Vor drei Jahren erschien nach 36 Jahren Funkstille das Comeback-Album der Hannoveraner Rock-Institution Fargo. Wer gedacht hat, dass es sich bei „Constellation“ nur um eine einmalige Geschichte bzw. ein Aufwärmen des ehemals großen Namens handelte, sieht sich mittlerweile getäuscht. Denn mit „Strangers D`Amour“ steht schon bald der Nachfolger im Regal, wenn sich auch im Line-Up etwas geändert hat. Ich habe deshalb mit Gitarrist und Sänger Peter Ladwig kurz vor dessen 69stem Geburtstag ein langes Telefongespräch geführt, bei dem er sich überaus auskunftsfreudig zeigte.
Moinsen Peter, aus dem Quartett Fargo bei „Constellation“ sowie der anschließenden Tournee ist mittlerweile das Trio Fargo geworden, weil Arndt Schulz, ebenfalls wie du Gitarrist, das Handtuch geworfen hat.
Um es gleich vorwegzunehmen, es gab mit Arndt kein böses Blut oder dergleichen. Arndt repräsentiert eine andere musikalische Ecke und es war damals eine Freundschafts-Geschichte, dass man sich zusammenfand. Ich kenne Arndt mittlerweile seit 50 Jahren. Um es platt zu sagen, wir sind einfach nicht auf einen Nenner gekommen beim neuen Album. Da haben wir gesagt, machen wir das Album halt zu dritt, was ja nicht bedeutet, dass man auch live zu dritt spielen muss. Unser Fundus an Bekannten und Freunden ist nicht klein, aber darüber machen wir uns zurzeit keine Gedanken, denn man muss erst mal abwarten, ob wir dieses Jahr überhaupt noch Gigs spielen können und unter welchen Voraussetzungen. Das erste geplante Konzert auf dem Maschsee-Fest im August wurde kürzlich schon abgesagt. Also das ganze Fest wurde schon gecancelt, was aber auch vernünftig ist, denn da brennt immer der Baum und mit Abstand halten ist da nicht viel.
Was dann aber auch bedeutete, dass du diesmal mehr Arbeit hattest, denn du hast bei allen Songs die Musik geschrieben und bei zwei Liedern sogar die Texte!
Ja, das stimmt grundsätzlich, obwohl unser Produzent Helge Engelke viele Rhythmus-Gitarren übernommen hat. Solistisch hatte ich mehr zu tun, das ist richtig, obwohl Helge auch beim Song „Mary Says“ ein schönes Fair Warning-Gedächtnis-Solo“ beigesteuert hat, haha! Er ist ja auch ein toller Gitarrist wie jeder weiß. Ja, und den Rest musste ich halt selber stemmen, was mir aber großen Spaß gemacht hat. Weißt du, bei einer Produktion ist das alles nicht so problematisch, live sieht das Ganze dann schon anders aus, denn man kann ja nicht drei Gitarren gleichzeitig spielen. Heutzutage ist das aber üblich, auch größere Bands sind von Abgängen durch z.B. Todesfälle betroffen und bei denen wird auch nicht gleich nachersetzt.. Vor zwanzig, dreißig Jahren war ein sofortiger Ersatz noch erforderlich, aber da musste die Band noch gemeinsam ins Studio gehen um ein Album einzuspielen.
Das ist wohl richtig, die Zeiten haben sich ganz schön geändert. Trotzdem klingt „Strangers D`Amour“ in meinen Ohren eine Spur direkter, hier und da auch härter als „Constellation“. Täuscht mich mein Eindruck?
Findets du? Ich habe so genau ehrlich gesagt den direkten Vergleich noch gar nicht gezogen, vielleicht sollte ich mir mal wieder „Constellation“ genauer anhören. Mag sein, dass das auch an Helge liegt, der stilistisch mit Fair Warning ja aus einer rockigeren Ecke als Arndt kommt. Arndt spielte eher Country- bzw. Westcoast-orientierter. Wir Fargos sind ja eher die alten Hardrocker, die in die englische Richtung schielen. Mag also durchaus sein, dass es daran liegt, dass das neue Album etwas tighter klingt.“
Und diesmal hast du sogar noch Schweineorgel und Fender Rhodes-Piano gespielt!
Ach ja, wenn ich hier in meinem Studio die Songs vorbereite, habe ich ja ein schönes Sammelsurium an Instrumenten zur Verfügung. Und manche Songs bieten sich förmlich an für solche Sachen. Dann spiele ich meine Vorstellungen ein und hinterher, wenn das Layout vom Rest der Band begutachtet wird, wird entschieden ob es so bleibt oder gegebenenfalls nochmal verändert oder auch herausgenommen wird. Klar, wir sind zwar eine Gitarren-Band, aber wenn dem Song eine Orgel dient, warum nicht? Und wie gesagt, live muss man ja nicht soweit gehen, dass wir noch einen Organisten engagieren! Ich denke, dass die betreffenden Stücke auch nur mit Gitarren funktionieren. Es ist auch kein Stück dabei, dass die Orgel als Basis hat, es ist nur schmückendes Beiwerk.
Wie hat die Pandemie euren Zeitplan beeinflusst? Ihr wurdet ja quasi mitten aus den schönsten Träumen gerissen.
Da hast du Recht, wir hatten ja nach der Veröffentlichung von „Constellation“ einige Konzerte gespielt, sowohl das Release-Konzert in Hannover als auch die schöne Tour mit unseren Freunden von Epitaph. Bei mir kamen dann noch einige Gigs mit der Westernhagen-Coverband Mit 18 dazu, es lief ganz hervorragend. Egal, Fargo-Pedda informierte mich Anfang 2020, dass unsere Plattenfirma die Option für ein neues Album ziehen wollte. Von da an hat es sich dann etwas gezogen, weil wir uns ja nicht persönlich treffen konnten. Klar habe ich zwischendurch immer ein bißchen Musik gemacht, aber in der Schublade habe ich keine fertigen Stücke. Ich brauche beim Song-Schreiben immer ein konkretes Ziel. Ich bin keiner von den Musikern, die zuhause komplette Songs produzieren, die sie auf Wartehalde legen. Mir gibt es immer Kraft, Motivation und auch Kreativität wenn ich weiß, wofür ich etwas mache. Und ab dem Moment, als mich Pedda informierte, dass wir ein neues Album machen, lief bei mir der Motor wieder an. Ab dem Sommer gingen wir jeweils einzeln zu Helge ins Studio, was dann eben auch etwas länger dauerte. Was gut fuktioniert hat war, dass Pedda fleißig seine Texte geliefert hat, das kann er ja wie kein Zweiter. Der große Unterschied zu vorher war halt, dass man die obligatorischen Zusammenkünfte nicht hatte. Ich denke aber, dass es bald besser wird, wenn wir alle geimpft sind. Ich bin ja mittlerweile 69 Jahre alt, aber ans Aufhören denke ich noch nicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass „Strangers D`Amour“ nicht das letzte Fargo-Album sein wird. Also wenn es nach mir geht, darf da ruhig noch was kommen in Zukunft!
Das hört sich doch prima an! Für mich hebt sich der Longtrack „Time“ aus den anderen Songs deutlich hervor, allein, aber nicht nur wegen des Solos mit der Talkbox. Was bedeutet der Song für dich?
Haha, ja also, wo fang ich an? Jeder Songwriter hat ja seine eigenen Stil oder Marschrichtung im Zusammenhang mit der Band in der man spielt. Auch bei mir ist das natürlich so. Bei allen anderen Liedern auf „Strangers D`Amour“ kann man das, so glaube ich, auch ganz gut hören. Bei „Time“ ist das jedoch ganz anders. Da ist mir zuhause in meinem Kämmerlein diese bestimmte Idee von Sound gekommen. Die Intro-Gitarre war zuerst da und ich habe sofort gemerkt, dass es was ganz anderes wird, als Fargo üblicherweise so macht. Ich wollte den Song aber unbedingt weitermachen, weil ich echt angetörnt war von dieser Stimmung. Es ist bei mir äußerst selten, dass ich zu jemandem anderen sage, dass ich was gemacht habe, was ich selbst total klasse finde, so ticke ich normal nicht. Aber als ich Pedda den Song vorspielte, war das so. Gott sei Dank hat ihm das auch gefallen und er hat diesen schönen Text dazu geschrieben, so dass ich „Time“ Fargo-atypisch fertig produziert habe. Ich kann es dir nicht genau beschreiben, es gibt halt Sachen, die ich dir nicht konkret benennen kann, mein Gefühl bei diesem Song gehört dazu. Ich kann dir noch nicht mal sagen, ob es mein Lieblings-Song auf dem Album ist. Sagen wir mal so: Es ist auf jeden Fall mein Lieblings-Baby! Das Schluss-Solo steuerte übrigens unser alter Freund Hanno Grossmann ei, unser Gitarrist auf den ersten drei Alben und zu dem wir immer noch einen guten Kontakt haben. Außerdem ist er unserer Einladung gefolgt und macht beim Video für unsere erste Single „Gimme That Bone“ mit. Ja und die Geschichte mit der Talkbox ist auch schön. Die gibt es ja schon lange und Peter Frampton war auch nicht der erste, der sie benutzt hat, er hat sie nur bei Gitarristen bekannt gemacht, das war irgendwann in den Siebzigern. Fargo-Pedda kam eines Tages, das war glaube ich 1979, mit so einem Teil an und wollte sie für den Bass benutzen! Damals hieß das glaube ich noch Voicebox und wurde später in Talkbox unbenannt. Ich war jedenfalls ganz heiß darauf, das mal auszuprobieren und seitdem hab ich mir das unter den Nagel gerissen. So kam also damals das Solo bei „I`m A Looser“ zustande, das wir ja auch in unserem Live-Programm haben, seit wir seit 2016 wieder auftreten.
Ich will noch auf das Cover-Artwork zu sprechen kommen, das dem Betrachter ins Auge sticht. Cover, auf dem die Band abgebildet ist, sind ja mittlerweile eine Seltenheit geworden und müssen meistens eher den Computer-animierten Bildern weichen. Ihr habt da einen schönen Kompromiss gefunden finde ich.
Ja stimmt, es war eine Idee von unserem Drummer Nikolas, der ja Grafiker ist. Wir fanden ein Cover, auf dem nur unsere drei Gesichter abgbildet sind, nicht sehr interessant. Es polarisiert ja vielleicht so ein bisschen, einige finden es doof, andere wiederum cool. Aber Hauptsache es fällt auf und man spricht drüber, dann ist der Zweck ja schon erreicht. Wir können ja auch das Rad nicht zurückdrehen und Cover neu erfinden, aber ich denke, es ist schon mal was anderes und ein Eyecatcher.
Absolut, erinnert mich ein wenig an den Film „Predator“ mit Arnold Schwarzenegger, wo das Alien im Dschungel ähnlich wie ein Chamäleon die Farben seiner Umgebung annehmen konnte! Für Presse und Booklet habt ihr ja auch eine irre Foto-Strecke aufgenommen, das war doch bestimmt ebenfalls kein 08/15-Fotograf, oder?
Das ist richtig, das war Martin Huch, ein Fotograf aus Hannover, der in der Künstlerszene einen hervorragenden Namen hat und auf der ganzen Welt schon mit internationalen Stars zusammengearbeitet hat. Rammstein, The Eagles, Foo Fighters, ZZ Top, Tom Petty und und und…Er ist quasi der Haus-Fotograf von Duesenberg (Gitarren Hersteller-der Verf.) und macht hier in Hannover einiges. Da sind wir auch richtig stolz drauf, dass er uns in ein rechtes und wie ich finde schönes Licht gerückt hat!