Ich weiß es noch wie heute, als ich anfing, mich Anfang der 80er Jahre für Rockmusik zu interessieren. Klar waren da Deep Purple, Rainbow, Pink Floyd und all die anderen großen international erfolgreichen Gruppen, aber deren Lyrics verstand ich damals noch nicht. Da es damals im deutschsprachigen Sektor im Westen, bis auf Udo Lindenberg oder einem Peter Maffay gefühlt nur Schlagerfuzzis mit dementsprechend flachen Texten gab, boten Gruppen aus der damaligen DDR einen adäquaten Ersatz. Die Puhdys, Silly oder Karat mit „Der Blaue Planet“ (damals schon auf den Klimawandel hinweisend!!) sprachen mir oft aus der Seele, aber auch die Band City fand den Weg auf meinen Schirm. Mein absolutes Lieblingslied aus dieser Zeit war „Am Fenster“ mit dem wunderbaren Klang der Violine, im Solo-Teil sogar gezupft! Ich konnte mich an dem Lied einfach nicht satthören, was bis heute noch gilt, die Gänsehaut blieb.
Nach der Wende schafften es City neben den o.g. Gruppen auch im Westen. Die Texte passten sich zwar an, blieben aber weiterhin sozialkritisch bis lebensrealistisch. Musik für den Ottonormalverbraucher eben, was man bisher nur von Maffay, Kunze oder Lindenberg kannte.
Und jetzt feiert diese Kult-Truppe schon 50-jähriges Jubiläum, gleichzeitig nimmt sie Abschied von ihren vielen Fans! Dazu gibt es eine Tour mit Orchester, den Ost-Rock-Legenden sowie einem großen Abschieds-Konzert in Berlin Ende des Jahres. Ebenso kommt bald eine Biographie in Buch-Form und jetzt eine letzte Studio-Platte mit insgesamt 15 neuen Liedern, passenderweise mit „Die Letzte Runde“ betitelt.
Thematisch spannen die neuen Lieder einen Bogen von der Vergangenheit bis hin zur Gegenwart, die Zukunft bleibt außen vor. Ein paar Seitenhiebe sind auch dabei, auch Internas werden etwa mit „War Gut“ behandelt, wobei es dabei um den verstorbenen Schlagzeuger Klaus Selmke geht. Auch etwas zynische Stücke wie „Ticket Nach Athen“ sind dabei, herrlich wie die sommerlich griechischen Rhythmen entgegen dem grundsätzlich traurigen Text über eine handfeste Ehekrise stehen. Auch musikalisch kommt dieser Gegensatz mit einer Tuba im Mittelteil gegenüber der Bouzouki zum Tragen, ein sehr intelligentes Lied. Die Stimme von Toni Krahl is mittlerweile zwar brüchiger geworden, doch immer noch unverkennbar und zusammen mit dem Violinen-Sound von Georgi Gogow in Deutschland einzigartig.
Die Platte kommt zusammen mit einer Bonus-CD, auf der neben zwei neuen Liedern ein paar Klassiker geboten werden, die von befreundeten Künstlern performt werden. Darunter sind u.a. Anna R. (Ex-Rosenstolz, jetzt Silly), Dieter „Maschine“ Birr (Pudhys) oder Henning Wehland (H-Blockx). Außerdem gibt es noch ein paar Stücke, die mit den Berliner Symphonikern aufgenommen wurden, so auch der eben angesprochene Hit „Am Fenster“ in einer siebeneinhalb Minuten-Version. Ein Klasse-Album zum Abschied!