Im Jahr 2016 drehte Alberto Rodriguez Libero den spanischen Thriller „La Isla Minima“ aka „Mörderland“, der seinerzeit auch bei uns auf Scheibe veröffentlich wurde, und eine durchaus nicht kleine Fangemeinde erlangte. Nun machte sich der deutsche Regisseur Christian Alvart („Pandorum“, „Fall 39“, „Tatort“ Borowski/Tschiller, „Antikörper“) daran, dem Streifen ein Remake zu gönnen, und nannte es „Freies Land“. Spielte „Mörderland“ noch in der Prä-Franco Ära Spaniens 1980, so transferiert Alvart seine Version der Geschichte ins Jahr 1992, drei Jahre nach Fall der innerdeutschen Mauer. Im ländlichen, abgelegenen Mecklenburg-Vorpommern sind zwei Teenager Mädchen verschwunden. Der Hamburger Ermittler Patrick Stein soll in diesem Fall zusammen mit dem ostdeutschen Kripo-Beamten Markus Bach tätig werden, wobei deren erstes Zusammentreffen schon die ersten Unterschiede persönlicher Art mit sich bringt. Doch in dem kleinen Ort ist Verschwiegenheit angesagt, während westdeutsche Investoren die dortigen Firmen aufkaufen, die jungen Leute in den Westen abhauen, und die Einheimischen Misstrauen und Wut an den Tag legen. Die beiden Mädchen tauchen kurz darauf wieder auf, allerdings vergewaltigt und gefoltert, als Leichen. Man wähnt sich einem Serientäter auf der Spur…
Die Geschichte selbst birgt, wie auch schon beim Original, wesentlich mehr und vor allem hintergründigere Inhalte, als ich sie hier aufführen möchte. War schon „Mörderland“ eine Parabel auf die Zustände Spaniens nach dem Fall der Franco Diktatur hin zur Demokratie, so führt Alvart es hier weiter vom Fall der Mauer über den Unmut der Menschen, die Unterschiede, Vorurteile und natürlich auch die Aufarbeitung vergangener Dinge wie Stasigewalt usw. Die reine Krimihandlung dient hier eher als Aufhänger für eine düster-triste und kalt-karge Geschichte von Dingen, die teils auch heute noch aktuell sind. Alvart hat hier das Original zwar fast 1:1 kopiert, fügt aber auch Szenen hinzu, und kommt insgesamt auf eine fast 30 Minuten längere Variante der Story, als es bei Libero der Fall war. Viel mehr Tiefe bringt das zwar nicht, es hat dem Film aber auch keinesfalls geschadet! Der Regisseur versteht sein Handwerk, vor allem optisch kriegt er mit Filtern und guten Einstellungen eine sehr atmosphärische und runde Sache hin! „Freies Land“ wurde zwar in der Ukraine gedreht, das bringt aber eben eine sehr reale Szenerie mit sich, wie es eben in tief-ländlichen Gegenden damals ausgesehen haben mag.
Dabei verlässt sich Alvart zudem auf einen eher untypischen Soundtrack, der die teils aus dem Original bekannten Drohnenaufnahmen der winterlich kalten Landschaft von oben untermalt. Darstellerisch kann er ebenso aus den Vollen schöpfen! Fehlbesetzt ist hier niemand, es stechen aber definitiv die beiden Hauptdarsteller heraus. Trystan Pütter als ruhiger und pflichtbewusster Stein ist top besetzt, wird aber noch in den Schatten gestellt von Felix Kramer! Spielte er unter Alvart in der Serie „Dogs of Berlin“ noch den sportlichen Cop mit düsterem Hintergrund, spielt er hier mit lockeren 25 kg mehr auf den Hüften, Schnauzbart und schütterem Haar den handfesten Ost-Ermittler mit Hang zur Gewalt. Hut ab, Kramer liefert hier definitiv ab! In meinen Augen ist „Freies Land“ ein absolut gelungener Thriller mit politischem und gesellschaftlichem Background, der den Vergleich mit „Mörderland“ nicht zu scheuen braucht! Auch wer das Original schon kennt, sollte hiermit seine Freude haben. Auf ausufernde Plattitüden verzichtet Alvart zwar weitgehend, der ein oder andere kleine Kritikpunkt bleibt dabei aber nicht aus. Diese Dinge fallen bei dem Gesamteindruck für mich aber nicht weiter ins Gewicht. Die Blu-ray ist qualitativ gut, in den Extras findet man leider nur einen Trailer.