Die Denkweise des Menschen steht im zentralen Fokus der Neuropsychologie, die sich insbesondere mit dem menschlichen Gehirn, seinen einzelnen Arealen und deren Mitwirken beim menschlichen Verhalten beschäftigt. Fakt ist, dass unsere Denkweise unsere Fähigkeiten zur Problemlösung maßgeblich prägt. Unser Universum hat offenbar vier Dimensionen: drei räumliche und eine zeitliche. Doch Mathematiker und Physiker erforschen schon seit langem die Eigenschaften abstrakter Räume mit beliebig vielen Dimensionen. Die vier bekannten Raum-Zeit-Dimensionen unseres Universums sind sehr riesig. Seit zehn Jahren schreibt die internationale Formation MESMUR an ihrer Magisterarbeit. Neben dem selbstbetitelten Debüt (2014), „S“ (2017) und „Terrene“ (2019) ist das Quartett nun bei ihrem vierten Teil „Chthonic“ angekommen.
In der griechischen Mythologie bedeutet der Albumtitel so viel wie einen Zusammenhang mit der Unterwelt oder den chthonischen Göttern, Ritualen oder Kulten zu schaffen. Dieser mystischen Thematik zusätzlich die nötige Schwere und Tiefe zu verpassen und wie eine überdimensionale Oper zu klingen, dazu gehört schon ein gewisses Maß an struktureller Kleinstarbeit. Dabei einen eleganten Schliff in die düstere Materie zu bekommen und gleichzeitig nicht einschläfernd zu wirken ist im Funeral Doom an sich schon eine große Herausforderung unter der Berücksichtigung der reduzierten Dynamik der Rhythmen und das tragende Riffing. Eine Herkulesaufgabe, die MESMUR mit der atmosphärischen Triebfeder direkt aus der Unterwelt gepflegt unter einen Hut gebracht hatte.
Die zu vernehmenden detaillierte Klanglandschaft baut ein dermaßen druckvolles Szenario auf, dass mit der farblichen Abstufung von Grau bis in das tiefste Schwarz reicht. Ständig hängt eine faszinierende Bedrohlichkeit in der Luft, die jedoch zu keinem Zeitpunkt greifbar ist. Unabhängig davon bleibt die ausgewogene Balance im Gleichgewicht und verleiht dem Sound eine mehr als angenehme Authentizität. In einem Genre wo beständige Härte an der Tagesordnung steht und am Ende die totale Vernichtung ins Haus steht, sendet MESMUR ein weiteres ergreifendes Signal durch den Kosmos. Wer sich unabhängig von den spacigen Klängen noch musikalisch verprügeln lassen will, der braucht sich nur in die Intensivbehandlung von Frontmann Chris G. (ORPHANS OF DUSK; Ex-INTORMENT BLACK) begeben und sich die dominanten Schlagzeughieben von John Devos (DALLA NEBBIA, COMATOSE VIGIL A.K., BLOOD ATONEMENT) aussetzen. Sie bilden das herabziehende Gegengewicht in diesem schwerenlosen Kosmos.