Ein monochromes Albumcover, ein langhaariger Typ auf einem Motorrad, auch der Schriftzug verspricht einen Ritt in die Siebziger. Musik die nach Nostalgie, Sommer und Substanzmissbrauch klingt, damit kann eine Band eigentlich kaum etwas falsch machen – Bitch, I‘m in!
Der Opener „Super Witch“ dreht am Gas des japanischen Choppers, es geht ab auf die Piste. Fuzziger Sound und treibendes Riffing machen Hunger auf Sonne, Festivals, Luftgitarre und Durst auf Bier. Ich stehe gedanklich vor der Bühne und kann es kaum erwarten, den vorhersehbaren und eingängigen Refrain mitzugrölen – aber der kommt nicht. Auch keine Strophe. Wer lesen kann ist klar im Vorteil, und wahrscheinlich wussten es einige Leser schon vor mir: SONIC FLOWER brennen ihr in der Tradition bekannter großer Namen stehendes Siebziger-Jahre-Hard-Rock-Feuerwerk rein instrumental ab. Die Leistung der Instrumentalisten ist mehr als hörenswert, und während ich die anfängliche Enttäuschung verwinde, dass ich keine lyrischen Epen über Frauen, Motorräder und den nach Freiheit riechenden Asphalt zu Hören bekommen werde, zieht mich die Musik immer tiefer rein. So tief, dass ich immer wieder nachsehen muss, bei welchem Song ich gerade bin. Die Riffs sind energiegeladen, die zahlreichen Breaks sitzen immer an genau der richtigen Stelle, der Sound ist so, wie er sein sollte, alle Instrumentalisten dürfen nach Herzenslust vom Leder ziehen, es muss einen Heidenspaß gemacht haben, dieses Album einzuspielen. Dieser Charakter einer Jamsession führt dazu, dass die Songs nahezu fließend ineinander übergehen, und auf Dauer eines ganzen Albums könnte das wahrscheinlich durchaus repetitiv wirken, aber nach nicht einmal einer halben Stunde endet „Earthquake“ so, wie Bands damals wie heute gerne Livesets beenden. Das Tempo geht etwas nach unten, während der Suzuki langsam der Sprit ausgeht, ein bisschen Gewirbel auf den Instrumenten, ein kurzes Aufbäumen, und dann ist Schluss. Ich warte förmlich darauf, dass der Sänger über dieses Outro ein „Thank you and good night!“ von der Bühne ruft, aber es gibt ja keinen, und was noch schlimmer ist – ich bin gar nicht auf einem Konzert.
Irgendwo auf der Route 66 nach Woodstock cruisen SONIC FLOWER zwischen BLACK SABBATH, THIN LIZZY und GRAND FUNK RAILROAD Richtung Sonnenuntergang und zurück, im Gepäck eine gute halbe Stunde Riffs, Gras und mehr pentatonische Gitarrensoli, als die Highway Patrol erlaubt. Ein kurzes Album, von dem mehr aber auch eventuell zu viel gewesen wäre, und vor allem eines, das verdammt viel Spaß macht.