Das atmosphärische Intro „Swallet Hole“, mit Sprechgesang ausgestattet, ist quasi das Floß von ADORNED GRAVES, das einen durch den Fluss des Albums treiben lässt, wobei das Gewässer zunächst noch seicht und fahrbar ist. Das ändert sich schon mit der Thrash-Granate „Killing Shadows Black“, der besten Metallica-Nummer seit langem. Ausgestattet mit einer unwiderstehlichen Bridge, die in den Mitsing-Refrain mündet, zündet der Song im ersten Anlauf und überzieht den Hörer mit einem brachialen Riff-Gewitter. „Effervescent Torrent“ ist typischer Graves-Stoff, der die Thrash-Vorlieben der Band zum Ausdruck bringt, in Kombination mit einem überzeugenden Refrain. Der Longtrack besticht durch ein paar Tempowechsel und vereinzelt eingestreute Growls, die das Ganze etwas in die Death Metal-Richtung drücken. Erwähnenswert ist die geile Gitarrenarbeit von Wormser und der ausdruckstarke Gesang von Gastsänger Dale Thompson (Bride), der sich die Vocals mit Herbie Langhans (Avantasia, Radiant) teilt. Niemand, nein niemand würde vermuten, dass es Herbie ist, sonst im melodischen Hardrock zuhause, der dem Speed-Monster „United Reliance“ seine (aggressive) Stimme gibt. „Panta Rhei“ ist der progressiven Schiene der Band zuzuordnen und zeigt nochmal ein anderes, verspieltes Bild von ADORNED GRAVES. Gerade die Abwechslung ist es, die dieses Album so besonders macht.
Die allgemein hohe Qualität auf „Being Towards A River“ wird allerdings kurz vor Toresschluss von „Rheingold“ getoppt. Was für eine fette, geile Nummer, die sich bereits beim ersten Hören dermaßen abartig in dein Hirn fräst, dass es völlig unmöglich ist, einen Tag ohne diesen Song auszukommen. Die gewaltigen Lyrics tun, wie auf dem gesamten Album, ihr Übriges hinzu. Der abschließende Titeltrack bringt den Puls zum Glück wieder auf unter 80 und stellt die Verbindung zum ruhigen Intro her. Da weht am Ende ein spiritueller Geist durch die Anlage, der das Floß nach aufregender Fahrt wieder sicher anlegen lässt. Sängerin Ruth Börner Staub sorgt mit ihrer Soul-Stimme für zusätzliche Atmosphäre bei dieser Gänsehaut-Nummer. Erinnerungen an große Atlantean Kodex-Momente werden in mir geweckt.
Bei all den guten Veröffentlichungen in diesem Monat, sind ADORNED GRAVES nach Hittman die größte Überraschung für mich. Niemals hätte ich der Band einen solchen Quantensprung zugetraut. Wenn das Bandgefüge der Lauterer Jungs stabil bleibt und Deafon (d), Cailen (g), Wormser (g) und Dewwel (b) weiterhin Lust an der Musik haben, dann dürfen wir in Zukunft noch Großes erwarten. Es bleibt zu hoffen, dass die Band diese überragenden Nummern in irgendeiner Weise mit den Sängern live auf die Bühne bringen kann.