Die Geschichte vom RUSH-Meisterwerk „2112“ weiterzuerzählen ist vom Grundgedanken her äußerst interessant, klingt aber dermaßen ambitioniert, dass nahezu jede Band daran scheitern würde. Anders verhält es sich bei LORD VIGO, die mit „We Shall Overcome“ aus ihrem Korsett komplett ausbrechen und sich stilistisch völlig freistrampeln. Nichts muss, alles kann, scheint die Devise der Pfälzer zu sein, die 2015 als deutsche Doom-Hoffung mit ihrem Debüt „Under Carpathian Sun“ starteten, spätestens aber mit dem letzten Output „Danse De Noir“ ihre musikalischen Grenzen stark ausgeweitet haben. Die aktuelle Scheibe ist die Fortführung und somit Teil 2 einer Trilogie, die mit dem Nachfolger ihren Abschluss finden wird.
Die Band selbst lässt mit einem illustrierten Comic im Booklet den Hörer miterleben, was ihnen bei der Weiterentwicklung der Geschichte vorschwebt und appelliert so auf sehr eindringliche Weise an die Fantasie der Fans. Die musikalische Weiterentwicklung zeigt sich dahingehend, dass der metallische Sound von LORD VIGO bei den einzelnen Songs tendenziell auch nichtmetallische Elemente integriert und die Epik und der Doom sich vornehm zurücknehmen. Der Begriff „Science-Fiction Metal“ erscheint hier durchaus angebracht, denn „We Shall Overcome“ sprengt die Grenzen des bisherigen Schaffens der Landstuhler und würde sich locker auch als Kino-Soundtrack empfehlen. Als Beispiel würde ich den Genuss von „From Our Ashes We Will Rise“ empfehlen, denn dann versteht ihr, was ich meine. Live wäre es schon fast eine Verpflichtung im Hintergrund Bildmaterial zu zeigen, was die entrückte Wirkung dieser Scheibe massiv verstärken würde.
Ich bin gespannt wie die frühen Fans der Band auf dieses Album reagieren werden, das über High Roller natürlich auch als Vinyl erscheinen wird. LORD VIGO verlassen definitiv ihre alten Pfade und öffnen für sich und ihre Anhänger ein neues Universum. Ich bin persönlich noch etwas gespalten wie ich das finden soll, da mir gerade auch die ersten Veröffentlichungen sehr gut gefallen haben.
