ACHTUNG! Alle mit Metal Scheuklappen bitte direkt aufhören zu lesen. Nun wird es experimentell!
Schlußendlich war es die musikalische Beschreibung der Musik von GRAFI, die mich aufhorchen ließ. Trap (eine sehr elektronische Variante des HipHop), Horrorcore und (Black) Metal, wild gemischt. Ich bin ja gerne offen für so etwas, und auch als ich das erste Mal von ZEAL & ARDOR gehört hatte (Black Metal meets Gospel!) wusste ich auch nicht wie sich das denn wohl anhören würde. ZEAL & ARDOR sind mittlerweile hoch im Kurs und zieren Titelblätter der gedruckten Musikpostillen.
Zurück zu GRAFI. Nachdem der erste Durchlauf von „Ektoplasma“ nun beendet ist muss ich festhalten, dass der „Trap“ (also der HipHop) das dominierende Element ist. Positiv ist zu erwähnen dass GRAFI sich in seinen Texten fernab von Gangsterstyle und frauenverachtender Scheiße bewegt. Sehr löblich. Vielmehr geht es um dunkle Themen und den Schattenseiten des Lebens. Dabei hat der Junge es drauf, sowohl in schneller Geschwindigkeit zu rappen wie auch stellenweise eher sogar zu „singen“. Leider wird hier dann auch mal gerne mit Autotune gearbeitet, was Abzüge in der B-Note gibt. Bei den Black Metal Einschüben schreit sich GRAFI dann auch gerne die Seele aus dem Leib, erstaunlicherweise in einer gelungenen Mischung aus Aggression und Verständlichkeit. Laut seiner Biographie hat er früher natürlich auch schon gerappt, aber er war auch Frontmann in einigen Metal Bands. Apropos Black Metal Einschübe. Diese kommen zumindest beim ersten Hören doch recht überraschend und unvermittelt. Es klingt auch etwas gewöhnungsbedürftig, das gebe ich unumwunden zu. Ab der Hälfte der Songs habe ich mich aber daran gewöhnt, und bei dem Song „Insomnia“ passt der Mix auf Anhieb und geht gut ins Ohr.
Das Experiment „Ektoplasma“ ist dann auch zügig vorbei (nicht mal eine halbe Stunde!), was zwar wenig „value for money“ ist, auf der anderen Seite weiß ich aber nicht ob ich den Sound noch für weitere zwanzig Minuten hätte hören können. Denn im Gegensatz zu ZEAL & ARDOR, wo die sehr unterschiedlichen Stile eine (für mich) wundervolle Symbiose eingehen, so wirkt die Chose bei GRAFI noch nicht ganz zu Ende gedacht, und mitunter auch ein wenig konstruiert und generell anstrengend. Für die Gitarrenarbeit zeichnet sich übrigens niemand geringeres als Nikita Kamprad aus, der die sechs Saiten bei DER WEG EINER FREIHEIT zupft.
GRAFI bietet mit seinem Experiment „Ektoplasma“ eine spannende Mischung an. Puristen in beiden Lagern (HipHop und Metal) werden ihn dafür verachten und/oder belächeln, dafür muss man kein Prophet sein. Dass die beiden Stilrichtungen übrigens sich „verachten“, wie es in der Presse Email zu finden ist, halte ich für eine der blödesten Theorien überhaupt. Beide Subkulturen der Musik haben verdammt viele Parallelen und nicht nur einmal hat es schon extrem gute Zusammenarbeiten gegeben.
Ob GRAFI mit seinem Weg Erfolg haben wird, das steht auf einem anderen Blatt. Ich kann mir gut vorstellen GRAFI im nächsten Jahr auf einigen Festival Bühnen zu sehen, denn da sind noch am ehesten Menschen mit offenen Ohren für neue Einflüsse zu finden. Ob das auf CD auch so funktioniert, wage ich zu bezweifeln. „Ektoplasma“ ist ein Experiment aus 70% HipHop und 30% Metal. Wer dafür offen ist, sollte es riskieren.