Logisch war bei uns Journalisten die Aufregung groß, als vor ein paar Monaten öffentlich wurde, dass die AOR-Götter von JOURNEY nach elf Jahren Studio-Abstinenz nochmal ein neues Album rausbringen. Jetzt ist es soweit und „Freedom“ wird auf die dürstenden Fans losgelassen.
Und das Songwriter-Duo NEIL SCHON und JONATHAN CAIN schrieben satte 15 (!!) Songs, wobei es mit „Together We Run“ ganz typisch für die US-Truppe losgeht. Der Song beginnt ruhig, steigert sich aber zu einer feinen, tanzbaren Midtempo-Nummer mit unwiderstehlicher Melodie. Auch das darauf folgende „Don`t Give Up On Us“ ist Stoff, den die Fans lieben werden, obwohl es zum Ende hin schon leicht frickelig wird. Der Steve Perry-Stimme-Klon ARNEL PINEDA klingt wie eh und je absolut top, auch optisch scheint er nicht zu altern. Mit „Still Believe In Love“ wird es erstmals balladesk, wobei mich der Song nicht gleich so mitnimmt, wie das frühere Balladen geschafft haben. „You Got The Best Of Me“ ist dann wieder ein flotter Gute Laune-Rocker, der durch die harmonischen, mehrstimmigen Chöre wieder punkten kann. Dann erklingt mit „Live To Love Again“ eine zweite Ballade, die es aber schafft, mir unter die Haut zu krabbeln, so muss das sein! Mit „Together We Run“ endet dann der erste Teil dieser Platte zwar nicht so, wie das viele Fans erwartet haben, aber der Song gefällt mir trotz der etwas „schrägen“ Gangart mit jedem Durchlauf immer besser, für meinen Geschmack ist das ein echter „Grower“. Dann erklingen jedoch einige Lieder, die mir, auch nach mehrmaligen Hören überhaupt nicht reingehen. „Come Away With Me“, „Let It Rain“ oder auch „All Day And All Night“ klingen ruppig, die Gitarren jaulen wütend und die Melodien streuben sich mit aller Macht, in mein Gedächtnis einzudringen. Das lag offensichtlich daran, dass NEIL SCHON die Pandemie musikalisch verarbeiten musste. Die zwischenzeitliche dritte Ballade „After Glow“ ist zwar wieder ganz okay, doch über das Attribut „nett“ schafft sie auch nicht hinaus. Aber wenigstens die Chöre und Backgrounds klingen hier sehr harmonisch. „Don`t Go“ betritt wieder tanzbares, flottes und melodisch hochwertiges Midtempo-Terrain. Das Beste haben sich JOURNEY aber für den Schluss aufgehoben, denn die anfänglich mit Streichern unterlegte und über 7 Minuten lange Hammer-Halbballade „Beautiful As You Are“ treibt mir, trotz wildem Zwischen-Intermezzo die Freudentränen in die Augen.
So schafft es auch „Freedom“, genau wie der Vorgänger „Eclipse“ nicht an die Heldentaten früherer Zeiten wie „Escape“ oder auch „Raised On Radio“ heran, aber das habe ich ehrlich gesagt auch nicht erwartet. Aber es hätte auch nicht geschadet, auf ein paar allzu gewagte, fast progressiv anmutende Experimente zu verzichten. Aber für ein insgesamt gutes Urteil reicht es immerhin noch. Live sieht die Sache sowieso anders aus, hoffentlich auch bald bei uns!