch in der Metal Szene haben sich die Strukturen komplett geändert. Du hast eine unfassbare Konkurrenz durch das Internet jeder kann für kleines Geld Platten aufnehmen, Auch ein Generationswechsel ist wahrzunehmen. Vieles rückt an jüngere Bands nach alten Legenden treten ab. Auch eine neue Fan Generation wächst nach. So ist es nicht einfach für uns, einen Platz dort zu finden. Automatisch bist du nicht mehr dabei, die jungen Fans müssen dich erst wiederentdecken. Wir haben die Verjüngung etwa vor fünf Jahren begonnen womit Sodom z.B. schon etwas früher angefangen hat.

Lucky: Um die Frage abzuschließen, du musst eine Menge dafür tun um auf den neuen Markt Bestand zu haben, Gleichzeitig ist es aber genauso wichtig für Rage, die Kernattribute nicht aus den Augen zu verlieren, da Rage in den Achtzigern entscheidenden Einfluss auf den Power Metal hatte. Diese Legende kann eine neue Band natürlich nicht haben, dass was wir also tun müssen, fleißig zu sein und Rage treu zu bleiben gezeitigt aber das Niveau von heute halten. Wir müssen also diesen Spagat gehen.

Was in vielen Köpfen von Fans und Musikern ja seit Jahren herumschwirrt ist eine Tour der großen deutschen Metalband, ähnlich der US Big Four! Ich finde das hat nie stattgefunden!

Peavy: Es ist ja noch nicht aller Tage Abend, wir arbeiten gerade wieder an so einer Geschichte. Lass dich überraschen! Das Konzept bekannte Bands zusammen spielen zu lassen ist ja aktuell immer irgendwo da, ich denke das wird in Zukunft auch noch stärker aufgegriffen werden!

Eure Setlist wird ja denke ich bei so vielen Klassikern und Alben in der Hinterhand auch nicht einfacher.  Manche Bands spielen live auch dann vielleicht drei neue Lieder.  Wie geht ihr das an und wie viele Lieder könnt ihr denn so abrufen?

Peavy: Ich würde mal aus dem Stehgreif sagen wir haben so 20-30 Songs die wir dann auch hinbekommen, aber wie du schon sagtest, es wird immer schwieriger da eine Setlist hinzubekommen.  Es gibt so viel Material und wir müssen da Kompromisse suchen und die Diskussionen sind endlos. Wir sind auch gerade wieder in der Phase, wo wir Entscheidungen finden müssen.  Es ist immer schön, wenn man vorher ein paar Testgigs hat und kann dann auch etwas ausprobieren, auch die Reihenfolge. Es wir nie einfacher. Wir haben auch mehrere Setlisten für diverse Setlängen dabei.

Mario: Wie wichtig ist sind große Festivals für Rage um jüngeres Publikum zu erreichen, ich denke, wenn man nicht gerade Metal affin ist stolpert man ja nicht automatisch über Rage?

Lucky: Es gibt zwei Wege das sind natürlich große Festivals aber ganz wichtig die neuen Medien. Viele Bands aus unserer Generation haben oft sehr veralteten Strukturen. Auch wir hatten das am Anfang noch und mussten unseren Geist öffnen. Aber die neuen Medien sind die Zeitungen von Morgen und davor darf man nicht die Augen verschließen. Klar ist es wichtig auch in den Printmedien präsent zu sein, aber es gibt eben viel mehr. Wir haben da zum Glück Marcus der da sehr affin ist. Die Leute müssen eine Beziehung zu dir aufbauen. Dadurch das heute drei bis vier Bands zusammen touren diese sich differenzieren, mischt man auch da dann die Zielgrüppen und bildet eine gemeinsame auch das ist ein weiterer Weg.

Mario: Zum Abschluss was wünscht sich Rage für das Jahr 2020?

Lucky: Das wir alle gesund und fit bleiben, damit wir noch viele Jahre an der Schraube Rage weiterdrehen können, weil es und total Viel Spaß macht.

Peavy: Wenn wir alle fit und gesund bleiben wollen wir noch lange und viel Touren allein für das Jahr 2020/2021 haben wir 70 Gigs geplant und die Planung ist noch nicht angeschlossen, Weltweit aber dieses Mal etwas entzerrter.

Mario: Letzte Frage, was war die Platte für euch im Jahre 2019?

Lucky: Für mich ist es ganz klar Myrath – „Shehili“, die totale Sensation 2019, wir haben in Asien zusammengespielt und wir haben uns gegenseitig die Alben unterschrieben. Was eine sehr schöne Geschichte gewesen ist.

Marcos: Es gab so viele neue guten Alben, das was ich am meisten gehört habe war wohl das neue Joe Bonamassa Werk. Auch das neue Tool Album, finde ich gut.

Peavy: Also ein paar Sachen habe ich mir schon geholt aber so richtig überzeugt hat mich nichts, zumindest nicht um von einem Album des Jahres zu sprechen. Die neue Opeth habe ich mir unter anderem geholt, die ich begrenzt geil fand.

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"Ein Gitarrenriff sollte nie länger sein, als es dauert, eine Bierflasche zu köpfen.“ Lemmy Kilmister (Motörhead)