Jetzt echt? Ich hasse instrumentale progressive Musik! Eigentlich. Ich war jedenfalls nicht sehr erbaut, als ich die 3. Scheibe des faulen Trios Aziola Cry auf den Schreibtisch bekam. Warum faul?
Nun, weil seit Bestehen erst zwei Platten rausgehauen wurden, das Debüt 2005 und die EP „Ghost Conversations“ zwei Jahre später. Jason Blake an der sogenannten „Warr-Guitar“, einem zwölfsaitigen Mix aus Bass und Gitarre(n) (ähnlich dem Chapman-Stick), Gitarrist Mike Milaniak und Drummer Tommy Murray brauchten also fast 14 Jahre, um „The Ironic Divide“ aufzunehmen. Ist das eigentlich eine richtige Band oder eher ein zwischenzeitliches Projekt? Egal, denn was zählt ist die Musik. Dabei schrieb ich zu Beginn, dass ich instrumentale, progressive Musik nicht mag. Aber die Musik von Aziola Cry als Prog zu bezeichnen, ist nicht einmal die halbe Wahrheit. Denn was die Herren so aus ihren Instrumenten herausholen, übersteigt vieles, was ich bis jetzt für möglich gehalten hätte. Virtuos ist wohl der richtige Begriff dafür. Die vier Stücke sind in sich megaabwechslungsreich und von langsamen Parts, über gemäßigtes Tempo bis hin zu Double-Bass mit derben Riffgewittern ist quasi alles vertreten. Dabei klingen die Lieder zwar komplex, aber trotzdem am Ende des Tages harmonisch und rund. Extrem spannend auf jeden Fall, man sollte sich also Zeit nehmen beim Zuhören. Die drei Instrumente wurden bei der Produktion sorgsam aufeinander abgestimmt, will sagen, dass sie gut zu unterscheiden sind beim Hören. Allein was der Drummer abliefert, fördert beim Zuhören meinen Schweißfluss, der Typ muss irre fit sein und ein zudem außerirdisches Rhythmusgefühl besitzen. Mike Portnoy sollte sich mal mit ihm auf ein Trainingsstündchen treffen! Aber auch Jason Blake zaubert Klänge aus seiner Warr-Guitar, die oft von einem Synthie nicht zu unterscheiden sind.
Das düstere Cover-Artwork spiegelt sehr gut die Stimmung auf dem Album. Gute Voraussetzungen die Musik von Aziola Cry zu mögen haben die Fans von Tool. Und ein Kopfhörer empfehle ich zum Genuss dieser höchst anspruchsvollen Musik, denn Störungen von außen wären nicht von Vorteil. Der Kommerz ist hier so weit weg wie die Erde von der Sonne, aber wer das Besondere sucht, wird bei diesem Trio aus Chicago/Illinois mit feuchter Hose fündig.
Warum dann nur 10 Punkte? Nun, weil ich mir das garantiert nicht jeden Tag geben kann und ich instrumentale Musik.. ihr wisst schon!