Neben der Vinyl war die Cassette in den 80’ern das Tonträgermedium schlechthin. Als Leercassette für den nächsten Tapetradingabend oder als platzsparender Zuwachs für die eigene Sammlung. Beim Händler des Vertrauens um die Ecke war auf diesem handlichen Format so gut wie jedes Musikgenre vom Rock bis zum Punk zu seiner Zeit vertreten. Direkt nach dem Kauf wurde die vertonte Wertanlage im Walkman oder der heimischen Anlage bis zum bitteren Tod durch den verfluchten Bandsalat abgespult. Dieser bewährt nostalgische Hörgenuss war solange in gewesen, bis die Compact Disk kurz CD ihren Siegeszug angetreten hat und dafür sorgte das sowohl die gepflegte Vinyl- als auch die wohlbehütete Tapesammlung auf Kurz oder Lang eingemottet wurde.
Was lange aus der Mode gekommen ist, erlebt in den letzten Jahren eine Renaissance. Immer mehr Menschen entdecken die altehrwürdigen Tonträger neu für sich. Die Verkaufszahlen steigen konstant. Gestandene Bands und Newcomer aus dem weltweiten Underground nutzen die Gunst der Stunde und bringen auf diesem Weg ihre Songs unters Volk. Selbstverständlich ist die gesamte Musikindustrie mittlerweile auf diesen Trendzug aufgesprungen und verkauft sowohl Platten als auch Tapes wieder wie warme Semmeln. Schließlich möchte Jede/r ein Stück von dem zu verteilenden Kuchen abhaben. Insbesondere die Bleistiftbranche reiben sich bereits freudig die Hände über dieses eingeläutete Comeback.
Neben dem Musical Starlight Express ist die Ruhrpottmetropole Bochum in erster Linie für seinen Erstligafussball an der Castroper Straße sowie dem Vergnügungsviertel ‚Bermuda3eck‘ bekannt. Eine ehemalige Bergbaustadt, die für geradlinige und ehrliche Arbeit steht und wo an manchen Ecken die Zeit einfach stehengeblieben ist. Diese Feststellung gilt auch für SPEED LV̇FTER. Schaut man sich das formierte Trio an, fühlt man sich direkt um rund vierzig Jahre zurück katapultiert. Im besten Klischeestyle brüllen einen hautengen Spandexhosen, speckiger Lederjacke, ausgelatschte Sporttreter der Marke ‚Adidas Allround‘ sowie der klassische Pornobalken frech ins Gesicht.
Mit dem Zusatz das hier Speed Metal aus der goldenen Gründungszeit dieses Genre zum besten gegeben wird, dürften die Rahmenbedingungen fest abgesteckt sein, was die musikalische Ausrichtung der Band betrifft. Das diese erste Veröffentlichung selbstredend auf einem limitierten Tape erscheint, ist seitens des Trios ein authentischer Schachzug und unterstreicht ihr Image doppelt. Weniger als fünfzehn Minuten brauchen SPEED LV̇FTER auf ihrer ersten EP „Tornado Of Blades“, um den Geschwindigkeitsspirit zum Leben zu erwecken. Ganz im Sinne der alteingesessenen Spatenkalieber wie EXCITER, DESTRUCTION oder AGENT STEEL es gelehrt haben. Das mit Gitarrist Dominik Rothe und Basser Oli Frank zweidrittel der SPEED LV̇FTER Besetzung ihr spielerisches Können bereits bei der Münsteraner Thrash Band TASKFORCE TOXICATOR unter Beweis gestellt haben, zeigen ihre Veröffentlichung der letzten vier Jahre.
Das sich die erfahrene Spielfreude in den vier zusammengetragenen ersten Tracks sich positiv niederschlägt, hört man direkt bei dem Opener „Druckluft“. Im Soundgewand der Underground-Maniacs schwingt dabei unheimlich viel Old-School-Vibes mit. Gerade diese Art von nicht ganz perfekten Aufnahmesessions passt einfach wie die berühmte Faust aufs Auge. Allerdings wirken die Ausflüge von Frontmann David Riekhoff in die höheren Gesangsgefilden etwas dünn und fade und bescheren damit das viel befürchtete Manko auf „“Tornado Of Blades“. Sollten die drei Nordrhein-Westfalen in Zukunft weitere Songs schreiben und produzieren, ist eine Feinjustieren des Gesanges unabkömmlich. Doch das 80’er Feeling in der Hochkonjunkturzeit von Stahl- und Kohleproduktion, den verrußten Schloten, die in den Himmel ragen und der zerdrückten leeren Bierdose in der Hand wird durch die erste eigene EP gut vermittelt.