Der November gehört mit Sicherheit zu den emotionalsten Monaten im Jahr. Ohne nennenswerte Höhepunkte, außer den dunklen Feiertagen Allerheiligen, Allerseelen und dem Totensonntag gespickt, ziehen sich die anstehenden dreißig Tagen wie zähes Kaugummi. Nicht umsonst wird der elfte Kalendermonat eng mit der Trauer verknüpft, wenn sich auch optisch der goldene Herbst verabschiedet und dem tristen und regenbehangenen Grau Platz macht. Dann wird es Zeit, sich musikalisch auf das sterbende Naturschauspiel einzustellen. Was liegt dabei näher, als auf bewährte und vertraute Klänge aus der düsteren Sektor des atmosphärischen Folk oder Doom zu setzen, wie die Norweger ULVER aus ihren Anfangstagen, den bayrischen Neofolk Duo EMPYRIUM oder gar den großartigen ehemaligen AGALLOCH aus Amerika.
Jede Band, die in das Leben tritt, prägt ein jeden Hörer mit ihren erschaffenen Werken unterschiedlich intensiv. Doch die Erinnerung bleibt unter dem Strich ewig. Im Laufe der Jahre manifestieren sich bestimmte Alben zu persönlichen Evergreens, die zeitlos sind und immer wieder den Weg auf den Plattenteller finden. Dabei sollte man allerdings den Fokus auf neue Hörerlebnisse nicht verlieren. Ansonsten verpasst man Veröffentlichungen, wie jetzt das Erstlingswerk „Smouldering Into Dust“ von MOURNUMENT aus Chile. Knapp ein Jahr nach der Bandgründung sind die insgesamt sechs ersten eigenen Songs unter Dach und Fach gebracht und jetzt auf Platte gepresst. Dabei haben sich Niklas (DEVENEROR, ÆRA, FORESTFATHER, FLESH CONFIGURATION) und A.P. (SOL SISTERE, CONCATENATUS, THE ANCIENT DOOM) satte fünfundvierzig Minuten Zeit gelassen, ihre Umsetzungsidee der traditionellen chilenischen Folklore in Verbindung mit melancholischen Doom Metal zu kombinieren. Dabei trägt der Schlagzeuger C. Krono (FAVNA ABISAL, THE ANCIENT DOOM) mit seiner gesammelten Erfahrung zum Gelingen des Erstlingswerk mit bei.
Wer sich auf einen waghalsigen Trip durch gigantische Gebirgszügen aufmacht, dem bietet die Natur beim erfolgreichen Erklimmen der Gipfels einen unendlichen Ausblick phänomenalen Ausmaßes. So schön dieses Panorama auch wirkt, so gnadenlos heimtückisch stellen Gletscher, Vulkane, grasbewachsene Ebenen, Wüsten, Seen und Wälder das eigentliche Bild. Dieses ist als optische Aufmachung bei „Smouldering Into Dust“ in bedrohlicher Einfachheit eingefangen worden. Aufgrund des klirrenden Blautons strahlen die riesigen Bergerhebungen eine frostige Aura aus. Genau die zu erwartende Kälte ist in die Songstruktur als Basiselement verarbeitet worden. Hinzu gesellen sich eine riesen Portion aus Verzweiflung und Selbstmitleid. Jedoch klingt es alles andere als zu nah am Wasser gebaut zu sein. Hier spiegelt sich jede Menge Eleganz wieder, die im ausgewogenen Maße sowohl in ruhigen Fahrgewässern sich tummelt, als auch für aufbrausende Stimmung sorgt.
Das ausgefeilte Konzept vereint etliche Momente, die überzeugen produziert wurden, aber auch schwerwiegendes und nachdenkliches Material parat hält. Dabei stellt sich an vielen Stellen eine Tiefgründigkeit ein, die bei „Grey Was the Chant of My Endless Autumn“ ihren Höhepunkt erreicht und als prächtig zum Leben erweckt wird. Es ist immer wieder erstaunlich, das diese Art von komponierter Kreation einen mental völlig in seinen Bann schlägt. Dank dieser kraftvollen Mixtur aus melancholischer Doom Metal in Zusammenklang mit einem interessanten Folk-Metal-Flair liegt das Augenmerk auf eine detailreiche Trauerrede. Dabei sorgen die Vocals A.P. sowohl im Klargesang als auch mit biestigem Growling für einen Ohrenschmaus. Nun darf man für die Zukunft hoffen, das es sich mit „Smouldering Into Dust“ um keine Eintagsfliege handelt !