Eine Woche vor dem Party.San Metal Open Air säuft eines der größten Metal Festivals auf diesem Planeten komplett unter den Regenmassen ab. Wacken meldet „Land unter“, und zwar in einem enormen Ausmaß. Fans müssen trotz gültigem Ticket umkehren, Park- und Campingflächen sind komplett gesperrt und es kursieren ernsthafte Meldungen das der ganze Bums in Norddeutschland abgesagt wird.
Passiert natürlich nicht, aber ich erwische mich schon dabei wie ich immer wieder die Wetterlage im gut 400 Kilometer entfernten Schlotheim überprüfe. Das Wetter ist hier etwas stabiler, aber vor allem sind es die Gegebenheiten vor Ort die einen positiver auf dieses Wochenende blicken lassen: die Zuwege sind asphaltiert, ebenso der große Bereich vor der Bühne, und es sind natürlich auch weit weniger Zuschauer vor Ort. Und da wir dieses Jahr es geschafft haben in einer Ferienwohnung unterzukommen, brauch man sich auch keine Gedanken über Zelte oder ähnliches zu machen. Ich bin ja ehrlich, aber im Matsch zu zelten ist einfach nicht mehr mein Ding.
So checken wir bei unserem äußerst netten Gastgeber und seiner Gattin ein, erledigen noch ein paar Einkäufe vor Ort und im Anschluss machen wir uns auf den Weg zum Festival Gelände.
Wie es bei mir ja schon Tradition ist verpasse ich wie immer die ersten Bands des Donnerstages. Das wären MENTOR, ORBIT CULTURE und ANGELUS APATRIDA.
DONNERSTAG
GATECREEPER
Die Amerikaner aus Phoenix sind schon lange keine Unbekannten mehr und so findet sich bereits eine beachtliche Masse an Menschen vor der Bühne ein. Der Death Metal von GATECREEPER kommt mit tödlicher Präzision aus den Boxen, allerdings fehlt das gewisse Extra am heutigen Tage, und das Quintett zockt mir persönlich ein wenig zu routiniert den Set runter. Schaut man auf die nächsten Tage mag das aber irgendwo auch seine Gründe haben: England, Tschechien, Belgien, vier Mal Deutschland, Italien, Frankreich, Niederlande und das alles ohne einen Tag Pause. Respekt, die Herren. Und mit Songs wie „Punctured Wounds“, „Desperation“ und „From The Ashes“ kann man eh nicht soviel falsch machen.
Gatecreeper
ARCHSPIRE
Was zur Hölle ist das denn bitte? Obwohl mir viele Bands auf dem Party.San Billing bekannt sind, befinden sich aber auch immer wieder Namen darunter die mir bis dato unbekannt sind. Und in der Regel höre ich mir vorab nichts von diesen mir unbekannten Bands an um unvoreingenommen mir den Auftritt anzuschauen. Was die Kanadier hier vom Stapel lassen habe ich auch noch nicht erlebt: technisch brutalster Death Metal, der immer wieder mit Grindcore verschmilzt, und dazu eine Art Sprechgesang von Frontmann Oliver Rae Aleron mit der Geschwindigkeit eines Maschinengewehrs. Wahnsinn!
Ähnlich wie mir scheint es aber auch vielen Zuschauern zu gehen, denn so richtig weiß keiner wie er mit dem jazzigen Geknüppel umgehen soll. Das alles nicht bierernst gemeint ist unterstreicht der Frotnmann in seinen Ansagen (in denen die einzelnen Bandmitglieder erstmal durchbeleidigt werden) und mit seinem Dolly Parton T-Shirt. ARCHSPIRE sind nicht für alle Ohren bestimmt, aber ich ziehe meinen Hut vor diesem technischen Können.
ARCHSPIRE
DESTRÖYER 666
Das Frontmann K.K. Warslut in der Vergangenheit des öfteren schon arg grenzwertige, bzw. auch handfest rassistische Äußerungen von sich gegeben hat macht ihn nicht wirklich zu einem Sympathieträger. Obendrauf konnte ich mit der Mucke von DESTRÖYER 666 noch nie richtig was anfangen. So finde ich es auch gar nich so schlimm, dass das Quartett mit Verzug beginnt und allerlei Soundprobleme hat.
Der Auftritt heute ist dann doch etwas Besonderes, denn im Gegensatz wie zu fast alle anderen Bands sind DESTRÖYER 666 nur für dieses Konzert aufgebrochen. Es stehen keinerlei Veranstaltungen in den nächsten Tage an oder haben kürzlich bereits stattgefunden. So gibt es einen bunten Querschnitt durch fast alle Veröffentlichungen und die Fans im Publikum sind zufrieden.
DESTRÖYER 666
TRIBULATION auf der Hauptbühne schenke ich mir zwecks Nahrungsaufnahme und zahlreicher Gespräche. Auch das Zelt mit der zweiten Bühne habe ich bisher links liegen gelassen. Damit habe ich dort am heutigen Tag JADE, SUBORBITAL, HELSLAVE und BALMOG verpasst.
Im späteren Verlauf werde ich auch bei GRAVEYRAD und POSTMORTEM mit Abwesenheit glänzen. Schande über mich, ich weiß, aber als Einzelkämpfer ist manchmal eben nicht alles drin.
Mein einziger Besuch im Zelt gebührt MORBIFIC.
MORBIFIC
Das Trio aus Finnland konnte ich bisher nie live sehen, aber das hat nun ein Ende. Die Band ist erst seit vier Jahren aktiv, die beiden Scheiben „Omnious Seep Of Putridity“ und „Squirm Beyond The Mortal Realm“ haben die Szene aufhorchen lassen. 30 Minuten lang gibt es Death Metal der alten und recht primitiven Schule auf die Ohren. Letzteres ist gar nicht so negativ gemeint wie es sich im ersten Moment anhört. Denn MORBIFIC sind sehr gradlinig und bringen ihr Stücke auf den Punkt ohne viel Firlefanz. An der Bühnenpräsentation sollten die Jungs noch etwas feilen (Sonnenbrille im dunklen Zelt und der allgemeine Bewegungsradius), aber ich prophezeie der Truppe eine positive Zukunft.
MORBIFIC
NILE
Auch für die Amerikaner von NILE ist es nur ein sehr kurzer europäischer Festival Sommer. Heute hier und am nächsten Tag beim Brutal Assault in Tschechien, das war es dann auch schon. Der rein musikalische Aufenthalt wird dann immer kürzer, da es anscheinend mehrere technische Probleme gibt und sich somit der Start des Konzerts um mehr als 15 Minuten verzögert. Ärgerlich für die Die Hard Fans, für mich persönlich ist das ganz okay. Der technisch anspruchsvolle aber auch sehr brutale Death Metal eignet sich für Live Aktivitäten meiner Meinung nach nur bedingt. Sicherlich kann man auch dazu headbangen, aber es ist eher etwas zum Genießen und weniger der Stoff aus dem gute Circle Pits entstehen.
So knüppeln NILE ihren Set ohne viel Geschwafel dann auch zügig runter und kommen immerhin noch auf sieben Songs, wenn ich mich nicht verzählt habe. Und wenn ich die Reaktionen der Fans richtig deute, hätte sich viele mehr gewünscht.
NILE
DEICIDE
Die Wetten stehen diesmal fifty-fifty, ob DEICIDE es denn heute schaffen rechtzeitig vor Ort zu sein. Aber schon am Nachmittag sieht man einen gut gelaunten Glen Benton durch den Backstage Bereich schlendern und der Rest der Truppe scheint auch da zu sein. Prima Vorraussetzungen für einen guten Auftritt?
Allerdings! Zunächst gibt es „Legion“ in kompletter Länge, da die Scheibe 30. Geburtstag feiert. Da gibt es schon ein paar amtliche Bretter wie „Dead But Dreaming“ oder „Repent To Die“.
Danach gibt es noch ein schönes Best of, in dem ich persönlich „Suicide Sacrifice“ doch schwer vermisse. Immerhin gibt es „Dead By Dawn“. Glen ist ansonsten sehr wortkarg und schraubt die Kommunikation mit dem Publikum auf ein absolutes Minimum. Ist aber auch nicht wirklich tragisch, denn DEICIDE ballern die Stücke mit einem hohen Maß an Perfektion in die Menge. Schon jetzt ein erster Höhepunkt.
DEICIDE
OBITUARY
Haben die einen Kollegen aus Tampa, Florida (DEICIDE) schonmal die Messlatte sehr hoch angesetzt, kommt nun der Headliner aus Gibsonton (ebenfalls Florida) um den Ganzen noch eins draufzusetzen.
Und ja, das machen sie spielend! Mit hoher Spielfreude werden Granaten wie „Visions In My Head“,“ Barely Alive“ und „Find The Arise“ ins Publikum gefeuert. Dieses nimmt es dankend an und es sind wirklich alle in Bewegung die sich da zwischen Mischerturm (dem sogenannten „FOH“ = Front Of House) und Bühnenabsperrung drängeln. Hier stimmt wirklich alles: der Sound ist brachial und glasklar, die Band hat Bock und das Publikum ist ein dankbarer Abnehmer.
Vor dem ersten Abtreten gibt es mit „Chopped In Half/Turned Inside Out“ einen echten Gassenhauer der für viel Jubelstürme sorgt. Dann das übliche Spiel: Band geht von der Bühne und tut so als würde sie nach Hause gehen, aber zur großen Überraschung kommen sie dann doch nochmal wieder für zwei bis drei Songs. Und die haben es nochmal richtig in sich. „War“ und „Dying Of Everything“ sind der Vorgeschmack, bevor es mit „I’m In Pain“ und „Slowly We Rot“ die volle Dröhnung gibt.
Ein würdiger Headliner und ganz klar die Band des Tages!
OBITUARY
Somit geht der erste Tag zu Ende, an dem ist so gut wie nichts zu mäkeln gibt. Das Wetter ist stabil, die Unterkunft vorzüglich und nach erholsamen Schlaf und einem stärkenden Frühstück geht es wieder zurück zum Festival Gelände.
FREITAG
BRUTAL SPHINCTER
Es ist Freitag mittag, Grindcore Zeit! Eine gute und alte Tradition will es, dass der Freitag offiziell mit einer (Party) Grindcore Kapelle eröffnet wird. Heute sind das BRUTAL SPHINCTER aus Belgien, und das Publikum ist nicht nur äußerst zahlreich erschienen, man hat sich auch entsprechend in Schale geworfen. Was bei einigen anderen Festivals mittlerweile den ganzen Tag über zu beobachten ist (Gäste in „witzigen“ aber hauptsächlich auffallenden Kostümen, die mich einfach nur nerven!), gibt es beim Party.San einmal konzentriert am Freitag mittag. Und dann war es das auch. Alle halten sich daran, alle wissen das, und so ist die Nummer sehr spaßig. Neben Super Mario läuft ein Einhorn, daneben werden Klo Bürsten und 2 Stangen Lauch in die Höhe gereckt. Großartig.
Musikalisch bewegen sich die Belgier mit ihren beiden Schreihälsen irgendwo zwischen Grindcore und Brutal Death Metal, sie schaffen es aber bei all dem Geknüppel erstaunlich groovy zu klingen. Nicht schlecht! Der Partyfaktor wirkt und die gut 30 Minuten sind extrem kurzweilig. In diesem Sinne: Make Goregrind great again!
BRUTAL SPHINCTER
BE’LAKOR
Die Australier haben sicherlich die weiteste Anreise, machen aber drei Wochen im August diverse Festival Auftritte und einige Konzerte, so dass die gesamte Nummer sich wohl lohnen wird. Die Band veröffentliche 2021 ein neues Album, dass aus bekannten Gründen (Corona…) kaum live präsentiert werden konnte. Erstaunlicherweise spielen sie aber nur den Song „Valence“ von dieser Scheibe (falls ich mich irren sollte, Beschwerde emails gern direkt zu meinen Händen!). Ansonsten gibt es Klassiker wie „Venator“ und „Countless Skies“. Die Sonne brennt und es gibt wohl bessere Umstände für melancholischen Melodic Death Metal als 30 Grad im Schatten. Aber das Publikum ist sehr zahlreich vor der Bühne und feiert die Lieder ab. Dieser Tag beginnt zwar sehr kontrastreich, aber auch verdammt stark!
BE'LAKOR
ENDSEEKER
Die Hamburger ENDSEEKER haben es in den letzten Jahren geschafft, sich kontinuierlich nach oben zu arbeiten. Somit ist es auch völlig legitim, dass das Quintett um den charismatischen Frontmann Lenny auf der Hauptbühne auftritt, und nicht wie beim letzten Mal im Zelt auf die Bretter steigen darf. Die Band tritt mächtig Arsch, ist eingespielt und kommt mit dem vielen Raum ohne Probleme zu Recht. Das kann ja auch manchmal ein Hemmnis sein, wenn man ansonsten nur kleine Club Bühnen bespielt, und plötzlich die Bandmitglieder 20 Meter weit weg stehen.
ENDSEEKER spielen Klassiker wie „Possessed By The Flame“ oder Songs vom aktuellem Album „Mount Carcass“. Dazu kommen ebenfalls zwei Stücke vom neuen Album, dass im Oktober diesen Jahres veröffentlicht wird. Und die klingen richtig stark……
Der Besucherandrang ist nach wie vor groß zu dieser noch recht frühen Stunde, aber es beweist nunmal wie stark der Death Metal von ENDSEEKER ist.
ENDSEEKER
YOTH IRIA
Die Griechen von YOTH IRIA sind mir relativ unbekannt, ich weiß lediglich dass es die Band erst seit vier Jahren gibt und irgendeiner spielte mal bei ROTTING CHRIST. Dass die Kapelle es nicht so ganz bierernst meint wird nach wenigen Minuten klar. Frontmann „Merkaal“ geht gleich auf Tuchfühlung mit den ersten Reihen, sowas kenne ich in erster Linie von Hardcore Konzerten. Aber auch im weiteren Verlauf hat der Mann eine Menge Spaß in den Backen, so versucht er mittels Rempeleien seinen Gitarristen aus der Fassung zu bringen und zerschreddert sein Mikro bei einigen gewagten Bodenturnübungen.
Das Ganze steht krass im Gegensatz zur gespielten Mucke, der Black Metal kommt gern auch mal sehr walzend daher. Ich persönlich mag das aber, und kritische Stimmen á la „was hat das mit Black Metal zu tun“ finde ich reichlich albern. Ein sehr unterhaltsamer Auftritt, der YOTH IRIA sicherlich mehr Freunde als Feinde beschert hat.
YOTH IRIA
KANONENFIEBER
KANONENFIEBER sind derzeit in aller Munde. Es gibt in meiner „Bubble“ zumindest niemand, der nicht kürzlich bei einem Konzert war oder die Band für sich soeben entdeckt hat. Für mich ist es das erste Aufeinandertreffen mit dem Ein Mann Projekt aus Bamberg, der sich für diesen Auftritt natürlich Musiker rangerudert hat. Die Bühne ist eindrucksvoll dekoriert, viele Sandsäcke und Stacheldraht verdeutlichen noch einmal, wobei es bei KANONENFIEBER geht. Auf sonstiges Brimborium wird verzichtet, Ansagen oder ähnliches gibt es keine. KANONENFIEBER lassen die Musik für sich sprechen und das funktioniert sehr gut. Die Mischung aus Black & Death Metal gepaart mit der Thematik des ersten Weltkrieges funktioniert tadellos und lässt so den Auftritt in einem sehr starken Licht erstrahlen.
KANONENFIEBER
Ich wechsel die Location und geh ins Zelt, wo ich bisher SPIRIT POSSESSION, HORNS OF DAMNATION und BLACK CURSE verpasst habe. Dazu gesellt sich das Gerücht, dass MANTAR den heutigen Auftritt aus Krankheitsgründen kurzfristig absagen müssen. Und dieses Gerücht wird nach kurzer Zeit bestätigt. In der kurzen Zeit lässt sich selbstverständlich kein Ersatz besorgen. Nutznießer in diesem Fall sind GRAVE MIASMA, deren Auftritt vom Zelt auf die große Bühne verlegt wird.
VIRCOLAC
Die Iren von VIRCOLAC sind nicht gerade das, was man als „auftrittsfreudig“ bezeichnen würde. Oder die Konzerte sind so geheim, dass sie nirgendwo verzeichnet werden. Wer mehr weiß, kann sich gerne bei mir melden.
Aufgrund dieser Tatsache, und meiner rudimentären Erinnerung, dass das Quintett aus Dublin recht räudigen Death Metal zockt, wird das Zelt von mir angesteuert, wo der Auftritt auch umgehend beginnt. Mit dem „räudig“ liege ich aber ein Stück weit daneben. Zwar wird auch mal das Gaspedal durchgedrückt, es überwiegen aber eher doomige Abschnitte. Ähnlich wie der große Bruder PRIMORDIAL lassen VIRCOLAC auch immer wieder ihre eigene Folklore mit in die Stück fließen. Das macht das Ganze recht unterhaltsam, und auch das vorhandene Publikum feiert die Band ordentlich ab.
VIRCOLAC
URGEHAL
Nachdem eher ironischen Black Metal Auftritt von YOTH IRIA regiert nun bitterer Ernst. URGEHAL aus Norwegen machen mit der Ansage „This Is Satanic Black Metal!“ von Anfang an klar was hier Phase ist. Auf dem Backdrop ist der verstorbene Drummer Trond Nefas zu sehen, der einen tiefen Krater in das Bandgefüge gerissen hat. Ob es mit der Band weiter geht ist irgendwie ungewiss, es gibt zumindest mir keine bekannten Details ob wieder an einem neuen Album geschraubt wird oder nicht.
Wer seinen Black Metal tiefschwarz und sehr roh mag ist bei URGEHAL genau richtig. Mir ist das zuweilen ein wenig zu stumpf wie die Songs durchgeknüppelt werden. Vielleicht liegt das aber auch noch an dem recht üppigen Sonnenschein, der für die Atmosphäre nicht wirklich dienlich ist.
Die True Black Metal Fraktion ist allerdings happy, da aufgrund der ungewissen Zukunft diese Möglichkeit genutzt wurde, die Band noch einmal live zu sehen.
URGEHAL
ILLDISPOSED
Kontrastreich geht es weiter. Nach Corpsepaint und Nieten-Gesichtsbändern gibt es nun Hawaii Hemden und groovigen Death Metal. Frontmann Bo Summer betont als allererstes dass er nüchtern ist. Anscheinend git es da einen Zusammenhang der mir nicht geläufig ist. Es gibt auch im weiteren Verlauf immer wieder krude oder auch witzige Ansagen, was den Unterhaltungswert des Auftritts von ILLDISPOSED enorm steigert. Da ich auch nicht mit dem kompletten Backkatalog der Dänen vertraut bin schaue ich dem Treiben vor und auf der Bühne aus sicherer Entfernung zu. Attestieren kann ich der Band, dass sie die 45 Minuten vorzüglich nutzt.
ILLDISPOSED
Es geht für mich weiter in Richtung Zeltbühne, wo ich zwischenzeitlich DROWNED verpasst habe, und im späteren Verlauf des Abends auch SIJJIN verpassen werden. Nicht verpassen wollte ich CONCRETE WINDS, die mir wärmstens empfohlen wurden.
CONCRETE WINDS
Dem Duo aus Helsinki (auf der Bühne hilft ein Gitarrist aus) eilt der Ruf voraus, in Sachen grindigen Death Metal das neue Nonplusultra zu sein. Erst zwei Alben hat die Band veröffentlicht, da wird so ein Ruf ja nicht nur aus der hohle Hand kommen.
Dem kann ich aber leider nicht zustimmen, denn das Ganze grenzt schon fast an diesen unsäglichen „War Metal“ der für mich einfach nur noch Chaos und Lärm ist. Viel zu selten blitzt da mal die technische Finesse auf, die die Musiker durchaus besitzen. Man verweigert sich zum größten Teil jeglichen Konventionen in Sachen Songstrukturen oder der generellen Abfolge von Noten. Das ist mir viel zu anstrengend und auch das Publikum verlässt so nach und nach das Zelt.
CONCRETE WINDS
MIDNIGHT
Zurück zur Hauptbühne, wo es bekannten Wahnsinn zu sehe gibt. MIDNIGHT sind mal wieder am Start und lassen ihren Mix aus Black und Speed Metal vom Stapel. Auch wenn ich die Band, gerade musikalisch, für überbewertet halte, so sind die Auftritte schwer unterhaltsam: die Songs werden mit Punk Attitüde ins Publikum gerotzt und die beiden Kollegen mit ihren Henkerskapuzen sind ständig in Bewegung. Das die beiden auch nicht alles bierernst nehmen beweist die Ansage, das Publikum möchte doch bitte seine Pfandbecher auf die Bühne werfen. Schließlich müssen die Rückflüge ja auch bezahlt werden, haha.
So gibt es bekannte Klassiker wie „All Hail Hell“, „Satanik Royalty“ oder „You Can’t Stop Steel“. MIDNIGHT liefern wie gewohnt ab.
MIDNIGHT
DECAPITATED schenke ich mir in diesem Jahr, es wollen soziale Kontakte gepflegt werden und irgendwann will ich ja auch mal ein Bierchen genießen.
GRAVE MIASMA
Ob man den Engländern von GRAVE MIASMA einen Gefallen getan hat, den Slot von MANTAR zu übernehmen? Ich wage es zu bezweifeln. Der Sound ist eine Katastrophe, und wird erst zum Ende hin einigermaßen vernünftig. Weiterhin ist die Bühne permanent in rotes Licht gehüllt, was GRAVE MIASMA vorübergehend den Titel im Bereich „Beschissenste Bedingungen Für Fotografen“ beschert. Ferner werde ich auch das Gefühl nicht los, dass die Truppe nichts mit dem ganzen Raum anzufangen weiß.
Und auch das Publikum zieht immer mehr ab, was von der Bühne aus natürlich wesentlich besser zu sehen ist als der Raum im Zelt. Da rettet auch der massive Einsatz von Pyrotechnik nichts. Für GRAVE MIASMA ist es sicherlich eine tolle Gelegenheit gewesen, mehr Fans als vorher werden Sie aber wohl nicht verzeichnen können.
GRAVE MIASMA
DYING FETUS
Das Trio aus Baltimore hat für das Party.San schon eine Dauerkarte, so oft und regelmäßig sind DYING FETUS zu Gast. Aber die Band ist eine absolute Bank wenn es um brachialen Death Metal geht der die Menge zum Ausrasten bringt. Der erste Song ist noch nicht mal halb rum da bildet sich schon ein amtlicher Moshpit im Publikum. Die gute Laune hält aber bereits mit dem Intro „The Boys Are Back In Town“ von THIN LIZZY Einzug.
DYING FETUS spielen einen abwechslungsreichen Best-Of Set, geben allerdings auch schon zwei Stücke vom im September erscheinenden neuen Album „Make Them Beg For Death“ zum Besten. Und auch die haben es in sich!
„Grotesque Impalement“ oder „From Womb To Waste“ sind nur zwei der absoluten Brecher die hier zelebriert werden. Wie am Vorabend hat auch heute der Co-Headliner die Messlatte sehr hoch angelegt. Und wer als Outro „Celebration“ von KOOL & THE GANG spielen lässt, und die Masse locker mitsingt, der hat verdammt viel richtig gemacht.
DYING FETUS
HYPOCRISY
Die Schweden um Peter Tägtgren werden ihrem Headliner Status am heutigen Abend leider nicht gerecht. Der Rahmen stimmt soweit. Der Bühnenaufbau, die Lightshow, der Platz vor der Bühne ist gerammelt voll. Allein die Band weiß leider nicht zu überzeugen, viel zu routiniert. Obendrein ist der Sound in der ersten viertel Stunde ausbaufähig. Der Gesang ist zu leise und der Rest versinkt beizeiten im Matsch. Da hilft auch wenig, dass HYPOCRISY fast von jeder veröffentlichten Scheibe mindestens einen Song spielen.
Erst nach circa 40 Minuten dreht sich das Spiel und die Band bekommt die Kurve. Die Reserviertheit wird abgelegt und die gezeigte Spiefreude übertägt sich auf das Publikum. Und so werden „Fire In The Sky“ und natürlich „Roswell 47“ gebührend gefeiert.
Ein enorm abwechslungsreicher Tag geht zu Ende.
HYPOCRISY
SAMSTAG
Die beiden bisherigen Tage fordern ihren Tribut, und so fällt der Schlafbedarf etwas länger aus als geplant. Auch nutze ich die Mittagsstunden dafür um die zahlreichen Händler Stände zu besuchen. Leider findet sich immer noch Merch und Tonträger von eindeutig rechten Bands, wenn man nur lang genug danach sucht.
Ein anderer Vorfall an diesem Wochenende: durch Zufall sehe ich auf dem Infield zwischen Zelt- und Hauptbühne einen Mann mit einem eindeutig rechtsradikalen T-Shirt (kein Band Shirt!). Ich melde mich bei der Security im Zelt, die mich aber an die Hauptstelle der Security verweisen. Dort melde ich mich dann auch umgehend, und meine Beobachtung wird zur Kenntnis genommen. Eine direkte Aktion findet nicht statt, außer dass mir zugesichert wird, dass das Security Personal grundsätzlich vor dem Festival entsprechend geschult wird, solche „Leute“ direkt anzusprechen.
Mehr kann man wohl nicht machen.
Da ich weder das Shirt noch den Typen wieder sehe hoffe ich mal, dass ich nicht der Einzige war, der auf diesen Vollidioten aufmerksam geworden bin, und er deshalb des Geländes verwiesen wurde. Wir als Metal Community sollten da mit gutem Beispiel voran gehen.
Zurück zum musikalischen Festival. Für den Anfang verpasse ich auf der Hauptbühne ATOMWINTER und FROZEN SOUL.
SPECTRAL WOUND
Black Metal aus Kanada gilt in der Musik Szene schon lange als ein qualitativ sehr hochwertig. Und so lieferten SPECTRAL WOUND auch in den vergangenen Jahren regelmäßig starke Scheiben ab. Kann das Quintett auch live überzeugen? Ja, sie können.
Für die noch recht frühe Zeit ist der Publikumsbereich massiv gefüllt und feiert SPECTRAL WOUND ordentlich ab. Frontmann Jonah hat die Menge im Griff, da fallen kleinere Soundprobleme nicht weiter ins Gewicht. Die Band ballert ihre Songs mit jede Menge Wut und Aggression ins Publikum, die das Ganze äußerst dankbar aufnehmen.
SPECTRAL WOUND
SKITSYSTEM
Die dunklen Wolken ziehen sich zusammen, und der bange Blick auf das Handy bzw. die jeweilige Wetter App oder das Regenradar verheißen nichts Gutes. SKITSYSTEM haben aber noch Glück und können ihren Mix aus D-Beat und Crust frei von Regentropfen in die Menge blasen. Offiziell, so ist zumindest mein Stand der Dinge, haben die Schweden sich 2007 aufgelöst. Aber man spielt hier und da nochmal eine Show.
Wie es sich für Crust Bands gehört spielt Politik und soziale Ungerechtigkeit eine große Rolle für SKITSYSTEM, und darauf wird auch auf der ein oder anderen Ansage darauf hingewiesen.
Ansonsten regiert das Motto, dass sich auch auf einem Schild auf der Bühne wiederfindet: „No Speed – No Punk“. Und ich hoffe das bezieht sich lediglich auf die Geschwindigkeit der gespielten Stücke. Die Begeisterung im Publikum nimmt spürbar zu, die Band versprüht eine positive Attitüde die gerne aufgenommen wird.
SKITSYSTEM sind eine echte Überraschung!
SKITSYSTEM
ELLENDE
Der Himmel ist komplett schwarz, und am Horizont sieht man wie Blitze sich entladen. Es regnet auch hier ein wenig, allerdings steht das in keinem Verhältnis zu dem, was ein paar Kilometer weiter runter kommt.
Ein wenig passt die Szene auch zu dem atmosphärisch dichten (Post) Black Metal Sound von ELLENDE. Hinter dieser Band steckt eigentlich nur L.G., der sich für Live Auftritte auf die Hilfe von Gastmusikern verlassen kann. Die traurigen und bedrückenden Stücke funktionieren einwandfrei, und alle die vor der Bühne bleiben werden mit einem starken Auftritt belohnt. Einige Zuschauer haben sich dann doch zur Sicherheit ins Zelt oder zum Fahrzeug begeben, so dass der Raum auf dem Infield nicht ganz gefüllt ist. Kurze Info an alle Weggebliebenen: ihr habt was verpasst!
ELLENDE
SKINLESS
Nach einer gefühlten Ewigkeit geben SKINLESS in Europa mal wieder zwei Konzerte. Eins gestern beim Brutal Assault in Tschechien, und heute beim Party.San. Wenig verwunderlich also, dass Frontmann Sherwood Webber mit Sonnenbrille auf der Bühne rumturnt. Sein Erinnerungsvermögen reicht aber noch dazu aus, dass er sich an das Kinderlied „Mein Hut der hat drei Ecken“ erinnern kann, dass er mal in der Schule lernen durfte. Auftritt am Vorabend im Bierparadies hin oder her, das Quintett aus New York legt eine enorme Spielfreude an den Tag und hat mächtig Spaß in den Backen.
Was sich natürlich ein wenig mit dem brutalen Death Metal beißt den SKINLESS seit der Jahrhundertwende in mehr oder minder regelmäßigen Abständen vom Stapel lassen. Und mit dieser gute Laune Mucke kommt auch das gute Wetter wieder langsam zurück nach Schlotheim.
SKINLESS
IMPIETY
Auch IMPIETY haben eine lange Anreise aus Singapur hinter sich. In gewissen Kreisen gilt das Quartett als „Kult“, mir ist die Band bisher nicht bekannt. Und große Freunde werden wir auch nicht mehr in nächster Zeit. Tituliert als Black Metal rumpeln sich IMPIETY eher zwischen chaotischen Krach und War Metal durch ihren Auftritt. Das der Verzerrer von Frontmann Shyaithan auch bei den Ansagen angeschaltet ist sorgt für ungewollte Situationskomik.
Ansonsten kann ich nicht viel mehr zu dem Auftritt sagen, da mir das Geknüppel bereits nach wenigen Songs derbe auf den Sack geht.
IMPIETY
IMMOLATION
Als IMMOLATION 1991 „Dawn Of Possession“ raus brachten schwammen sie voll auf der Death Metal Welle mit die sich in der Metal Szene durch gesetzt hatte. Und obwohl die Amerikaner immer weiter Platten veröffentlichten verschwand ihr Name zum größten Teil in der Versenkung.
Man muss dazu sagen dass IMMOLATION immer eher mit der feinen Klinge fechten als den ganz groben Knüppel aus dem Sack zu holen. Wie dem auch sei, es sind erstaunlich wenige Menschen vor der Bühne die sich das Quartett aus New York anschauen wollen. Die Band betritt selbige auch ohne viel Tamtam. Da hängt kein Backdrop und die Herren sind alle komplett in schwarz gekleidet.
Leider machen IMMOLATION den taktischen Fehler, sich auf Songmaterial vom letzten Album zu verlassen, anstatt hier ein paar Klassiker ins weite Rund zu feuern. Und so dümpelt der Set etwas vor sich hin. Wirklich schlecht ist das nicht, es könnte aber besser sein.
IMMOLATION
Ab geht ins Zelt, wo am frühen Vormittag zwei Cover Bands zum Frühstück aufspielten: SPEARHEAD (BOLT THROWER) und CHAOS AND CONFUSION (HYPOCRISY). Im regulären Tagesprogramm spielten heute bereits ohne meine Anwesenheit: TABLUA RASA, THE NIGHT ETERNAL, STORMKEEP und ARSGOATIA.
WOUND
Nicht verpassen will ich WOUND, deren Weg ich seit ihrem Debüt „Inhale The Void“ im Auge habe. Also auf ins Zelt wo sich schon eine beachtliche Anzahl von Leuten im Publikum eingefunden hat. Die recht melodische Mischung aus Black und Death Metal kommt allerdings viel zu laut aus den Boxen. Und wenn ich in die ersten Reihen schaue stehen da diverse Leute ohne Gehörschutz. Ich hab keine Ahnung ob das so gewollt ist, aber selbst mir klingeln die Ohren als ich den Fotograben verlasse. Meinen Gehörschutz nehme ich vorsichtshalber erst aus den Ohren, als ich das Zelt wieder verlasse.
Bis dahin spielen WOUND einen guten Set, mit viel Spielfreude und starken Songs. Am Ende wird aber verkündet, dass dies vorerst der letzte Auftritt gewesen ist und die Band erstmal auf Eis liegt. Genauere Umständen werden leider nicht genannt. Schade!
WOUND
Ich beschließe ENDSTILLE zu verpassen, und wie mir im Nachgang mitgeteilt wird habe ich wohl nichts verpasst. Schlechter Sound, schlecht gelaunte Band inklusive Diskussion mit dem Publikum….irgendwann später aber fängt sich die Band und liefert noch ordentlich ab.
HERETIC
Wieder geht es ins Zelt zu den Niederländern von HERETIC. Tituliert als „MIDNIGHT für Arme“ kann ich schon nach kurzer Zeit sagen, dass dies absolut nicht der Fall ist. Verdammt groovy geht der Black’n’Roll von HERETIC direkt in Beine, und im Gegensatz zu den Amerikanern wird hier vieles mit einem Augenzwinkern serviert. „Horns Of Hell“, „The Devil, My Saviour“ oder „Berserker“ sind die Songtitel. Noch Fragen?
ich hab keine, und HERETIC sind für mich eine DER Überraschungen des diesjährigen Party.San Metal Open Air!
HERETIC
BORKNAGAR
Einen klasse Kontrast bringen dann BORKNAGAR aus Norwegen auf die Hauptbühne. Die melodischen und atmosphärischen Black Metal Songs mit dem hohen Folk Anteil sorgen in der Dunkelheit für eine tolle Stimmung. Der abwechselnde Gesang und das dominante Keyboard unterstreichen diese Punkte. Schwerpunkt des Sets sind die beiden letzten Alben „Winter Thrice“ und „True North“.
Nichtsdestotrotz ist das immer noch Metal hier, und auch BORKNAGAR lassen zwischendurch mal den Hammer kreisen. Aber es passt einfach alles: klasse Sound, eine spielfreudige Band und ein dankbares Publikum. Bravo!
BORKNAGAR
THE RUINS OF BEVERAST
Kurz vor Ende der Veranstaltung verlieren GRAVE MIASMA ihren Titel! „Beschissenste Bedingungen Für Fotografen“ geht in diesem Jahr an THE RUINS OF BEVERAST! Herzlichen Glückwunsch!
Oder eben nicht, siehe die paar Fotos die sich nach ellenlanger Bearbeitungszeit überhaupt noch lohnen. Tonnen von Trockennebel, und dann entweder gar kein Licht oder die Nebelschwaden werden leicht mit grün oder rot angestrahlt. Sensationell.
Kommen wir zum musikalischen Teil, denn hier können die Jungs aus Aachen ohne Probleme überzeugen. Der doomige Black Metal mit viel Atmosphäre zieht von Beginn an das Zelt, was pickepacke voll ist, in seinen Bann. „Ropes Into Eden“, „Malefica“ oder auch „Between Bronze Walls“. Das sind schon amtliche Bretter und das Festival bekommt (was die Bands im Zelt angeht) einen würdigen Abschluss.
THE RUINS OF BEVERAST
KATAKLYSM
Für mich werden KATAKLYSM der Abschluss des diesjährigen Party.San sein. Die im Anschluss noch folgenden ENSLAVED schenke ich mir.
Die Kanadier haben sich was vorgenommen, haben eine spannende und abwechslungsreiche Setlist und jede Menge Dampf auf dem Kessel. Und der Plan geht auf! Nach kurzer Zeit hat auch das Publikum Blut geleckt und die Leute drehen mächtig auf. „Die As A King“, „As I Slither“ oder, als krönender Abschluss, „The Black Sheep“. Band und Publikum bilden eine fulminante Einheit und der Auftritt ist ein ehrwürdiger Abschluss eines Klasse Festivals.
KATAKLYSM
Drei Tage extremer Metal gehen wieder einmal viel zu schnell vorbei. Das Wetter spielte bis auf eine kurze Ausnahme mit, die Rahmenbedingungen sind sowieso oberste Schublade, und eine gelungen Mischung an unterschiedlichen Bands aus allen Herren Länder. Gerade das sollte auch immer wieder hervorgehoben werden. Metal ist bunt, auch wenn die meisten Fans die Farbe schwarz bevorzugen!