Die Umsetzung eines lang gehegten Vorhabens kann eine kathartische Wirkung haben. Diese Wirkung scheint man im Hause BLIND GUARDIAN inzwischen auch kennengelernt zu haben. Nachdem die lange ausgebrütete Orchester-Platte draußen ist, kann man sich der Hauptaufgabe umso befreiter widmen. Um eins vorweg zu nehmen: Dieser Sog schleudert die Krefelder mit „The God Machine“ zurück in die Zukunft.
Natürlich lassen sich BLIND GUARDIAN auch wieder lyrisch beeinflussen, aber das soll an dieser Stelle mal keine Rolle spielen. Viel entscheidender ist nämlich die fühlbare Rückkehr zum „Hochmittelalter“ der Band in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts, als man mit „Somewhere Far Beyond“ und „Imaginations From The Other Side“ langsam aber sicher abbog vom ursprünglichen (saugeilen übrigens!) Speed Metal hin Richtung epischerer Ausrichtung. Schon der Opener „Deliver Us From Evil“ lässt Nostalgiker aufhorchen und spätestens „Violent Shadows“ macht deutlich, dass die Herren nichts verlernt haben. Nichts gegen die kompositorisch und gerade auch vom Arrangement her herausragenden Alben der letzten Jahrzehnte – aber so knackig klangen BLIND GUARDIAN zuletzt, als man noch alles mit D-Mark bezahlt hat. Vom „Blood Of The Elves“ könnte ich persönlich fässerweise trinken, schließlich lässt mich der Zaubertrank wieder vierzehn Jahre alt sein, wie damals, als schon erwähnte „Imaginations…“-Platte das Licht der Welt erblickte. Herrlich! „Architects Of Doom“ und „Destiny“ versorgen übrigens in meinen Ohren auch bestens diejenigen mit neuem Stoff, denen gerade auch die neueren Alben am Herzen liegen. Somit schaffen BLIND GUARDIAN mit „The God Machine“ den Spagat über ziemlich genau drei Jahrzehnte der eigenen Bandgeschichte.