Interviews mit SODOM Boss Tom „Angelripper“ Such sind für mich immer eine Freude weil der Kultmusiker aus dem Ruhrpott immer frei von der Leber redet und keine Rockstarallüren hat. Dabei hat der Bassist und Sänger 40 Jahre Jubiläum und viel erreicht in der Zeit. Zu der neuen Werkschau von SODOM mit dem schnuckeligen Namen „40 Years At War – The Greatest Hell Of Sodom“ gab uns der bald 60 Jahre jung werdende Musiker ein ausführliches Interview am Telefon daheim vom Festnetz.
Hi Tom, Festnetznummer bei Musikern, das kenne ich ja gar nicht mehr, Zoom oder Skype sind da an der Tagesordnung?
Sowas habe ich nicht, ich weiß gar nicht wie das geht, ich bin da oldschool“!
40 Jahre Sodom ist ja eine Leistung, wenn man bedenkt, dass Bands wie Magnum die ja auch um einiges älter sind als ihr, schon 50 Jahre feiern. Ihr habt ja auch früh begonnen, wie fühlt sich das denn an für dich?
Ja, die Zeit rennt, bis jetzt läuft ja alles noch gut, wir sind alle noch gesund und munter. Man muss es ja nicht bis zum Ende durchziehen, 50 Jahre oder länger. Wenn es nicht mehr geht, sollte man aufhören! Irgendwann ist die Party vorbei.
Früher hättest du das bestimmt nicht gedacht so lange Thrash zu spielen. Mittlerweile gibt es ja Thrash Bands in allen Altersstufen und alte Hasen wie ihr, Tankard, Exodus und wie sie alle heißen sind immer noch dabei!
Da bin ich ja stolz drauf. Die sehen wir bald alle, wir fliegen morgen ja nach Mexico auf ein Festival da spielen die alle und noch Destruction, Kreator, Hellhammer. Da sind sie alle da! Da freue ich mich drauf. Slayer haben ja aus gesundheitlichen Gründen quasi aufgehört. Aber da kann ja immer was dazwischen kommen im Leben!
Eure neue Scheibe hat mich direkt inhaltlich mitgenommen, aber das großartige Artwork, wo der Knarrenheinz auf den Henker trifft ist ja echt ein krasser Hingucker. Wie kamt ihr denn da drauf?
Ursprünglich sollte das Artwork aussehen wie das Motiv des Posters im Album, doch das hat unsere Plattenfirma nicht gefallen, manchmal gehen halt die Geschmäcker auseinander. Also habe ich dem Künstler der auch schon „In War And Pieces“ gemacht habe gesagt wir brauchen was anderes und wir haben nicht viel Zeit (lacht). Der kam dann auf die Idee unsere prägnanten Maskottchen wie in einem Film auf ein Bild zu bringen. Der malt ja auch von Hand! Bei der „In War And Pieces“ Scheibe war es noch eine Mischung aus digital und handgemalt. Da lege ich ja auch immer wert drauf. Bei den letzten Alben mit Joe Pentagno habe ich da auch immer darauf bestanden. Mit Fotoshop geht alles, aber das Handegmachte das ist wie bei unserer Musik.
Was ich schon immer wissen wollte in Sache Artworks: Ihr habt ja in letzter Zeit viele EPs oder auch mal eine Single gemacht, da waren die Artworks dann immer schwarz-weiß gehalten. Liegt da ein tieferer Grund dahinter?
Das ist auch immer eine Kostenfrage“ antwortet Tom ehrlich und direkt, „mit EPs ist auch kein Geld zu machen! Es passt auch zu dem Sound, ich mag diese monochromen Schwarzweiß Sachen auch. Das passt dann auch oft zur Musik“. Ein Album muss dann auch etwas spektakulärer rüberkommen. Ich finde das auch für T-Shirt Motive nutzen! Das wäre bei einem detailreichen Artwork wie zu der „Genesis“ Scheibe dann eher schwierig. Ich habe auch immer gerne EPs gekauft früher, die Dinger sind dann auch wertvoll, wenn da Lieder drauf sind die nicht auf dem Album zu haben sind. Das ist das kein Muss, aber eine tolle Sache die Sodom Fans denke ich.
Was ich bei Sodom immer cool fand in meiner Jugend, dass ihr auch Lieder ab und an gecovert habt von Bands die ich gar nicht kannte und dann cool fand wie bei Tank oder so! Wo ich dann als junger Mensch nie verstanden habe das dies kein eigenes Lied war! Aber ein ganzes Album mit Coversongs wolltet ihr nie machen, oder?
Da haben wir auch mal drüber geredet. Wir wollten unsere Lieblingslieder aus der alten Zeit mal auf ein Album packen. Wir haben live schon mal gerne eine Motörhead Nummer im Programm, aber für das Original gibt es keinen Ersatz! Ich verstehe sogar, wenn Leute sagen sie wollen lieber die Originale als die neu aufgenommenen Lieder hören! Ich höre mir „Ace Of Spades“ auch am Liebsten im Original an. Auch keine Aufnahme die 20 Jahre jünger ist. Bei der Box zum Album geht es um das Buch welches all unsere Diskographien enthält und auch die Originalartworks von mir teils erneut eingescannt wurden. Die hängen teilweise bei mir zu Hause als Bilder. Das Wichtige an dem Buch war mir dann auch die Statements der Fans! Einer sagte zum Beispiel bei „Agent Orange“ habe er seine erste Freundin kennen gelernt. Das macht die ganze Box interessant die vielen Eindrücke. Das macht auch die Box aus. Ursprünglich wollten wir auch zum 40. Geburtstag ein Livealbum machen, aber durch die Coronakrise haben wir da nichts auf die Kette bekommen. Shows die man aufnehmen könnte. Ein Livealbum wäre aber mal wieder Zeit!
Ich bin halt auch ein typischer „Agent Orange“ Einsteiger der dann Alben wie „Persecution Mania“ nachgekauft hat. Aber mit den vom Sound sehr rohen Frühwerken konnte ich nie viel anfangen, aber wenn ihr die Dinger in den letzten Jahren wieder live gespielt habt war das geil!
Jaja, wenn man noch weiter zurückgeht zu „Obsessed By Cruelty“ oder so da muss man sich auch als Musiker wieder reinhören um das so wieder nachzuspielen. Da sind eine gewisse Magie oder Spirit drin! Auf jeden Fall gibt es auch Lieder von den ganz alten Scheibe die wir live spielen. Unser Drummer ist auch interessiert die Wirbel so zu spielen wie der Witchhunter und hat sich da auch hineingearbeitet. Dabei haben wir nicht die Hits für ausgewählt und eher mal die Lieder aus der zweiten Reihe teils genommen. Bei einem alten Sampler namens „Ten Black Years“ waren dann nur die Hits an Bord, wobei hier die Originalaufnahmen dann zusammengetragen wurden. Das kostet nix, da wurde einfach drüber gemastert. Sowas wollten wir nicht, jeder konnte sich Lieder aussuchen, die wurden geprobt und gesichtet. Das war richtig Arbeit. Ist halt ein Song pro Album.
Das läuft auch gut am Stück rein und macht wirklich Spaß das Album! Das hört man auch, dass dies kein Schnellschuss ist
Wir haben jetzt auch genug Lieder durch das neue Album mit denen wir unsere Setlist auffrischen können. Da können wir einfach variabler sein und spontan auch mal Lieder rauswerfen, gerade eine Band wie wir die auch zwei Stunden live spielt. Wenn es geht machen wir das immer! Das ist anstrengend, gerade bei der Musik, gerade für mich als älterer Sänger. Wir ziehen das durch solange es geht. Eine gute Stunde reicht einfach nicht, das muss schon mindestens 90 Minuten sein. Wir bleiben ja auch dann! In Italien und Sofia haben wir auch Meet & Greet. Die Leute bezahlen uns doch! Wir sind keine Rockstars. Die bekommen dann auch was für ihr Geld! Die können heimgehen und sagen: Ich habe die Band getroffen, eine Autogrammkarte bekommen und die haben noch zwei Stunden gespielt. Dann hat sich das auch für uns gelohnt. Wir sind da die Einzigen die das noch so machen, der Rest: Stündchen plus und dann ab zum Hotel. Wenn wir auf Tournee gehen an Weihnachten dann werden wir das auch so machen und hoffe das wir die Läden auch ganz normal voll machen können ohne Masken und Kontrollen. Ich hoffe das ist jetzt vorbei!
Das mit der EP im Boxset mit dem neuen Song „1982“ ist ja schon cool, auch mit den neu aufgebrezelten Demosongs. War das eure Idee als wertiges Extra zum Album?
Ich habe so einen deutschen Text gehabt, auch für die „Genesis“ den haben wir nachher aber verworfen. Da haben wir am Ende auch ein Medley dran gehangen mit dem Lieblingsstücken aus dem Jahre 1982 die mich so geprägt haben. Da haben wir die Riffs so zusammengehangen. Da hieß es aber da könnte es Probleme mit den Komponisten geben und den Verlagen. Ich sagte aber auch wenn wir von RAVEN von der „Wiped Out“ zum Beispiel einen Riff von drei Sekunden nehmen das kann doch keine Probleme geben! Aber dann haben wir einen neuen Song in dem Vibe geschrieben und dazu einen englischen Text.
Einige Musiker schreiben ja in deinem Alter auch schon an ihren Autobiographien, wird da bei dir auch was kommen?
Es gibt da einen aus Südamerika, aus Mexiko der schreibt über unsere Musik ein Buch, aber wenn ich so etwas schreiben würde, dann würden da natürlich auch ganz viele persönliche Dinge miteinfließen. Aber die Zeit habe ich jetzt gar nicht. Wenn ich sagen würde die Musik ist vorbei dann hätte ich Zeit. Aber momentan wenn du Musiker bist, bist du von morgens bis abends damit beschäftigt! Da kommt man nicht zum Buch schreiben. Andererseits ist doch alles erzählt, es wird auch keine dritte „Lords Of Depravity“ Doku geben. Die erste war sehr interessant, die zweite war auch gut. Mittlerweile sind alle Konzerte bei You Tube, die Alben sind alle noch draußen. Vielleicht wenn man einen Directors Cut macht und die Dinger auf Blu-ray zusammen packt. Es ist aber auch so viel neues Material zusammengekommen und wer weiß wo die Masterbänder liegen. Mal schauen was so kommt!
Dann freuen wir uns einfach auf die Weihnachsstournee durch Deutschland im Jahre 2022!