Was wird von einem Tausendsassa erwartet, der auf mittlerweile über 30 Platten als Sänger, Gitarrist, Bassist und Keyboarder zu hören ist, der als Mitglied in zahlreichen Bands fungierte (u.a. Seventh Wonder, Silent Call, Aeon Zen) und der momentan gleichzeitig an fünf Projekten arbeitet? Andi Kravljaca, der aus Bosnien stammende Physiker (mit einem Master-Abschluss der Uni Stockholm, wo er auch lebt), ausgebildeter Pilot und Meteorologe, hat soeben mit „Epipath + Ocular“ eine CD veröffentlicht, auf der Songs der ersten EP sowie neue Nummern präsentiert werden.
Die ersten zehn Stücke glänzen durch anspruchsvolle Arrangements, filigrane Instrumentenbeherrschung sowie spürbare Spielfreude des 7-Saiten-Hexers. Allesamt Nummern mit guten Melodien gespickt, die in den zahllosen Breaks übergangslos in wahren Power-Orgien und schon beinahe jazzig-anmutenden Elementen kulminieren. Natürlich kann Andi seine Death-Wurzeln nicht verleugnen, was den Kompositionen umso mehr brachiale Substanz verleiht. Wären nicht die beiden Remixes, „Ingress“ (dessen 80er Sound und pure Synthi-Instrumentierung eher nach Kraftwerk klingen) und das ebenfalls sehr synthie-betonte „Invective“ (Tony MacAlpine trifft auf Jean-Michel Jarre), wäre die Höchstnote fällig. Als Anspieltipp hätte ich „Permeant“ anzubieten, eine abwechslungsreiche Nummer, mal gefühlvoll und harmonisch, mal in Math/Prog-Strukturen übergehend. Die Rhythmusgitarre, deren powervolle Riffs man so nur aus dem Metalcore kennt, rundet die Sache in punkto Eigenständigkeit noch mal ab.
Die Präsentation der „Epipath + Ocular“-Edition ist sehr originell – zwar sind beide EPs auf einem Tonträger verewigt, was der Sache absolut keinen Abbruch tut, mit dabei sind ein nettes Info-Pamphlet, Aufkleber und Gitarren-Plec. Und all das ein einer VHS-Hülle!!! Der Sound, für den Rich Hinks verantwortlich zeichnet, kann sich durchaus hören lassen.