OLD MOTHER HELL – Der Untergang bleibt aus

Die Mannheimer konnten mit ihrem Debüt einigen Staub in der Szene aufwirbeln und vor allem die an Blackie Lawless erinnernde Stimme von Bernd Wener geht einem nicht mehr so schnell aus dem Kopf. Doom-Einflüsse, große epische Momente und ergreifende Refrains stehen für ODL MOTHER HELL, die mit „Lord Of Demise“ einen großartigen Nachfolger in Rennen schicken.

 Hallo Bernd, die meisten Reviews zum neuen Album „Lord Of Demise“ dürften geschrieben sein. Welche Einschätzungen der Rezensenten haben euch denn am besten gefallen?

Wir haben uns ganz generell sehr gefreut, dass auch das zweite Album richtig gut da draußen anzukommen scheint. Zwar haben wir beim Schreiben der Songs versucht, uns nicht zu sehr von dem Gedanken beeinflussen zu lassen, was wohl die Leute von den neuen Stücken halten werden, aber irgendwie holt dich diese Überlegung dann doch immer mal wieder ein. Anschließend aber so ein fantastisches Feedback zu erhalten, war natürlich absolut der Wahnsinn.

Ich habe ein paar Durchläufe gebraucht, denn zunächst war der potentielle Nachfolger von „Narcotic Overthrow“ für mich nicht zu finden. Erst als ich mich von dieser Suche freigemacht hatte, entfaltete sich „Lord Of Demise“ vollständig. Verstehst du, was ich meine?

Zwar nicht konkret auf diesen Song bezogen, aber ich kenne ganz grundsätzlich von mir auch das Phänomen, dass mir die erste Scheibe, die ich von einer Band kennenlerne, häufig sehr lange (manchmal auch dauerhaft) meine Lieblingsplatte dieser Combo bleibt. Daher freut es mich natürlich umso mehr, dass du auch unserem Zweitwerk so viel abgewinnen kannst.

Ihr packt ein paar heiße Eisen beim Songwriting an und seid nicht in den typischen Schwert- und Heldentexten des Genres verfangen. Habt ihr keine Fantasy oder liefert die Realität die besseren Themen?

Mit allzu klischeehaften Texten fühle ich mich einfach nicht wohl und könnte derartige Dinge  entsprechend auch nicht glaubwürdig und mit Herzblut rüberbringen. Dementsprechend liegt es mir am Herzen, dass ich mich mit den Themen und der Art und Weise eines Texts – auch wenn er nicht von mir kommt – identifizieren kann. Tatsächlich finde ich einige Sachen, die ich früher gehört habe, heutzutage daher auch nicht mehr so gut und höre privat auch nahezu ausschließlich Musik mit greifbareren Themen.

Welchen Song vom neuen Album werdet ihr garantiert nicht live spielen?

So richtig viele Gedanken haben wir uns wegen der pandemiebedingt angespannten Live-Situation noch gar nicht gemacht. Die Hälfte der Songs haben wir ja bereits hin und wieder mal in die Setlist einfließen lassen. Ich sehe aktuell keinen Grund, warum die andere Hälfte, die damals einfach noch nicht so weit war, nicht auch ihren Weg ins Set finden sollte.

Ihr habt einen neuen Schlagzeuger. Erstens, wie kam es zum Einstieg von Michael Frölich und zweitens, wie bringt er euch als Bandmitglied weiter?

Nach Rubens sehr kurzfristigem Ausstieg hatte Ronny zum Glück mit Martin Kluge und Michi schnell zwei überaus engagierte Interims-Schlagzeuger an der Hand. Letztlich hat Michis Spielstil besser zu uns gepasst und nach einem rundum gelungenen Auftritt beim „Hammer Of Doom XIII“ konnten wir ihn überzeugen, fest einzusteigen. Auf mehreren Ebenen ein absoluter Gewinn.

Michi ist nicht nur ein sehr guter Schlagzeuger, sondern auch ein versierter Gitarrist und Songwriter, was uns musikalisch eine ganze Ecke nach vorne brachte. Darüber hinaus hat er durch sein tontechnisches Wissen unsere Möglichkeiten für Demo-Aufnahmen und die Vorproduktion erweitert und ist noch dazu menschlich ein richtig feiner Kerl.

Die momentane Situation ist schwierig für alle Beteiligten. Was tut ihr, um in der Krise auf euch aufmerksam zu machen und was können die Fans tun um euch zu unterstützen, wenn sie das neue Album schon haben?

Viel tun kannst du nicht. Klar, jetzt wo das Album rauskam, war natürlich viel Tamtam und wir waren fleißig mit Presse und auch einigen Fans in Kontakt, aber ansonsten bleibt nicht viel. Auf ein Streaming-Konzert haben wir ehrlich gesagt wenig Bock, weil eine Show ohne Fans einfach nicht dasselbe ist. Wir versuchen die Zeit stattdessen zu nutzen, bereits an neuem Material zu arbeiten, damit es vielleicht nicht wieder drei Jahre bis zum nächsten Output dauert.

Ihr seid öfters auch Gast im 7er Club in Mannheim. Ich denke wir waren beide bei dem Ausnahme-Konzert von RIOT V vor Ort. Was bedeutet der Club für euch und warum braucht unsere Musik solche Locations?

Da verwechselst du mich jetzt sicher mit unserem Basser Ronny, da ich nicht auf diesem Konzert zu Gast war. Trotzdem liegt mir der 7er natürlich sehr am Herzen, handelt es sich dabei doch quasi um unser musikalisches Wohnzimmer. In den paar Jahren, in denen ich in Mannheim lebte, habe ich viele geile Konzerte dort erleben dürfen. Und immer, wenn wir selbst dort spielten, haben wir uns extrem wohl und willkommen gefühlt. Ein Club, in welchem du dich sowohl als Gast, als auch als Musiker absolut zuhause fühlst, ist einfach Gold wert. Seit ich in Köln wohne, merke ich, wie sehr ein mit solchem Herzblut geführter Laden hier fehlt und was das wiederum für die Underground-Musikszene bedeutet: sie findet einfach nicht in diesem Maße statt. Clubs wie der 7er sind aber existenziell wichtig für Bands auf dem Weg raus aus den Jugendzentren hin zu mittelgroßen Venues, um bekannter zu werden. Wenn diese Clubs aussterben, und viele sind ja bereits hart am Kämpfen, trocknet irgendwann der Underground aus und stirbt ebenfalls.

Was sind deine Ziele für die Band? Was soll bei Wikipedia 2040 über OLD MOTHER HELL geschrieben stehen?

Was vielleicht mal auf Wikipedia über uns steht, ist mir ehrlich gesagt herzlich egal. Seit wir auf dem „Hell Over Hammaburg 6“ vor einem proppenvollen Clubsaal spielen durften, in dem mindestens die ersten paar Reihen sämtliche Songs mitgesungen haben, ist für mich persönlich alles, was in Zukunft noch folgt, purer Bonus. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich vor fast einem Vierteljahrhundert selbst vor Bands wie Depressive Age, Lefay, Nevermore oder Iced Earth in kleinen Clubs stand, mir die Seele aus dem Leib schrie und insgeheim immer mal „da oben“ stehen wollte, bei genau dieser Atmosphäre. In Hamburg wurde der Traum Wirklichkeit. Und sicher, beim „Hammer of Doom“ waren es locker doppelt so viele Menschen und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, mich reizt es nicht, irgendwann mal ein geiles, großes Open Air zu spielen, aber die größte Energie gibt mir genauso eine intensive Clubshow, wo der Schweiß von der Decke tropft und die Nähe der Leute spürst, als stündest du selbst als Fan unten vor der Bühne.

Ich denke diese Worte verdeutlichen wofür OLD MOTHER HELL stehen und wie sie sich selbst sehen. Umso mehr sollten wir solche Bands unterstützen.

Heavy Metal is Immortal!