Endseeker – Schädel in bunt!

Eine „junge“, deutsche Death Metal Band in den deutschen Charts auf 22! Drei Alben und eine EP in knapp sieben Jahren, dabei immer eine hohe Qualität. Das sind nicht alltägliche Fakten! Es war mal wieder Zeit bei den Hamburgern von Endseekern für ein Interview anzuklopfen. Frontmann Lenny Osterhus war dabei ein humorvoller und interessanter Gesprächspartner ohne Klischees.

Was ich schon immer wissen wollte: Euer Bandname ist das ein Songname von irgendeiner Kapelle, oder ist der aus einer Bierlaune entstanden?

Thorsten, werden nicht alle Songnamen von Bands aus einer Bierlaune heraus geboren? (lacht). Tatsächlich ist Endseeker eine eigene Kreation ohne ein bestimmtes Vorbild. Ein klassischer Name, der sich mit dem Ende der Dinge auseinandersetzt.“

Bei „Mount Carcass“ dem neuen Album ist mir aufgefallen das ihr mehr Farben in eure Artworks eingebaut habt, warum?

Wir haben ja schon beim Vorgänger „The Harvest“ ein bisschen den farblichen Rahmen gesprengt. Immerhin gab es zu den Grautönen noch ein knackiges Gold dazu! Bei „Mount Carcass“ gibt es eben einen Rotton dazu und das Gräuliche ist, wenn man ganz genau hinschaut, etwas Blaugrau geworden. Auch wenn Old School Death Metal häufig auf schwarz-weißen Pfaden wandelt, finden wir farbige Covers ebenfalls super. Als wir unsere Idee eines Schädelbergs entwickelten, war tatsächlich ein monochromes Bild vorgesehen. Nun wurden wir aber von Bart, einem Freund der Band, mit diesem Coverartwork überrascht. Endseeker kann Farbe? Diese Frage stellten wir uns. Und wie! Wir waren sofort Feuer und Flamme und können die musikalische Entwicklung auf der neuen Scheibe auch visuell deutlich machen. Wer sich mit den Songtexten beschäftigt und genau hinschaut wird daraus vieles im Artwork wiederfinden.“

Die Schädelthematik ist ja bei euch ein Trademark, wie kam das denn und wollt ihr das beibehalten?

Ich denke, dass Schädel generell im Death Metal eine tragende Rolle spielen. Ich würde da noch nicht von einem Trademark sprechen. Viel mehr eignen sich Schädel (und wofür sie stehen) einfach ausgezeichnet dazu unseren Sound zu visualisieren. Es ist halt weniger Bienen-und-Blumen-Thematik dabei. Dann eher noch der Tiefseeanglerfisch, dessen kleineres Männchen vom Weibchen umwachsen und vollständig inkorporiert wird. Was in Zukunft unsere Covers zieren wird, wird auch erst die Zukunft zeigen. Ob wieder Schädel oder keine, da sind wir völlig frei.

Als Hamburger seid ihr ja näher an Schweden als der Rest der Republik. Wie sehr beeinflusst euch der schwedische Death Metal immer noch? Kannst du dir vorstellen in Zukunft da etwas freier vorzugehen und auch andere Einflüsse aufzunehmen, oder vielleicht höre ich die nur nicht heraus bei der neuen Scheibe und für euch sind da schon viele?

Sag das bloß nicht den Flensburgern! (lacht). Klar, Schwedentod wird immer unsere Wiege sein und es bleibt auch immer das erste, was wir sagen, wenn jemand fragt wie unsere Musik klingt. Es ist Schwedentod. Trotzdem sind Grenzen ja nur eine Erfindung der Menschen und Musik ist frei. Wir schreiben Songs, die uns Spaß bringen und uns überzeugen. Da können dann auch mal UK, USA oder sonstige Einflüsse Einzug halten. Der HM-2 Sound wird sein Übriges tun (lacht). Und letztlich soll ja auch genug Endseeker und nicht nur Referenzbands auf unseren Scheiben zu hören sein.

Viele Death Metal Band singen ja gerne über den Krieg. Bei euch ist das textlich ja abwechslungsreicher, aber wie seid ihr denn auf die Idee gekommen über tote Bergsteiger zu singen die glauben den Mount Everest besteigen zu können?

Ich inspiriere mich ganz gerne über historische Geschichten, Nachrichten oder komische Gedanken, die die meisten Leute kennen. Über den Aufstiegstourismus des Mount Everest hatte ich mal einen Artikel gelesen und fand ganz schön skurril, was den „heutigen Bergsteiger“ so ausmacht. Beispielsweise 40.000 Euro zum Gipfelerklimmen. Das sind also vermutlich keine Leute wie du und ich. Was bei diesem quasi-Massentourismus unterschlagen wird, ist, dass der Aufstieg immer noch gefährlich ist. Es sterben immer wieder Menschen beim Versuch den Gipfel zu besteigen. In diesen Höhen ist Bergungsarbeit aber gar nicht so einfach. Darum lässt man die Leichen gerne zurück. Natürlich gut konserviert im Eis. Die „frischen“, lebendigen Besteiger gehen also buchstäblich über Leichen, um den Gipfel zu erreichen. Um ganz oben zu stehen. Das Ego zu streicheln. Und das kennt man ja irgendwoher. Unsere westliche Gesellschaft ist ziemlich geprägt von Menschen, die nach ganz oben wollen ohne Rücksicht auf Verluste. Die ihre Ellenbogen einsetzen und denen herrlich egal ist, wie es den Menschen auf ihrem Weg geht. Eine Mentalität des schneller, höher, mehr, mehr, mehr.

Ihr habt ja ein Streamingkonzert als Releaseparty mit allem Drum und Dran durchgezogen, wie beurteilst du das rückwirkend und kann das auch ohne Pandemie als Bonus für Fans von jwd weiterhin an ausgewählten Orten klappen (mit Publikum) und auch als Verdienstmöglichkeit als Band?

Wir haben uns im letzten Jahr, als die Pandemie so richtig in Fahrt kam und die ersten Bands mit Streamingkonzerten begannen, gesagt, dass Streamingshows nichts für uns sind. Dieses Format ist aus der Not geboren und ohne den Albumrelease hätten wir davon wohl auch weiterhin die Finger gelassen. Natürlich fehlt uns die Bühne sehr. Die laute Musik, das Herumblödeln drumherum. Aber vor allem fehlt uns die Interaktion mit den Fans. Der Schnack am Merchstand das Grölen zwischen den Songs. Das kann so eine Streamingshow einfach nicht leisten. Dennoch hat die Show extrem viel Spaß gebracht und uns gezeigt, was uns eigentlich die ganze Zeit fehlt. Wir würden so eine Show in Zukunft nicht mehr ausschließen, denke ich. Man gewöhnt sich ja recht schnell an bestimmte Gegebenheiten. Aber wieder in das alte Leben reingrätschen zu können tat einfach sehr gut. Die Resonanz zur Show war auch fantastisch und wir konnten ein bisschen mit den Fans interagieren. Zwar kein gleichwertiger Ersatz, aber zumindest das Beste, was für uns gerade möglich ist. Ich könnte mir vorstellen, dass niederschwellig – wenn die technischen Voraussetzungen in den Locations gegeben ist – einfach ein Livestream (der regulären Show) parallel in eine Streamingplattform deines Vertrauens gebeamt werden könnte. Das Ganze ist dann aber auch wieder so aufwendig, dass der wirtschaftliche Mehrwert vermutlich langfristig nicht ausreicht, um so ein Angebot aufrecht zu erhalten. Und wir wollen uns ja auch nicht selbst kannibalisieren. Eine volle Bude vor Ort macht einfach Spaß! Dann vielleicht doch eher eine DVD des Konzertes produzieren und weltweit vertreiben. Werden überhaupt noch DVDs? produziert)

Einige Bands machen das auf jedem Fall noch! Sieben Bandjahre ohne Besetzungswechsel sind ja in der heutigen Zeit schon nicht schlecht. Diverse große deutsche Bands haben sich ja in ihrer Geschichte oft ausgewechselt aus diversen Gründen, warum klappt das bei euch anscheinend so gut bisher?

Wir arbeiten mit Doubles (lacht). Das ist natürlich Quatsch. Ich denke, das war damals auch maßgebend bei der Bandgründung. Wir haben schon früh gemerkt, dass die Chemie einfach stimmt und wir extrem viel Spaß beim gemeinsamen Musizieren haben. Natürlich gibt es auch mal die ein oder andere Meinungsverschiedenheit wie in jeder Beziehung und an dieser sind immerhin fünf Individuen beteiligt. Wir können aber gut miteinander reden und schätzen uns trotz der ganzen Blödeleien, die wir immer mal wieder gerne. Vielleicht hilft es auch, dass wir uns alle nicht so übermäßig ernst nehmen und gut über uns selbst lachen können. Spaß ist immer super!

Cool! Vergleiche doch mal das neue Werk mit der Discographie, siehst du da gravierende Unterschiede oder „nur“ Feintuning wie z.B. kürzere Lieder?

Das liegt wohl immer im Auge des Betrachters. Zeigst du einer Death Metal fernen Person unsere Discographie, wird sich für diese wohl alles gleich anhören. Für uns steckt da natürlich eine riesige Entwicklung hinter. Nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich. Wie wir in den Jahren als Band immer weiter zusammengewachsen sind. An Herausforderungen, Frust, aber auch Erfolg. Das Schreiben der Platte während der Pandemie hat sich deutlich vom bisherigen Schreibprozess unterschieden. Wir wollten es nicht verkopfen, sondern einfach rausfeuern. Wir konnten uns durch eine vollständige Vorproduktion (Gesang fiel da bisher raus) optimal auf das Studio vorbereiten. Auch vom Sound her war uns wichtig ehrlich zu sein. Die Drums haben beispielsweise den original Drumsound. Da ist nichts getriggert, gesampelt oder sonstiges.

Ein Coversong von ner Metalband habt ihr ja schon, dachtet ihr, weil der olle Snake Plissken und sein Film 40 Jahre alt werden macht ihr mal ein Soundtrack Cover im Metalgewand als quasi Instrumentaloutro von „Escape From New York“?

Eigentlich wollten wir dieses Mal keinen Coversong auf die Scheibe nehmen. Dann kam Gitarrist Ben Liepelt aber mit der Idee das „Escape From New York“ Thema zu „verschwedentoten“. Das war für uns etwas Neues. Ein Instrumental und dann auch noch ein Filmsoundtrack. Auch hier haben wir vorproduziert und waren von dem Ergebnis sofort überzeugt. Und ja, von der Stimmung des Albums ist es auch der perfekte dystopische Song am Ende. Es hat sich einfach alles gefügt.

Was plant ihr denn jetzt für die Zukunft mit der Band, außer natürlich Konzerte spielen?

Die Konzerte stehen ja sowieso momentan noch etwas auf der Halteposition. Da ist zwar schon der ein oder andere Hoffnungsschimmer, aber so richtig glauben wir es erst, wenn es auch passiert. Bis dahin werden wir noch das ein oder andere Video drehen und uns freuen, dass wir verdammt geile Fans haben, die uns während der Pandemie so unglaublich die Treue gehalten haben. Ihr seid die besten!

Das ist doch mal ein wirklich gelungener Abschluss für ein Interview!

 

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"Ein Gitarrenriff sollte nie länger sein, als es dauert, eine Bierflasche zu köpfen.“ Lemmy Kilmister (Motörhead)