Das in Hamburg ein harter Wind durch die Straßen fegt liegt in erster Linie an der wetterbedingten atmosphärischen Zirkulation. Das es auch musikalisch Hart am Wind in der Hansestadt an der Elbe zugehen kann ließ die Vorabsingle „Void“ von MOOR im Februar dieses Jahres erahnen. Symbolisch gesehen ist Katharsis durch Schmerz eine abgedroschene Floskel. Für das Post Doom Quintetts hingegen erhält diese derbe Redewendung eine ganz eigene tiefgreifende Bedeutung. Bassist Christian Smukal ist durch ein Krebsleiden im letzten Jahr viel zu früh gestorben. Ein endgültiger und schmerzlicher Abschied, welcher als Türöffner zur negativen Gefühlswelt fungiert. Neben Schuldgefühlen, einem schlechten Gewissen und Selbstvorwürfen resultieren oft Wut und Zorn bei den Hinterbliebenen. Wenn Musiker sterben, kommt es oft vor, dass aus Respekt sämtliche Bandaktivitäten für immer auf Eis gelegt werden. MOOR hingegen haben sich bewusst gegen diesen Schritt entschieden und ihr Debüt „Heavy Heart“ zu Ehren von Smukal veröffentlicht.
Ganz bewusst sind in den sieben Kapiteln die angestauten Aggressionen massiv gebündelt und fachmännisch kanalisiert worden. Dabei ist das entstandene Ergebnis schon als eigenwillige Schwerfälligkeit zu bezeichnen. Das Gitarrentrio setzt in ihrer Herangehensweise auf hoch geschätzte Spielarten, die in der feinfühligen Ausführung fließende Wirkungstreffer landen. Dabei bildet der spannungsaufbauende Instrumentaltrack „Void“ nicht nur das Herzstück dieses Debüts, sondern lässt einen in dem ansonsten ausladend zähen Doom Sludgebrocken aufhorchen. Inhaltlich kommen weder irgendwelche Doom-Kiffer-Storys noch Standard-0815-Metal-Satanszeugs zum Zug. MOOR konzentrieren sich eher auf Geschichtenerzählungen sowie dabei in emotionelle Untiefen abzutauchen und das Leben als wunderschön grausames Experiment zu küren. Da die niederprasselnde Bedrohung weder altherkömmlich bewährt noch gegenwartsnah hip klingt fließen die vierzig Minuten in einem zeitlosen Untergangsstrom durch die musikalische Geschichte.