S O N N T A G – 09. A P R I L
Im Gegensatz zum leicht verregneten ersten Festivaltag scheint der Wetterverantwortliche mit dem heranströmenden Publikum ein Einsehen zu haben und lässt bei sehr frühlingshaften Außentemperaturen, die Sonnenstrahlen zeitweise um die Nase tanzen. Dementsprechend gut gelaunt füllt sich an diesem Ostersonntag das Backstage, und die Vorfreude auf die zu erwartenden Bands an diesem Tag übermalt den ein oder andere müden Gesichtsausdruck.
HERETOIR (WERK / 14:30 – 15:20 Uhr)
Zur Einstimmung geht es direkt ins Werk, wo HERETOIR ein Heimspiel haben. Für die Uhrzeit am frühen Nachmittag ist die Location bereits beachtlich gefüllt. Mit Spannung wird auf das Post Metal Fünfgestirn aus Augsburg gewartet. Diese sorgen bei ihrem vierzigminütigen Set mit einer bewährten routierten Art für die ersten stimmungsvollen Auftakt. Mit ihrem bezaubernden Melodien und schwarzmetallischem Gegensatz wird die große Halle geflutet und bei so manchen Besucher ein tiefgehendes Gefühl der melancholischen Sehnsucht hinterlassen. Als Liveschmankerl gibt es zusätzlich einen musikalischen Ausblick auf die zu erwartende EP „Wastelands“, welche Mitte Mai dieses Jahres erscheint. Eine bessere Bühne vor einem dankbaren Publikum zu haben, um den gleichnamigen Titeltrack zu präsentieren gibt es nicht. So angenehm lässt man sich den Einstieg in den zweiten Tagen mit viel höllischem Lärm gefallen.
ENISUM (HALLE / 15:25 – 16.15 Uhr)
So schön sich die ‚Wohlfühloase‘ Backstage dem anwesenden Publikum präsentiert, steht am heutigen Tag fünf Mal die entscheidende Frage ob die zeitgleichen Bandauftritte von ENSIUM in der Halle oder FUNERAL PILE im Club ausgewählt werden. Bei der ersten Runde fällt die erste Auswahl auf die ambienten Black Metaller ENSIUM aus Italien. Da bereits der drückende Sound in der Halle am Tag zuvor für ordentlich Ohrensausen gesorgt hat, wird freudig auf die anstehenden vierzig Minuten gewartet. Mit mittlerweile sieben Alben im Gepäck steht den vier Italienern auch jede Menge Schwarzmetal zur Verfügung, ihr Set zu füllen. Die Location ist wie nicht anders zu erwarten, mehr als gut gefüllt. Als optischer Blickfang dienen lediglich ein paar tote Zweige, welche als Mikroständer herhalten. Die restliche Bühne ist in tiefschwarz gehüllt. Zum Auftakt verteilt sich Weihrauchduft in der Halle und unterstreicht zusätzlich ihre atmosphärischen Klänge. Auf sehr viel authentischer Herangehensweise hatten ENSIUM das anwesende Publikum im Griff und versetzten es in einen Dämmerzustand. Nicht schlecht, sich nach HERETOIR direkt eine zweite atmosphärische Ladung abzuholen. Die Jungs sollte man sich für zukünftige Live- Gigs vormerken.
KANONENFIEBER (Werk / 16:20 – 17:10 Uhr)
Mit KANONENFIEBER steht heute der zweite Liveact im Werk auf der Matte. Kaum vorstellbar, dass die melodische Black Death Kompanie mit ihrer World War I Thematik erst vor zwei Jahren in Metal Business aktiv eingestiegen ist. Trotz ihrer kontroversen Texte gibt der Erfolg ihnen recht und beschert der Band aus Bamberg heute den Ersatz-Slot für die ukrainischen Genrekollegen von 1914. Raus aus den Schützengräben vorbei an den Stacheldrähten und Sandsäcken und ran an die Bühnenfront. Natürliche Widerstände in Form von einsetzendem Schnee und simulierter Nebel symbolisierten dabei die aussichtslos brutalen Kriegsaktivitäten. Dass die inszenierten Songs auf Deutsch verfasst sind, ist für Kritiker der fünf uniformierten Bayern natürlich ein gewundenes Fressen. Ganz unbeeindruckt davon zeigt sich sich ‚Pickelhaube‘ Noise und seine Formation an diesem Nachmittag und liefert routiniert ihr melodisch behafteten „Grabenlieder“. Hier stimmt einfach das gebotene Gesamtpaket inklusive Sound und Licht.
SEAR BLISS (Halle / 17:15 – 18.05 Uhr)
Bei diesen wärmenden Außentemperaturen direkt in das herabziehende Dunkel einzutauchen bedarf es zu dem frühen Zeitpunkt auch nur wenige Schritte. Mit dem Auswahlluxus sich zwischen den Ungarn von SEAR BLISS und ERIDU aus der bayrischen Hauptstadt zu entscheiden, geht es qualitativ jeweils auf dem eigenen Fachgebiet intensiv ans Eingemachte. Eine Black Metal Live Performance mit dem Einsatz von Blechblasinstrumenten zu Gesicht zu bekommen, erhält man auch nicht alle Tage und so wurde diese Chance direkt beim Schopf gepackt, sich die Ungarn in der gut gefüllten Halle näher zu betrachten. Das die Band aus Szombathely im Westen ihres Landes in diesem Jahr ihre dreißigjähriges Jubiläum feiert, ist an dieser Stelle vorab eine nennenswerte Erwähnung wert. In der Halle jedenfalls war nicht großartig etwas von diesem runden Geburtstag zu merken. Schon sehr eigenwillig, wenn Posaunist Zoltán Pál nur sporadisch mit seinem Blasinstrument zum Zug kommt und ansonsten den überwiegenden Teil headbangend auf der Bühne umherspringt. Diese individuellen Schaffenspausen werden vom Rest der Band mit messerscharfen Riffs, donnernden Drums und lärmenden Gutturals kompensiert. Das es nicht jedermanns Sache ist, leere sich die Halle im Laufe des Setes doch merklich.
ERIDU (Club / 17:15 – 18:00 Uhr)
Die Lokalmatadore ERIDU bekamen parallel die große Chance mit ihrem melodisch behafteten Death Metal der finsteren Art an ihrem Bekanntheitsgrad zu schrauben. Dabei fanden die aufstrebenden Münchener neben ihrem „Lugalbanda“ Debüt auch ausreichend Performancezeit sich ihren neusten Werk „Enuma Elish“ zu widmen. Während der fünfzig Minuten spürte man oft, das die authentische Band nicht zum ersten Mal auf der Bühne gestanden hat. Denn bereits im letzten Jahr bescherten Auftritte beim Wacken Metal Battle Finale Deutschland und dem Inferno Metal Festival in Norwegen dem Quintett gesammelte Erfahrungspunkte. Die dreiviertel Stunde hat in ihrer komplexen orientalisch angehauchten Gangart viel von dem eindrucksvoll erfüllt, was auf der kleinen Bühnen zu erwarten war. Eine Band, welche mit einem unbändigen Willen zum Erfolg ausgestattet sind und von denen man in Zukunft noch viel Gutes hören wird!
SACRAMENTUM (Werk / 18:10 – 19:00 Uhr)
Die schwedischen Urgesteine SACRAMENTUM aus Göteborg sind zurzeit wieder schwer auf Tour. An diesem Osterwochenende legen die geschwärzte Todesbleifraktion einen Zwischenstopp in München ein, um ihre diabolische Visitenkarte abzugeben. Dabei zehrt das Quintett auch heute noch von ihrem Veröffentlichungsdreierpack, welches Ende des letzten Jahrhunderts der Hölle persönlich entrissen wurde. Achtzehn Jahre Bandpause sind eindeutig zuviel. Nach der erfolgreichen Reunion kurz vor der globalen Pandemie, wurde an diesem Spätnachmittag der ‚gehörnte‘ Bock umgestoßen. Mit dem Opener „Fog’s Kiss“ wurde eine energiegeladene Darbietung eingeläutet. Durch ständigem Positionswechseln und gleichzeitigen Animationsaufforderungen seitens der fünfköpfigen Leder und Nietenfront wurde jeder Raum der Bühne in Anspruch genommen. Nach ihrem Motto „Blood Shall Be Spilled“ tauchte Zeremonienmeister Nisse Karlén in die satanistische Ritenwelt ein. Ein mit Kunstblut gefüllter Kelch wird gereicht. Unter dem Einfluss von beschwörenden Formeln unterzog sich der Frontmann einer großflächigen Bodyschönheitskur im trendigen Rotton. Das dabei seine Lederhose auf halb acht gesessen hat, inklusive der Zurschaustellung seines Maurerdekolleté störte im Werk kaum jemanden. Die ausgewählte Setlist war spezifisch komplett auf das 96er Debüt „Far Away from the Sun“ ausgerichtet. Lang genug ist es auch her, das Songs wie „When Night Surrounds Me“ oder „The Vision And The Voice“ live vorgetragen worden sind. Mit ihrer enthusiastischen Hingabe wurde der gesteckte Zeitrahmen um einige Minuten eigenmächtig verlängert, was vom Publikum gebührend honoriert wurde. Mit dem ‚Outro / Darkness Falls for Me (Far Away from the Sun, Part 2)‘ war dann auch wieder viel zu schnell Schluss gewesen.
LUCIFER’S CHILD (Halle /19:05 – 19:55 Uhr)
Während die Schweden im Werk noch ihr angerichtetes Blutbad vollendeten, hatte sich die Fangemeinde bereits zwischen der Auswahl von modernem Black Metal aus Griechenland oder aufrührerischem Doom Metal von der grünen Insel entschieden. Das Gros der Fans zog es zu LUCIFER’S CHILD in die Halle, wo ein weiteres Mal ein mehr als reger Zuspruch zu verzeichnen war. Zugpferd für die gewählte Option dürfte in diesem Fall Gitarrist George Emmanuel (Ex-ROTTING CHRIST) dargestellt haben. Es bot sich ein ziemlich nüchternes Bühnenbild, bei dem die musikalische Triumphkarte in bestechender Form ausgespielt wurde. Ganz im Geiste der großen Landsleute ROTTING CHRIST, welche als Headliner später noch im Werk spielen sollten, servierten die vier okkulten Griechen eine breite Songauswahl aus ihrer zehnjährigen Bandhistorie. Etwas mehr erkennbare Abwechslung hätte der Show sicherlich gut zu Gesicht gestanden. Bei diese festgestellte Nuancenbasis war einfach unterm Strich der zu kurze Zeitfaktor ausschlaggebend, um die volle Blüte der Band zur Entfaltung kommen zu lassen. Wer auf diese bekannte melodiebehaftete Düsterheit rund um die Akropolis steht, wird sich während der knappen Stunde Bühnenpräsenz diabolisch gefreut haben.
DREAD SOVEREIGN (CLUB / 19:05 – 19:55 Uhr)
Wer sich zeitgleich für DREAD SOVEREIGN aus Irland entschieden hat, sollte im Club einen der wenigen schwarzen Farbklekse auf dem gesamten Festivalfahrplan live und in Farbe erleben. Für eine Band aus dem Untergangssektor ist ein kleiner Club Fluch und Segen zugleich. Ganz nach dem Motto ‚For Doom The Bell Tolls‘ wurde eine intime Stimmung für die nächste knappe Stunde eingeläutet. Was die düsteren Söhne Dublins um PRIMORDIAL– und TWILIGHT OF THE GODS-Fronter Alan Averill dabei vom geschwärzten Stapel gelassen haben, gleich eine bedächtigen Rockandacht. Als optische Aufheller standen aufgestellte Kerzenständer Spalier, die den drei Doomparten einen authentischen Rahmen geboten hatten. Die Stimmung während dieses Gigs ist naturgemäß festlich aufmerksam, was jedoch kein Gradmesser für die Begeisterung des anwesenden Publikums ist. Dank des rockigen BATHROY Cover „You Don’t Move Me (I Don’t Give a Fuck)“ bekam bereits runde Performance noch den benötigten Temposchub.
NAGLFAR (Werk / 20:00 – 20:50 Uhr)
Vom Papier her gehören NAGLFAR seit über dreißig Jahren zu den melodischen Black Metal Vertretern aus dem Drei-Kronen-Land. Bei diesem vorabendlichen Abriss hatte das Werk den wohl größten Zulauf und der Zuschauerbereich war bis auf den letzten Platz besetzt. Im Gegensatz zu dem vorherigen Auftritt der schwedischen Rabauken von SACRAMENTUM setzt das Quintett aus Umeå weniger auf großartige Showeffekte. Hier schlagen einzig und allein die höllisch rasenden Vibes zu Buche. Sehr schön zur Geltung kam der zentral hinter dem Schlagzeug platzierte riesige Banner, welcher als großes Bandlogo entworfen wurde. Bis zu dem jetzigen Zeitpunkt lief die qualitative Soundbelästigung im Werk auf einem sehr hohem Level. Für weniger Ohrensausen sorgten einige Soundabfälle im Laufe der fünfzigminütigen Auftritts. Allerdings litt die Spielfreude der fünf Schweden nicht da drunter. Satte neun Tracks hatten NAGLFAR parat. Mit „Vortex of Negativity“ und dem Titeltack des aktuellen Albums „Cerecloth“ schafften es lediglich nur zwei Songs in die Setlist. Diese wurde mit dem Klassikerdoppelpack „A Swarm Of Plagues“ und final „Harvest“ abgerundet. Die Fans feierten diesen leidenschaftlichen Auftritt mehr als gebührend.
MERRIMACK (Club / 20:55 – 21:45 Uhr)
Zum vorletzten Mal gab es die mittlerweile routinierte Entscheidungsfindung zwischen spirituell religiöser Unreinheit aus Schweden oder die Auseinandersetzung mit religiösen Lehren aus wissenschaftlicher Sicht. Made in France. Sowohl MEPHORASH als auch MERRIMACK zählen zu den gestandenen Bands in Black Metal Kreisen. Zum vorletzten Mal ging es in die beiden Location, wo sich das gewohnte Bild geboten hat. Während sich im Club eine mehr als überschaubare Anzahl an Schaulustigen zu den Klängen von MERRIMACK eingefunden hat. Ordentlich schneller Black Metal mit klassischen Oldschool Einschlägen wurde präsentiert. Mit einer Mischung aus altem und neuem Klangwerk machte die Truppe keine Gefangenen und spielte völlig unaufgeregt ihren Stiefel runter. Ein beständiger Auftritt der vier Franzosen an diesem Ostersonntag.
MEPHORASH (Halle / 20:55 – 21:45 Uhr)
Wesentlich ritueller gibt es nebenan in der Halle zu. Kein Wunder, dass sich die Fanbase um kurz vor einundzwanzig Uhr gegenseitig auf den Füßen stand, damit jeder genug vom anstehenden MEPHORASH Triumphzug zu Gesicht bekommt. Mit den aufgestellten Feuerquellen in Kombination mit mystischen Symbolen ähnelte der Bühnenaufbau in gewohnter Manier einer Sakristei. Traditionell sind die Mitglieder in beige Roben gehüllt und verbergen dabei ihre eigentlichen Gesichter unter alptraumhaften Masken. Beste Basics, um ihre Schwarzmetallische Messe zu lesen. Das die Location durch die ergriffene Passivität der zahlreichen Beobachter vor der Bühne genug klanglichen Spielraum eingeräumt hat, spielte die Band ihre unergründliche Faszinosum in Form ihrer Magietrumpf aus. Der Raum füllte sich mit vielschichtigen Klangintensitäten. Diese reichten von seichten Stimmungsschwankungen über angriffslustige Schwarzmalerei bis hin zu durchgetakteten Sinfonien, die einfach großartig geklungen haben. Zwar wurde kein „Kyrie eleison“ heruntergebetet, doch die ausgesendeten Gesangsbotschaften waren mehr, als eindringlich authentisch. Als musikalischer Background untermalten eingespielte Chöre die ohnehin schon mächtig wirkende Atmosphäre, während ausgewählte Orchesterelemente dem ganzen das Sahnehäubchen aufgesetzt haben. So schön mitreißend schön kann ein symphonisches Black Metal Spektakel klingen. Nicht umsonst haben unter anderem Bands wie BATUSHKA; CULT OF FIRE oder SCHAMMASCH sich neben den Schweden in der eigenen Sparte des Black Metal seit Jahren etabliert, denn diese Zurschaustellung ritueller Beschwörungen zieht die Massen an. Somit waren diese investierten fünfzig Minuten unter dem Strich von Erfolg gekrönt.
TRIUMPH OF DEATH (Werk / 21:50 – 23:05 Uhr)
HELLHAMMER sind unumstritten eine der einflussreichsten Bands, die Anfang der 80er die nachfolgenden Generationen im Extrem Metal bis heute geprägt hat. Zur gemeinsamen Huldigung des ‚Messiah‘ Tom Gabriel Warrior höchstpersönlich zusammen mit seiner eigenen Tributeband TRIUMPH OF DEATH gab es in der folgenden Stunde ab kurz vor zweiundzwanzig Uhr ausreichend Gelegenheiten. Das die eigentlich angesetzte Spielzeit von fünfundsiebzig Minuten aufgrund fehlendem Songmaterial um eine viertel Stunde kürzer als angekündigt ausfiel, hinterließ schon einen faden Beigeschmack. „The Third of the Storms (Evoked Damnation)“ brach direkt zu Beginn das Eis und ab dem Zeitpunkt gab es kein Halten mehr. Der Pulk in der Halle reckte die Fäuste wild in die Luft und neben etlichen headbangenden Maniacs entwickelte sich direkt vor der Bühne ein wildes Durcheinander. Sämtliche Klassiker, was mit „Massacra“ begann und dem gleichnamigen „Triumph of Death“ sein viel zu schnelles Ende fand, wurden mit einer Wucht durch die Boxen gejagt, das es einer leibhaftigen Extase gleichgekommen ist. Bei den ständigen Positionswechseln auf der Bühne ist es kaum vorstellbar, das das präsentierte Material bereits vierzig Jahre auf dem Buckel hat und zum Teil älter ist, als so mancher Festivalbesucher selbst. Qualitativ gab es den herrlich räudigen Sound mit einer wuchtigen Kante versehen ungefiltert auf die Ohren. Der allgemeine Tenor unter den verschwitzen Fans im Anschluss deckte sich einhellig mit der Meinung, das dieser vorletzte Act in der Halle eine glatte Vollbedienung in Sachen Totalabriss gewesen ist.
MISþYRMING (Halle / 23:10 – 00:00 Uhr) – IMPERIAL TRIUMPHANT (Club / 23:10 – 00:00 Uhr)
So schön ein Festivalfeeling auch ist, die Zeit neigt sich an diesem zweiten Tag hart und unerbittlich dem Ende zu. Zum letzten Mal zieht es einen in das Nebengebäude auf dem Gelände des Backstages. In der mittleren Location vermittelten MISÞYRMING ihr eiskalte Variante des Black Metal. Nach dem wuchtigen Instrumentaleinstieg „Hælið“ war dann nach zweieinhalb Minuten auch Schluss mit Lustig. In formierter Eintracht wurde neun Runden lang gnadenlos drauf losgeprügelt. Ihre beschmierten weißen Hemden und die Packung Dreck im Gesicht verliehen der Optik dabei den passenden Rahmen. Nachdem man bei den vorangegangenen Bands mit reichlich Atmosphäre bedacht worden ist, kommt hier im Umkehrmodus die harsche Barbarei ohne großartigen Firlefanz zum Zug. Sozusagen gradliniger Black Metal bis der Arzt kommt. Nachdem das finale „Ísland, steingelda krummaskuð“ ausgeklungen war und der letzte Fan die Halle verlassen hatte, schlossen sich im Anschluss hier die Pforten. Da man sich voll und ganz auf die isländische Misshandlung konzentriert hatte, kam ein letzter zeitgleicher Besuch zum Auftritt der New Yorker Avant-Gardisten von IMPERIAL TRIUMPHANT im Club nicht mehr in Betracht.
ROTTING CHRIST (Werk / 00:05 – 01:10 Uhr)
Um kurz nach Mitternacht wurde im Werk die letzte Show des diesjährigen Dark Easter Metal Meeting eingeläutet. Niemand geringeres, als die mächtigen ROTTING CHRIST hatten ihr Kommen angekündigt und enterten dann um kurz nach Mitternacht den Schauplatz. Mit der instrumentalen Einleitung ‚666‘ wurde der überdimensional wirkende ‚Promo 1995‘ Banner (2013) durch Spotlights in grünes Licht getaucht. „Are you ready“ Oft gewählte Animationswörter, die zu Beginn dieser Show die motivierte Einstellung der vier Griechen zu Beginn direkt offenbarten. ROTTING CHRIST hatte Bock – das Publikum auch! So bildete sich eine dynamische Achse, bei der etliche Matten vor der Bühne kreisten und besonders bei den melodisch gehaltenen Abschnitten sich ein Meer aus gereckten Fäusten bildete, die im Takt mitgingen. Nach zwei Tagen extremer Dauerbeschallung eigentlich immer wieder ein Wunder, wenn die schwarze Masse zu diesem späten Zeitpunkt noch ordentlich in Wallung kommt. Nicht unwesentlich haben die bestens aufeinander abgestimmten Sound- und Lichtverhältnisse dazu beigetragen, einen perfekten Schlussstrich unter ein rauschendes Livespektakel zu ziehen. Wie auch auf dem aktuellen Album „The Heretics“ (2019) setzt das anmutige „The Raven“ den gleichzeitigen Finalakkord einer mitreißend wuchtigen Darbietung. Nicht umsonst haben ROTTING CHRIST ein weiteres Mal eindrucksvoll unter Beweis gestellt, warum sie im ganz großen Stil ein weiteres Mal zu einhundert Prozent auf allen Ebenen abgeliefert haben. Hätte der ‚Dornenkrosenmessiah‘ vor über 2000 Jahren gewusst, welche Stellenwert sein Name und sein ausgeübter Glaube spezifisch auf diesem großartigen Festival eingenommen hat; er hätte sich sicher von allein ans Kreuz genagelt!