Eine richtig gut gelungene Mixtur aus Prog und Kraut Rock, Jazz, Funk, Folk, gefühlvoller Ballade und klassische Musik. All das mit einer Mini-Prise Psychedelic garniert. Oder, um es noch besser auf den Punkt zu bringen, Flying Circus, die aus dem Großraum Köln/Düsseldorf stammende Formation, verarbeitet auf „1968“ Einflüsse so illustrer Vorbilder wie Birth Control, ELO Part II, Atomic Rooster, Procol Harum, Frank Zappa, um nur einige zu nennen. Und der aufmerksame Zuhörer wird auch so manche der intelligent und äußerst komplex durcharrangierten Änglagård-Songstrukturen ausmachen. Ist so etwas überhaupt möglich? Einfach mal anhören! Das Thema dieses Konzeptalbums beschäftigt sich mit vielerlei historischen Ereignissen, die sich im Jahre 1968 an unterschiedlichen Orten der Welt ereignet haben und die sich in den Song-Titeln wiederspiegeln: z.B. „Paris“, „New York“, „Prag“, „My Lai“, „Memphis“, „Wien“ und „Berlin“. Jeder der Titel gibt offensichtliche musikalische Impulse, in denen immer noch genügend Freiraum für Originalität und Überraschungsmomente vorhanden ist. Hinzu kommt der gewollte Retro-Sound der Instrumente, nebst der Gesangsphrasierung und, last but not least, das naive Cover-Artwork, das an die gute alte Flower-Power-Zeit erinnert. All die Zutaten ergeben eine mitreißende und stimmige Platte, auch wenn es gewisse Passagen gibt, die auf die erste Hörprobe doch etwas disharmonisch wirken. Aber gerade diese kakophonischen Ausflüge vermitteln dieser CD diesen autarken Charme, der dich packt und süchtig macht. Man braucht nicht explizit zu betonen, dass es sich bei den vier Instrumentalisten um Ausnahmemusiker handelt. Aber die Stimme von Michael Dorp, die der von Birth Controls Bernd Noske ähnelt, verdient besonderer Hervorhebung. Dieses hervorragende Stück Retro-Musik gibt’s in einem supermodernen Sound-Gewand, produziert in den Pulheimer Dierks Studios.
Auch wenn´s recht schwierig ist ein einziges Stück aus diesem hervorragenden Konzept herauszukristallisieren, hätte ich doch einen Anspieltipp, der Flying Circus´ Klasse und Genre-Neutralität repräsentiert: „My Lai“ – langsam mit einem Geigensolo mit orientalischem Einschlag beginnend (obwohl, meiner Meinung nach nicht allzu vietnamesisch klingend). Als nächstes folgen Hubschraubergeräusche, die in ein Militär-/Trauermarsch-Szenario übergehen. Es wird schneller und progressiver mit einem unüberhörbaren Kraut Rock-Appeal, wobei Gitarre und Geige simultan die Melodie vorgeben. Der Gesang scheint in dieser komplexen Song-Struktur vollkommen neben der Spur zu tappen, und dennoch klingt er harmonisch und song-dienlich. Ebenso schräg klingt der darauffolgende Gitarrensolo, der meisterhaft dargeboten wird. Als Krönung folgt ein jazziger Part mit Geigen- und Schlagzeugsolo. In punkto gestalterische Kraft und überraschende Ausdrucksformen macht den Jungs niemand etwas vor.