Es ist immer wieder spannend in den weltweiten Underground auf Streifzug zu gehen und dabei die versteckten Perlen aus der Tiefe ans Tageslicht zu befördern. Bei dieser Pirsch stößt man auf die monumentale Welt voller nebelverhangene Wälder und einem Morgentau, welcher sich wie ein gigantischer Teppich in den Wiesen niedergelassen hat. Wenn dieses immer wiederkehrende Naturschauspiel als Grundlage genommen wird um musikalisches Großartiges zu schaffen, dann trifft man auf kurz oder lang auf das Soloprojekt des Engländers Joe Hawker, besser bekannt als ETHEREAL SHROUD. Eigentlich kann es nichts besseres geben, als den Florazyklus mit episch atmosphärischen Klängen zu visualisierten. Schon beim Debüt „They Became The Falling Ash“ (2015) spürt man die monumentale künstlerische Spannweite, die in den drei Longtracks mit einer Spielzeit von gut einer Stunde verarbeitet wurde. Diese kolossale Werk findet nun in „Trisagion“ einen würdigen Nachfolger, der im theatralischen Funeral Doom mit einem Post-Black-Metal Überbau zuhause ist. Bei dieser fast schon majestätischen Veröffentlichung gibt es für Liebhaber der physischen Tonträger neben den drei obligatorischen XXL Tracks noch die dreizehnminütige Zugabe „Lanterns“ Dieser geschickte Schachzug untermauert die Sichtweise des Solokünstlers. In seinem Songwriting verarbeitet er seine persönlichen Belange in Bezug auf seiner antifaschistischen Überzeugung, der Abneigung gegen den menschlichen Egoismus und dessen Zerstörung der Umwelt.
Doch bei der aufkommenden Frustration versteht es ETHEREAL SHROUD seine Sichtweise auf eine souveräne Art zu lösen. Wer hier auf eine brutale Zerstörungsarie hofft ist auf dem Holzweg. Die keyboardgeschwängerte Atmosphäreuntermalt eine hervorragende Basis, um auf ihr mit wehmütigen Schwingen sich durch das überwältigende Riff und Drumdickicht gekonnt hindurchzugleiten. Der monolithische Gitarreneinsatz mit den teils stürmischen, teils getragenen, aber durchwegs imposanten Schlagzeugrhythmen ist das Fundament der Songs gegossen worden. Etwas rar treten samtig weiche Klangpassagen durch das melancholischen Piano, das das mit besonders bedeutungsschwerem, treibendem Riffing beeindruckende „Discarnate“ und „Astral Mariner“ miteinander verbindet. Mit aufgebaute Spannungsbogen spürt man durchweg etwas Mächtiges herannahen. Das war das Artwort visuell präsentiert, bekommt in der Gesamtspielzeit ein passende harmonisches Gestalt verliehen. Bemerkenswert ist zu erwähnen, das sich die Akkordfolgen nicht wiederholen und zu keinem Zeitpunkt sich abnutzen. Es ist ein erhabener wie mitreißende Grundton, der zu jedem Augenblick seiner gigantischen Kompositionen abruft – bei einer Gesamtlaufzeit von über einer Stunde ein bemerkenswertes Kunststück.
Immer wenn es am schönsten ist, wird es Zeit seinen Hut zu nehmen. Nicht nur das Ende von „Trisagion“ hinterlässt etwas Wehmut. Aber noch bedauerlicher ist es, das der Brite nach diesem faszinierenden Klangwerk sein selbstbestimmtes Ende von ETHEREAL SHROUD gefunden und es wohl für immer in die ewigen Jagdgründe verbannt hat.