Das erste Konzert im Jahr 2023 war ein Klassiker für mich! GRAVE DIGGER mag ich schon seit seligen GUN Records Zeiten als Teenager und habe ich alleine in Andernach unzählige Male gesehen, wobei sie immer ein gutes Package boten. Auch MYSTIC PROPHECY waren schon einmal dabei, hatten jedoch auf der „Knights & Riots“ Tournee 2023 schon eine größere Rolle. Entgegen den noch auf manchen Plakaten angekündigten FIREFORCE starteten Im gut gefüllten Juz Live Club zuerst eine gute halbe Stunde die Griechen CELLAR STONE, die vom Publikum wohlwollend empfangen wurden und für mich eine eher unbekannte Formation waren. Hier paart sich Heavy und Epic Metal mit ein paar Alternative / Stoner Metal Einflüssen. Das ist teilweise in Sachen Riffing ungewöhnlich, aber recht interessant. Frontmann Ari Pirris war stimmgewaltig und griff wenn es nötig war zur Gitarre, agierte aber auch als „nur“ Frontmann was ich sympathischer als diverse Alibi Gitarristen empfinde. Tolle Stimme und Ausstrahlung hatte der Mann, was er bei der DIO mit BLACK SABBATH Nummer „The Mob Rules“ geschickt in der Mitte des Sets eindrucksvoll zeigen konnte. Ansonsten sorgte DIVINER Gitarrist George Maroules samt Keyboarder dafür das keine Soundlöcher vorhanden waren. Auch wenn die Bühne etwas beengt war durch die zwei Drumkit bot man eine gute Show. Die Griechen haben bisher zwei Scheiben veröffentlicht die ich mir unbedingt mal zu Gemüte führen muss! Auf dieser Tournee haben sie sicherlich einen gute Visitenkarte hinterlassen und einige Fans gewonnen!
Die Süddeutschen MYSTIC PROPHECY aus dem Allgäu habe ich die letzten 20 Jahre sicherlich schon ein paar Mal live gesehen, aber immer nur als Support oder bei einem Festival mit höchstens 45 Minuten. Das war in Andernach zum Glück anders und hier konnten die vier Herren und die Dame am Bass 65 Minuten Gas geben und Hits aus 11 Alben auf der gesamten Bühne, ohne zweites Drumkit im Weg als Co-Headliner präsentieren. Ehrlich gesagt merkte ich der seit einigen Jahren in dieser Besetzung spielenden Truppe die zwei Wochen lange Tournee ohne freien Tag am letzten Tag der Reise nicht an und war begeistert wie gut eingespielt und agil die Musiker sich präsentierten. Frontmann R.D. Liapakis war auch gut bei Stimme und agierte souverän ohne zu lange Reden, während das enthusiastische Publikum das die angethrashten Heavy Metal Tracks nahezu in sich aufsog. Die Gitarristen Markus und Evan ließen permanent die Matten kreisen und spielten kein Standfußball. Das galt auch für Bassistin Joey die am Ende es sich noch kurz auf den Boxen am rechten Rand bequem machte und nach der Kletteraktion dort etwas weiter spielte. Eine schöne Geste war noch die Torte, die Gitarrist Markus Pohl für 20 Jahre Bandmitgliedschaft auf der Bühne überreicht bekam. Im Grunde hätte die Band jeden Abend eine andere Setlist spielen können bei den vielen Hits die sie im Programm haben. Dieser Auftritt war dem eines Headliners würdig und GRAVE DIGGER konnten sicher sein ein perfekt aufgewärmtes Publikum zu bekommen!
Wie eingangs erwähnt bin ich seit Teenagerzeiten ein Fan der in Gladbeck gegründeten deutschen Metalinstitution um Frontmann und letztes Gründungsmitglied Chris Boltendahl. GRAVE DIGGER sind ihrem Stil immer treu geblieben und haben dabei auch keine Stinkeralben veröffentlicht. Mir haben immer die geschichtlichen Themen gefallen und Andernach ist ja für die Band fast schon ein Heimspiel so oft wie ich die vier Musiker hier in den letzten 15-20 Jahren dort gesehen habe. Mit einer Art Säulenpyros und einem (positiv gesehenen) recht abgespeckten Bühnenbild gegenüber früheren Jahre rockte das Quartett los, wobei Chris Boltendahl erst mal den teils etwas reservierten oder müden Fans etwas Animationshilfe geben musste damit die Chose lief. Generell ist seine lockere Art auf der Bühne ein Segen im Gegensatz zu diversen affektierten Showmännern deren Namen ich mir spare. Die Setlist ist bei solch einer Band natürlich immer im Blick langjähriger Fans und wenn hier auch einige Hits an Bord waren und anfangs auch neue Nummern gespielt worden sind, vermisse ich Kracher wie „Under One Flag“ oder „Lionheart“ und besonders „The Last Supper“. Aber als Musiker will man sicherlich auch mal Abwechslung und nicht immer jahrelang nur das Gleiche spielen. Während Chris Boltendahls Reibeisenröhre für immer zu einem Signaturesound des deutschen Metals sein wird, war Gitarrist Axel Ritt mit samt seiner wie immer an Zakk Wylde (vom Muster her) erinnernden Gitarre, samt passender Schuhe und nur mit einer Weste obenrum bekleidet oft leicht gebückt auf der rechten Seite stehend. Zwei Wochen Tournee sind halt auch nicht zu unterschätzen, aber im Gesamtsound der Band und lange nach dem Ausscheiden von Keyboarder HP Katzenburg würde ich in Sachen Sound live eine zweite Gitarre schon bevorzugen wie damals kurz mit Thilo Hermann. Dabei sollte ich nicht unerwähnt lassen dass die Fans recht gut mitgesungen haben und echt gut die Chöre grölten. Während Bassist Jens Becker wie immer souverän mit norddeutscher Gelassenheit agierte, genossen die Zuschauer Hits wie „Rebellion“, „Excalibur“ oder „The Dark Of The Sun“. Im drei Lieder starken Zugabenblock kam unter anderem wieder die Ballade „Yesterday“ aus der Frühzeit von GRAVE DIGGER und eines der wenigen ruhigen Tracks der Gruppe, sowie das unverwüstliche „Heavy Metal Breakdown“. Ich denke die Tournee kann für die Bands und die Fans durchaus als Erfolg gezählt werden und sollte Anreiz für andere sein, wertige Packages zusammen zu stellen.
Bald will ja GRAVE DIGGER Frontmann Chris Boltendahl mit ehemaligen Musikern von ORDEN OGAN seine erste Soloscheibe heraus bringen, es bleibt also spannend!