Es fällt mir nicht so leicht heute in die Edel-Optics.de Arena in Hamburg zu fahren. Das unsagbar bescheuerte Verhalten von PANTERA Frontmann Phil Anselmo aus dem Jahr 2016 schwingt bis heute nach. Seine erste, zwar zügige aber auch sehr halbgare Entschuldigung wurde von vielen, mir inklusive, nicht für bare Münze genommen. Erst eineinhalb Jahre später, als Kollegen aus dem Print Bereich bereit waren ein ausführliches Interview mit Dummbeutel Phil zu machen, konnten seine ausführlichen Aussagen das Geschehen entkräften.
Nichtsdestotrotz blieb ein fader Beigeschmack in der ganzen Nummer. Das Phil Anselmo nicht der Schlaueste ist, war schon zu PANTERAS Hochzeiten zu Beginn der 1990er Jahre ein offenes Geheimnis. Solch politischen Totalausfälle gehörten aber eher nicht dazu.
Ich für meinen Teil musste nun, als die PANTERA „Reunion“ Konzerte angekündigt wurden, eine Entscheidung treffen: halte ich Phil Anselmo für einen Rassisten, oder denke ich, dass Phil Anselmo das eher unterdurchschnittlichen Bildungslevel der amerikanischen Schulen auch nur in Teilen genossen hat?
Das Letztere erscheint mir plausibler, und einhergehend mit dem inneren Wunsch die Band mal zu fotografieren entschloss ich mich, zu dem Konzert zu gehen.
Ich hoffe der Unterschied zwischen einer Rechtfertigung und einer Erklärung ist bekannt. In meinen Augen ist Anselmo ein unterbelichteter Idiot, der in Kombination mit Alkohol (oder sonstwas) leider seine gute Kinderstube vergisst, und sich zu solchen unfassbaren Ausfällen hinreißen lässt. Das ein bestimmtes Klientel amerikanischer Abstammung mit solchen Aktionen auffällt ist leider auch keine Seltenheit.
Auf der anderen Seite waren (und sind) PANTERA ein musikalisches Schwergewicht, das die Metal Szene in der 90er Jahren maßgeblich beeinflusst hat.
Das soll hier jetzt nicht in einer politischen Grundsatzdiskussion über Metal und rechtsradikale Ausfälle enden, denn diese ist müßig und meiner Meinung nach ein fortlaufender Prozess, der bereits schon im Rollen ist. Es ist aber wichtig diese Diskussionen zu führen, gerade untereinander in der Metal Szene.
Und eventuell gibt es ja auch Leute, die dazulernen bei solchen Diskussionen. Das wäre wiederum eine Erklärung warum Phil Anselmo bei einem Konzert dieser Tour in Bulgarien „Fans“ mit ihrer White Power Flagge die Meinung geigte.
Kommen wir aber nun zum musikalischen Teil des Konzerts, und der beginnt mit der Band ELEGANT WEAPONS. Eine echte All Star Nummer, die man in dieser Form wohl nicht allzu schnell wieder sehen wird.
Mit von der Partie ist Gründer Richie Faulkner (JUDAS PRIEST) an der Gitarre, Christopher Williams (ACCEPT) am Schlagzeug und Ronnie Romero (RAINBOW) am Mikrofon. Im Studio spielte dann auch der eigentliche PANTERA Bassist Rex Brown mit, allerdings ist eine Tour mit Doppelbelastung wohl nicht mehr drin. So übernimmt Dave Rimmer (URIAH HEEP) seinen Job auf der Bühne.
Nur die Hälfte der rund 3.000 Zuschauer hat ein gesteigertes Interesse an diesem Ensemble, und wenn ich ehrlich gestehe dann auch zurecht. Eine Ansammlung von starken Musikern macht automatisch noch keine gute Band bzw. schreibt starke Songs. Und so ist die grundsätzliche Darbietung auf den Brettern, die die Welt bedeuten, absolut gut und grundsolide. Allein die höchst durchschnittlichen Tracks lassen den geneigten Metal Fan ein wenig mit den Schultern zucken. Das ist nicht wirklich gut, aber auch nicht wirklich schlecht.
So zieht sich die Dreiviertelstunde dann doch gewaltig, und da das grundsätzliche Trinkproblem in der Edel-Optics.de Arena noch immer nicht behoben ist (viel zu wenig Getränkestände und völlig bockloses Personal!), wird es tatsächlich ein wenig langweilig. Zum Glück sind eine ganze Reihe von Bekannten und Kollegen am Start, so dass ich den Rest des Sets mit gemütlichen Gesprächen verbringe.
Die Umbaupause hält sich in Grenzen, denn PANTERA fahren hier keinen pompösen Budenzauber auf. Allerdings sind rechts und links von der Bühne große Leinwände gespannt, auf denen nun eine Collage von Video Szenen abläuft, die PANTERA auf dem Höhepunkt ihrer Karriere zeigen. Vornehmlich mit Dimebag Darrel und Vinnie Paul als Protagonisten, und das Konterfei der Brüder ziert auch die beiden Bassdrums von Schlagzeuger Charlie Benante.
So kommt ein wenig Schwermut in der nicht ganz ausverkauften Halle auf, denn die beiden Musiker werden wohl niemals vergessen werden.
Den Anfang machen dann „A New Level“ und „Mouth For War“, und jetzt wird klar wo der Abend hier heute hingeht. Das Publikum (besteht in der Mehrheit aus Vierzigjährigen Kerlen, aber es sind auch erfrischenderweise recht viele junge Leute dabei!) kommt zwar ein wenig aus der Hüfte, komplette Eskalation sieht dann aber doch anders.
Das Quartett auf der Bühne sieht das wohl ähnlich und beschließt heimlich, still und leise, sich dem Motivationsfaktor der Besucher anzuschließen. Charlie Benante (ANTHRAX) am Schlagzeug kann man da wohl am wenigsten ankreiden. Er verprügelt sich Drumkit in bestechender Manier wie eh und je. Gitarrist Zakk Wylde macht das, was er immer tut, wenn er auf der Bühne Gitarre spielt: er zelebriert seine Gitarrenkünste mit offenen, vor dem Gesicht-hängenden Haaren und bewegt sich sonst kaum. Die beiden Ursprungsmitglieder sind es dann, die ein paar Meter abreißen. Wobei Phil barfuß(!) auf seinem Teppich(?!?) Kreise zieht und gelegentlich mal das Publikum anspricht, Rex Brown am Bass hingegen auch Augenkontakt sucht und soweit es geht versucht die ersten Reihen ein wenig anzupeitschen. Klappt aber nicht so wirklich, denn die Zuschauer zeigen sich heute sehr von der hanseatisch-zurückhaltender Manier.
Da nutzen auch Nummern wie „Strength Beyond Strength“ und „Becoming“ vom „Far Beyond Driven“ Album nichts. Sicherlich, es gibt einen Mosh-Pit, die Fluktuation der einzelnen Teilnehmer ist aber sehr hoch, und im weiteren Verlauf der Halle „rockt“ dann jeder eher so für sich selber ab.
„I’m Broken“, „Suicide Note Pt. II“ und „5 Minutes Alone“ kommen als nächstes, und schon jetzt lässt sich festhalten dass die Setlist richtig gut ist.
Aber sonst?
Wenn man ehrlich ist: nicht viel.
Vielleicht sind auch meinen Erwartungen einfach zu hoch, jedenfalls will der Funke nicht richtig zünden. Die Band, bei der man merkt dass es eben kein seit Jahren verschworener Haufen ist, zockt ihren Stiefel routiniert runter, darüber hinaus geht nicht viel. Einzelne, kurze Ansagen von Anselmo sind das Höchste der Gefühle. Und bei diesen handelt es sich um die obligatorischen Floskeln („make some noise“, „are you fucking out there?“ blablubb).
Beim folgenden „This Love“ wird allerdings lautstark mitgesungen und für kurze Zeit gibt es dann doch ein wenig mehr Betrieb im Rund der Halle.
Das etwas klobige „Yesterday Don’t Mean Shit“ wird von dem Nackenbrecher „Fucking Hostile“ abgelöst, bevor mit „Cemetary Gates“ eher wieder leichtere Töne angeschlagen werden. Etwas druckvoller kommt dann „Planet Caravan“ aus den Boxen, als man es im Original von BLACK SABBATH gewohnt ist.
Das erste und einzige Mal ,das zumindest der halben Laden kräftig abrockt, passiert beim nun ertönenden „Walk“. Aber danach ist auch fast schon Feierabend, lediglich „Domination/Hollow“ und, logo, „Cowboys From Hell“ erschallen noch.
Das wars, ein kurzer Gruß zum Abschied, die Band geht von der Bühne, das Licht geht an, keine Zugabe.
Mit ein wenig gemischten Gefühlen verlasse ich Halle und mache mich auf dem Heimweg. Leider fehlt mir ein Vergleich, da ich PANTERA in den 90er Jahren nie live gesehen habe. Für heute muss ich sagen, dass PANTERA einen routinierten Auftritt ohne Höhe- oder Tiefpunkte geliefert haben, den ich in dieser Form aber auch kein zweites Mal brauche.