Bei den BLACK SPACE RIDERS aus Münster handelt es sich um eine ganz besondere Band. Nicht nur, dass das Quintett mit JE und SEB zwei Sänger innehat, sondern sie bezeichnen ihren Stil selbst als „New Wave of Heavy Psychedelic Space Rock“. Nun, dem könnte ich gut noch die Attribute Prog und Stoner hinzufügen, doch auch so wird deutlich, dass die Truppe, die seit 2008 sieben Scheiben veröffentlichten, die Vielseitigkeit in Persona sind! 2018 hauten die BSR mit „Amorethum 1“ bzw. ein paar Monate später „Amorethum 2“ gleich zwei Scheiben raus, was ja ebenfalls außergewöhnlich ist. Vor eben diesen 4 Jahren habe ich mein erstes Interview mit JE geführt, dass ihr gerne in unserem Archiv nachlesen könnt. Dort erfahrt ihr übrigens auch, was es mit den Nick-Namen der Mitglieder auf sich hat. Kürzlich erschien mit „We Have Been Here Before“ Album Nr. 8, das wiederum hervorragende Kritiken, nicht nur bei uns, einheimsen konnte. Deshalb freut es mich umso mehr, dass ich erneut mit Gitarrist und Sänger 1, JE, eine sehr interessante Unterhaltung führen durfte.
Moinsen JE, ihr habt seit Ende 2018 keine neue Platte mehr bis jetzt eingespielt. Ihr seid aber noch mit „Amoretum 1 + 2“ auf Tour gewesen, oder? Wie lief diese aus eurer Sicht und wie lange konntet ihr live auftreten?
Ja hallo, schön, wieder ein Interview mit dir zu führen. Wir sind mit den „Amoretum“ Alben immer wieder in verschiedenen Blöcken beziehungsweise Einzelauftritten bis Anfang 2020 getourt. Das lief gut, grundsätzlich haben wir mit jedem Album über die Jahre immer wieder neue Freunde und Fans dazu gewinnen können. Am 13. März war noch ein Gig in unserer Heimatstadt bei Rare Guitar geplant. Den mussten wir dann aufgrund von Krankheitsausfällen innerhalb der Band kurzfristig absagen. Im Nachhinein: wer weiß? Zwei Tage später wurde dann ohnehin der erste nationale Lockdown verhängt.
WHBHB klingt in meinen Ohren düsterer, ja stellenweise wütender als die vorherigen Platten. Hat sich die Pandemie und die damit für eine Band eurer Größenordnung verursachten Probleme auf das Songwriting ausgewirkt…und wenn, auf welche Weise ich meine damit textlich und/oder musikalisch?
Das ist keine Pandemie – Platte, so wie das offensichtlich bei vielen anderen Bands anscheinend ja der Fall ist. Musikalisch ist die Basis der meisten Stücke, die auf der Platte sind, in Grundzügen schon vor der Pandemie entstanden. Auch das grundsätzliche Konzept und damit auch die Texte haben keinen direkten Zusammenhang mit der Pandemie. Aber natürlich hat diese Zeit bei jedem von uns, wie sicherlich bei allen Menschen, Spuren hinterlassen, sowas klingt mit Sicherheit irgendwie mit.
Habt ihr an eurer bisherigen Arbeitsweise hins. der Produktion etwas geändert?
Da ist tatsächlich eine Sache, die durch die Pandemie geprägt wurde. Unsere Vorgehensweise im Studio wurde beeinflusst. Dadurch, dass wir uns über längere Zeit diszipliniert wirklich immer nur zu zweit getroffen haben, haben wir zum ersten Mal eine Art Vorproduktion im eigenen Proberaum auf einer 16 – Spur – Maschine gemacht. Die Songs waren vom Songwriting und Arrangement her schon relativ fertig und wir haben sie dann immer in Zweier – Konstellationen stückweise aufgenommen. Schlagzeug plus Bass. Zwei Gitarren. Gesang, Keyboard und Percussion. Das war vor allem wichtig, um zwischen den unglaublichen fast 30 Songideen, die wir insgesamt hatten, auszuwählen, denn natürlich kannst du so viel Material nicht im Studio aufnehmen. Wir sind dadurch gut vorbereitet später ins Studio gegangen, wo wir dann wieder traditionell live alle zusammen aufgenommen haben.
Wie schafft ihr es, eure ganzen „Spielwiesen“, d.h. Musik-Geschmäcker, Einflüsse etc, die ja bei jedem Mitglied anders sind, am Ende unter einen Hut zu bekommen?
Das ist ehrlich gesagt überhaupt nicht schwierig. Zum Einen gibt es wirklich eine große musikalische Schnittmenge in unseren Geschmäckern. Es ist nicht so, dass der eine jetzt nur auf Metal steht, der andere auf Elektronik, der dritte auf Psychedelic, die vierte auf Progressive Rock usw. Wirklich jeder von uns ist insgesamt sehr breit musikalisch aufgestellt. Die vielen verschiedenen musikalischen Dinge, die in den Songs drin sind, passieren beim Entstehen des Stücke, beim Jammen und beim Ausfeilen der Songs. Das ist immer natürlich und intuitiv. Es gibt niemals verkopfte Ansätze, wie zum Beispiel : „An dieser Stelle sollten wir mal was düsteres Wave Rock – mäßiges machen“ oder so. Das passt entweder oder wenn es nicht passt, dann muss der Song halt erst mal liegen bleiben und wir wenden uns etwas Neuem zu.
Mit „Worlds Collide (Dans Ma Tete)“ habt ihr einen recht ungewöhnlichen Track als Rausschmeißer, der mir übrigens saugut gefällt. Wie kam es zu der Idee mit der Französischen Sprache…ist einer von euch vielleicht sogar Französisch-Lehrer??
Nein, gut geraten, hätte sein können, ist aber nicht der Fall. Wir beiden Sänger, SEB und ich sprechen beide französisch, natürlich nicht wie die Muttersprachler, aber wir kommen zurecht. Auf der Basis haben wir dann über diesen ruhigen Anfangsteil herum experimentiert und improvisiert und fanden, dass es von der Klangfarbe her super passt. Später kam uns dann die Idee, hier eine Fabel von Fontaine zu rezitieren.
Cool, der Otto-Normal-Hörer wie ich kenne diese Fabel ehrlich gesagt nicht, ist ja auch sehr speziell! Eure Platte(n) zeichnen sich am Ende immer durch eine grundlegende musikalische Stimmung aus. Wer entscheidet am Ende darüber, wie diese Stimmung aussieht? Oder macht ihr euch darüber selber nicht so viele Gedanken wie wir Journalisten?
Für uns ist nur wichtig, DASS es diese Stimmung gibt. Wir verfolgen einen sehr ganzheitlichen Ansatz aus Musik, Groove, Klang, Texten, Songtiteln, zu Grunde liegendem Konzept, Cover Artwork etc. Das alles soll ja zusammen beim Hörer Bilder entstehen lassen, ein Kopfkino anmachen. Und dazu ist die Stimmung, die Atmosphäre total wichtig. Ich finde übrigens, dass die Atmosphäre sich wie auf einer Reise im Laufe dieses Albums, wie auch auf den letzten Alben verändert. Mal geht es hoch, mal geht es runter und trotzdem hört und spürt man, dass alles zusammen gehört und aus einem Guss stammt. Jeder empfindet diese Stimmung auch etwas anders. Dieses wütende und düstere, das du nennst und das wir jetzt auch in einigen anderen Rezensionen gelesen haben, das empfinde ich zum Beispiel gar nicht so ausgeprägt. Für mich ist gerade atmosphärisch immer auch ganz viel Licht und Hoffnung dabei.
Klar, da hast du natürlich Recht, aber wie du sagst, sehe nicht nur ich bei „WHBHB“ vermehrt düstere Anteile. Aber es kommt ja auch immer auf die Stimmung des Hörers an, mit der er/sie eine Scheibe hört. Das macht auch die Emotianlität von Musik aus. Spannendes Thema! Habt ihr eigentlich Angst, dass sich politisch in Kürze noch einmal seitens der Politik für Veranstaltungen negative Richtlinien (wie das Tragen einer Maske in Innenräumen, oder Besucheranzahl-Begrenzungen) angeordnet werden? Das wäre ja für Konzerte katastrophal, oder?
Ich habe keine Angst davor, denn selbst, wenn es so käme, kann ich es doch eh nicht beeinflussen und was soll ich dann davor Angst haben, das ändert ja nichts. ich glaube allerdings nicht mehr wirklich, dass es dazu kommt. Corona ist jetzt da, um zu bleiben und wir werden auch damit klarkommen. Du kannst ja nicht deswegen dauerhaft und über Jahre alle möglichen Dinge herunterfahren. Ich glaube nicht, dass das noch mal so ausgeprägt passieren wird.
Zur Zeit gibt es ja neben Corona leider weitere große Probleme, mit denen sich die Menschen beschäftigen müssen, z.B. die Inflation oder Angst vor Krieg. Das könnte durchaus Auswirkungen auf die Musikbranche haben, gibt es da bei euch auch Sorgen, über die ihr euch als Band austauscht, um euch auf Eventualitäten vorzubereiten oder können solche Gedanken eure künstlerische Kreativität hemmen?
Da gilt ein ähnlicher Ansatz wie in meiner Antwort zuvor bezüglich Corona. Also, na klar, finde ich die derzeitige Situation mit dem Krieg und allem was im Vorfeld und als Konsequenz daraus passiert und passieren wird ganz fürchterlich. Aber so ziemlich das Unwichtigste angesichts der ganz schrecklichen Auswirkungen auf viele unmittelbar Betroffene ist doch, was das für uns als Band bedeutet. Ob wir die Platten oder Tickets teurer machen müssten, ob wir mehr Heizgeld bezahlen müssen etc., das sind doch alles totale Luxusproblemchen im Vergleich zu den wirklich wichtigen Dingen. Wir würden jetzt auch eher über die wirklich wichtigen Dinge reden, als darüber, was das mit uns als Band macht.
Sehr gut, überlassen wir die Welt-Politik den Staatsmännern und wechseln wir das Thema. Ihr legt ja großen Wert auf Vinyl-Ausgaben eurer Scheiben und wie ich weiß, der Großteil eurer Anhängerschaft ebenfalls. Wie lange im Vorraus muss man mittlerweile dahingehend planen mit dem Presswerk etc…? Da hört man ja die wildesten Geschichten.
Wir hätten die Platte gerne wieder in Mecklenburg-Vorpommern bei unserem bewährten Stammpresswerk pressen lassen. Dort hätte es aber mehr als zwölf Monate gedauert. Wir waren aber nicht bereit, so lange zu warten. Wenn du ein Album dann endlich fertig hast, willst du es ja auch raus bringen. Wir haben es dann in Polen pressen lassen und sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis, wir mussten jetzt „nur“ vier Monate auf die fertigen Platten warten, was im Vergleich zur Vergangenheit immer noch länger ist. Aber so ist es halt, solange keiner von uns in neue Presswerke investiert. Wir werden uns auch bei anderen Dingen, bei denen wir immer davon ausgingen, dass sie selbstverständlich überall und sofort verfügbar sind, daran gewöhnen müssen, dass sie knapper werden. Und ehrlich gesagt: im „kosmischen Gesamtzusammenhang“ ist das glaube ich auch ganz gut so.
Ja, auch da ist was Wahres dran! Was sind die Pläne für den Rest des Jahres und dann auch schon für 2023?
Wir spielen jetzt in unserer Heimatstadt Münster eine Show am 4. November in der Sputnikhalle, da freuen wir uns total drauf und wir wissen auch von vielen Freunden und Fans, dass sie sich ebenfalls darauf freuen. Mit dem Rückenwind der neuen Veröffentlichung wollen wir dann in den nächsten Wochen und Monaten anfangen, Shows zu buchen, so dass wir im ersten Halbjahr 2023 wieder verstärkt unterwegs sein können.“
Dafür drücke ich euch ganz fest die Daumen und danke dir für deine Ausführungen! Leider kann ich am 4.11. aus beruflichen Gründen nicht den Hopser von Gütersloh nach Münster machen, hoffe aber, euch dann baldmöglichst wieder live erleben zu dürfen. Viel Glück und auf bald!