Almanac – viel live spielen!

Gitarrist Victor Smolski gibt sich zur dritten Almanac Scheibe „Rush Of Death“ sehr auskunftsfreudig und offen.  Man merkt dem Weißrussen an, dass er immer noch mit 100 % Elan und Begeisterung am Werk ist.

Euer Album heiß „Rush Of Death“ und das Artwork ist ja ganz anders als früher, die „Transformers“ lassen grüßen! Viel moderner ist es geworden und dein Hobby habt ihr auch noch untergebracht!

Ja, wir wollten unbedingt historisch weiter gehen, aber auch so einen Spagat machen! So mit Verbindung zu der modernen Zeit.  Wir fanden dann die Gladiatorenthematik, aber mit diesem typischen Gladiatorenimage. Das war nicht immer so! Die waren oft nach ihren Siegen freie Männer, die haben das aber abgelehnt, weil sie weiterkämpfen wollten. Es ging da um den Rausch des Adrenalins, die Kämpfe in der Arena und dass diese es genossen haben! So war das Ganze nicht immer unfreiwillig. Wir haben ja einen Song über einen sehr berühmten Gladiator gemacht der über 30 Mal gewonnen hat und oft die Freiheit versprochen bekam, er hat aber immer abgelehnt! Das ist vielen so gegangen, sie sind halt aus Armut in den Reichtum gekommen und wollten halt Star sein. Die waren halt Sportler die entschieden haben weiter zu kämpfen. Leute die in solch einem Adrenalinrausch sind kann nur der Tod stoppen (lacht), die kämpfen bis zum bitteren Ende! Dann haben wir diesen historischen Teil für „Lingua Mortis Teil II“ genommen, das war der orchestrierte Teil. Dann haben wir inhaltlich einen Sprung gemacht und sind zu den modernen Gladiatoren gewechselt. Das sind für mich die Rennfahrer! Ich fahre ja selber seit 25 Jahren alle möglichen Rennen, es ist sehr vergleichbar, besonders wenn man Nascar Rennen fährt. Da sind es die gleichen Arenen, es ist Kampf, die Zuschauer sind auch gleichgeblieben, die wollen Blut sehen und die ganzen Crashs! Am Nürburgring bin ich 11 Mal 24 Stunden Rennen gefahren, da warten alle Zuschauer auf Unfälle und Rutschereien. Als Rennfahrer versteht man zwar nicht warum die Leute wollen das man einen Abflug macht (lacht). Das Alles ist aber großes Theater mit viel Schrott! Ich habe oft mit vielen Rennfahrern gesprochen, auch mit Nikki Lauda und über diese Rennfahrer und Leute wie James Hunt gesprochen. Die wollen nicht stoppen oder aufhören!

Das stimmt wohl, habe die Doku und den Film über Nikki Lauda gesehen, das war Wahnsinn das er nach ein paar Wochen nach diesem schlimmen Unfall wieder in diesen kleinen Flitzer gestiegen ist!

Genau, genau, James Hunt hat auch gesagt je näher man am Tod ist umso lebendiger fühlt man sich (lacht). Aber diesen Adrenalinrausch kenne ich auch zu gut. Da möchte keiner stoppen. Das ist eine Droge. Da will jeder siegen. Ich habe unglaublich viele Siege gehabt und genauso viele Pokale wie CDs (lacht), das ist für mich ein schöner Ausgleich. Ich war auch 2019 recht erfolgreich beim Rennfahren.

Bei den alten Alben hast du immer die Sänger die Texte schreiben lassen, das hier klingt doch sehr persönlich. Du bist ja sonst eher der Mann für die Musik. Oder hast du das nur als Oberthema vorgegeben?

Ja, aber ich habe immer schon Konzepte mitgeschleppt und viele Ideen kommen von mir. Ich habe das vorgeschlagen, das wurde auch angenommen, Texte schreiben immer noch Sänger, manches wurde dann zusammengeschrieben als Team und jeder steuert bei.

Was mich jedoch völlig überrascht hat ist der neue Name, die Schlange mit den Initialen VS war ja immer dabei, aber jetzt steht da auf einmal Victor Smolski’s Almanac auf dem Cover. Wie kommt das?

In fünf Jahre Almanac Geschichte gab es schon viele Besetzungsänderungen, manche spielen bei anderen Bands und da und dort. Das ist für ein paar Leute dann schwieriger zu verstehen welche Almanac wir dann sind. Da dies immer noch meine Baustelle ist und diese Almanac es sind, haben wir entschieden da meinen Namen mit einzubinden. Die Line-up Wechsel haben die Band immer nach vorne gebracht. Immer stärker gemacht und die Band verbessert. Das waren jetzt auch keine Streitereien als Gründe für die Wechsel! Wir haben einfach immer mehr und mehr Konzerte gegeben. Da war bei vielen Leuten die Kapazitäten aufgebraucht. Andy B. Franck hat einen ganz normalen Job im Büro und bekommt dann auch von seinem Chef nicht frei. David Readman lebt nicht mehr in Deutschland. Das war dann auch problematisch spontan sich zu treffen oder zu proben. Das war für mich dann auch problematisch, weil ich bin kein Digital / Email Dämon. (lacht). Darum habe ich mir gedacht das geht so nicht, ich möchte eine Band haben und proben. Es ist kein Problem, wenn ein Musiker sonst noch was anderes macht, aber dann muss jener auch genug Zeit haben. Man muss halt Prioritäten setzen. Das kostet viel Zeit: Tourneen, Festivalkonzerte, wir haben in Russland und Asien gespielt, das war fantastisch letztes Jahr und eine tolle Erfahrung. Das ist wichtig für mich, ich möchte den Spaß an der Musik nicht verlieren. Ich möchte nicht das es zu einem Geschäft verkommt wo man sich nur zum Geld verdienen auf Konzerten trifft und dann tschüss. Persönlicher Kontakt, regelmäßig Proben das ist worauf ich Wert lege.

(Nachdem Interview habe ich dann wirklich heraus gefunden wie viele andere Dinge mit dem Begriff Almanac zu tun haben und nichts mit Musik oder Metal uzu tun haben) .Ich habe auch das Gefühl, du kannst mich berichtigen, dass ihr alle mehr geografisch aus einer Ecke kommt, oder?

Genau! Wir sind alle rundum Köln und haben in Köln unseren Proberaum, das macht richtig Spaß! Da kann man sich treffen und spontan proben. Das machen wir auch, das ist toll. Ich habe immer viel Spaß an Experimenten. Daher habe ich noch ein paar Gäste geholt wie Sänger Frank Beck (Anmerkung des Verfassers (Gamma Ray, Masters Of Disguise). Der hat so einen Spaß gehabt, der spielt alle Konzerte der Tournee jetzt mit! Das ist Spaß ohne Ende, wir haben uns gut eingerockt, der ist voll integriert. Ich möchte Leute haben die Spaß haben, live und im Proberaum und kein Produkt machen was wir schön verpacken und dann verkaufen. Das ist dann nicht der Grund warum ich das mache! Ich möchte keine Musiker haben die nur meine Ideen nachspielen, davon gibt es doch genug. Ich möchte das die mir was zeigen und mich inspirieren.  Das ist für mich Musik machen (lacht).

Wie bist du denn an den neuen Sänger Patrick Sühl gekommen, auch durch die Kölner Connection?

Genau, genau! Dann haben wir telefoniert, uns danach getroffen, ein Konzert zusammengespielt und das hat solch einen Spaß gemacht.  Ich mache verschiedenen Solokonzerte wo ich dann verschiedene Musiker zum jammen einlade um Spaß zu haben. Viel Spaß mit vielen Musikern und da habe ich Patrick kennen gelernt und wow, da ist richtig gute Energie! Genauso ist das mit Drummer Kevin Kott, ein unfassbarer Schlagzeuger! Ich weiß nicht was früher war und warum er nicht so einen großen Namen hat! Der Typ ist unglaublich, genauso wie das ganze Team. Auch der Bassist ist gut integriert ins Team und als Songwriter. Also diesen Wechsel sehe ich ganz locker! Ich bin nicht verbissen und versuche wie Rush 30 Jahre die gleiche Besetzung zu halten! Das ist nicht möglich zurzeit, das waren andere Zeiten. Für mich ist wichtig das die Band funktioniert, wenn da mal ein Besetzungswechsel kommt ist das kein Problem, das ist doch normal. Es wird doch gerade bei allen Bands gerade wieder gewechselt.

Ich habe vor wenigen Tagen eine Undergroundband angehört die spielen seit 1979 in der gleichen Besetzung hatten aber auch große Pausenzeiten! Das ist sehr selten!

Entweder machen die wenig und das ganz selten, aber die Zeit der fetten Vorschüsse wie in den Achtzigern, als man davon leben konnte sind lange vorbei! Es ist ein Kompromiss im Leben, klar gibt es Bands die bekommen Millionen für die Auftritte, die gehen auch nicht auseinander, die möchten auch das Geld nicht verlieren, da geht es nicht um Spaß. Ein Kompromiss muss immer gefunden werden denke ich.

Ich bin ja oft sehr Sänger bezogen, ich muss gestehen ich habe meine Zeit mit der Scheibe gebraucht, habe das Teil zum Glück auch schon länger aber es ist auch schwierig, wenn man eure Ex-Sänger Andy B. Franck und David Readman im Kopf hat. Da hat der Patrick Sühl schon ein schweres Erbe gehabt, oder?

Ja, auf jeden Fall! Das ist nicht so einfach! Aber ja ich bin da was so Sänger betrifft sehr offen für Experimente! Das liegt daran, dass ich vor 15 Jahren diese CD mit den vielen Sängern für Nuclear Blast gemacht habe. 20 Jahre Nuclear Blast war das. Da habe ich die ganze CD komponiert und für mehrere Sänger aufgenommen. Das hat mir so ein Spaß gemacht. Seit dieser Platte möchte ich immer mehr als einen Sänger haben. Das sind also Nuclear Blast Schuld (lacht). Beim Komponieren ist man da so frei und kann einfach loslegen und muss nicht auf diverse Phrasierungen oder so achten.

Eure neuen Lieder sind echt schwer kompakt geworden, aber ihr habt auch so Zwischenstücke wie „The Human Essence“ oder „Let The Show Begin“. Aber du hast es schon kompakt gehalten allgemein, abgesehen von der Orchestersuite. Viel Gitarre und Bass.  Du gibst da schon Vollgas, oder?

Ja, das ist schon eine richtige Vollgasscheibe! Das hat irgendwie total Spaß gemacht, da haben wir die Livestimmung der letzten Tournee mitgenommen. Das hat richtig Bock dann gemacht zu spielen, auch im Studio. Auch das mit dem Orchester klingt meiner Meinung nach nicht viel anders, das hat den gleichen Punch, ist genauso nach vorne wie die restlichen Songs. Ich finde wir haben da eine richtige Balance gefunden. Das ist richtig schön!

Auf der neuen Scheibe habt ihr mich gesanglich etwas überrascht, da gibt es Growls als Farbtupfer, der Frank Beck ist an Bord, ich dachte eher du gibst der Jeanette Marchewka mehr Raum als Solosängerin, die singt aber meist im Duett mit Patrick oder bei den Chören!

Ja, das war so geplant, da sich die Songs so entwickelt haben.  Das war so paar Stellen solo für Jeanette, ansonsten macht sie sehr viel Chöre, Bandfarbe und Akkorde. Sie kann unheimlich gut harmonisieren, singt sehr sauber und sehr viel Modulationen. Viele Sänger können das gar nicht und sie macht das echt super. Aber bei uns ist wirklich keiner im Mittelpunkt, niemand wird nach vorne oder hinten gepusht. Es geht darum was zu dem Song passt. Ohne großartig zu planen entwickelt sich das einfach!

Ich denke eine Band wie Almanac ist recht frei von der Musik her um mit vielen anderen und auch musikalisch unterschiedlichen Acts zu touren, das kann nicht jeder. Oder was denkst du?

Das stimmt auf jeden Fall, ich habe da noch ein anderes Projekt, die Voodoo Gods, George von Cannibal Corpse singt da und das ist ganz andere Musik. Mit solch einer Band kannst du dann nicht überall touren. Viele haben einen bestimmten Korridor. Da sind Almanac schon etwas massenkompatibler.

"Ein Gitarrenriff sollte nie länger sein, als es dauert, eine Bierflasche zu köpfen.“ Lemmy Kilmister (Motörhead)