CAVALERA – MORBID VISIONS

Artist

Cavalera

Albumtitel

Morbid Visions

Genre

Thrash Metal

Max und Igor Cavalera, die beiden Gründungsmitglieder von SEPULTURA, die ihre ehemalige Band schon lange verlassen haben, musizieren unter dem Namen CAVALERA CONSPIRACY seit 2008 zusammen und haben in dieser Konstellation seitdem vier Alben aufgenommen. Nun haben sie sich die alten Schinken „Morbid Visions“ (1986) und „Bestial Devastation“ (1985, damals als Split mit OVERDOSE erschienen) vorgenommen und neu eingespielt – vermutlich aus rechtlichen Gründen und um die Nachfrage zu befriedigen.

Zwar bestehen CAVALERA CONSPIRACY hauptsächlich aus Igor und Max, die beiden haben das Album aber natürlich nicht alleine eingespielt. Sie wurden unterstützt von Max´s Sohn Igor Amadeus am Bass, der durch seine Band GO AHEAD AND DIE bekannt ist sowie von Daniel Gonzalez an der Leadgitarre, den man von POSSESSED und GRUESOME kennt. Beim Bonustrack „Burn The Dead“ kommt Tony Roberts als Leadgitarrist zum Einsatz, der bei BROKEN BONES und DISCHARGE aktiv ist.

„Morbid Visions“ erhielt in der Metal Hammer- Ausgabe 11/1987 eine Bewertung von einem Punkt (von sieben möglichen). Die Gesamtbewertung lag in der Redaktion im Schnitt bei 1,1 und ist wohl die schlechteste Bewertung, die es in dem Heft jemals gab. Heute zählt das Album zumindest im Underground als „Kult“. Interessant, was die Zeit mit so manchem Album macht. Klar, damals kaufte man als Underground Metaller gerne das, was ganz unten im Soundchecks des genannten Magazins landete. Da befanden sich SEPULTURA zu der Zeit in guter Gesellschaft zu Bands wie SUFFOCATION, HOLY MOSES, NECRONOMICON oder VIKING. Doch was hat die Brüder dazu bewogen, das Album neu aufzunehmen?

2023 sind die musikalischen Fähigkeiten von Max und Igor natürlich ganz andere als 1986, aufnahmetechnisch gibt es heute ganz andere Möglichkeiten und es ist natürlich schwierig, die Atmosphäre und das Feeling einer so alten Platte zu reproduzieren. Hauptmanko bei der Original-LP war ja neben den beschränkten musikalischen Fähigkeiten vor allem der Sound, der eher an ein Demo erinnerte als an eine Album-Produktion. Damals war der Sound flach, eintönig und sehr roh.

Wie nicht anders zu erwarten klingen die Neuaufnahmen viel fetter und gewaltiger. Glücklicherweise ertönen die Aufnahmen nicht so steril wie bei so manch anderem Konkurrenzprodukt. Klar, die neue Version klingt viel moderner und zeitgemäßer, alles andere wäre ja auch seltsam. Aber die Gitarren sind sehr roh und vor allem punkig und bilden eine richtige Soundwand. Auf dem Gesang liegt richtig viel Hall, so dass Max den Original-Aufnahmen gesanglich sehr nahe kommt.

Schade finde ich, dass Original-Gitarrist Jairo Guedz nicht auf der Platte zu hören ist. Er ist ja mit TROOPS OF DOOM sehr aktiv und veröffentlicht Platten. Dann wäre die komplette Band von damals wieder zusammen, denn Original-Bassist Paulo hat damals nicht einen Ton eingespielt. Natürlich ist Daniel Gonzalez ein Super Lead-Gitarrist doch er spielt die Soli ein bisschen zu „nett“. Es fehlt die Verrücktheit und Naivität von Jairo. Es sei dahingestellt, ob Jairo das Gefühl hätte reproduzieren können doch bei seiner neuen Band klappt es ja auch.

Erwähnenswert wäre zudem, dass die Band einige Teile der Originale verändert hat. Am deutlichsten wird das bei „Show Me The Wrath“. Im Original spielt Igor die Drums im Refrain in einem Höllentempo. In der neuen Version gibt es an der Stelle einen mittelschnellen Part und Igor spielt Double Bass dazu. Auch das Solo bei „Funeral Rites“ ist viel anspruchsvoller und technischer als auf dem Original. Der bekannteste Song von dem Album, „Troops Of Doom“, wurde in der langen Karriere von SEPULTURA häufig neu aufgenommen, die Version auf diesem Album ist für mich die ineffektivste, da das Drumming hier doch recht langweilig rüberkommt.

Klar, das wird nur absoluten Die Hard- Maniacs auffallen, die das Original seit Erscheinen rauf und runter gehört haben. Doch es zeigt die Unterschiede. Es könnte aber gut sein, dass die Band die Veränderungen eingebaut haben, um mehr Abwechslung zu inkludieren. Denn die fehlte auf dem Original, die erst ab der B-Seite etwas spannender wurde.

Mit „Burn The Dead“ ist noch ein Bonus-Track dabei und als genau das sollte er auch bewertet werden. Er besteht vermutlich aus alten Riffs von damals und wurde zu einem neuen Song zusammengesetzt. Er ist trotz seiner Spielzeit von gerade mal 2:16 langweilig und ereignislos.

Ein weiterer Kritikpunkt wäre die Art der Veröffentlichung. Zum einen werden sowohl „Morbid Visons“ als auch „Bestial Devastation“ zum gleichen Preis verkauft, obwohl letztere nur eine EP mit 20 Minuten Spielzeit ist. Zum anderen hätte man beide Alben auch zusammen auf einem Medium veröffentlichen können. 57:48 Minuten passen locker auf eine CD und bei der LP hätte man ein schickes Gatefold mit einer Doppel-LP daraus machen können. 1991 hatten Roadrunner bzw. R/C Records beide Alben genau so veröffentlicht, allerdings auf einer LP. Dazu kommt, dass beide Vinyls einzeln für unfassbare 36,- € verkauft werden. Natürlich wissen wir alle, dass die Rohstoffpreise steigen und Vinyl teurer wird aber andere Labels schaffen es ja auch, ihre Preise günstiger zu gestalten. So hat die Veröffentlichung den Beigeschmack eines schnellen Cash-Ins.

Doch letzten Endes kann jeder Fan glücklich sein, wie das Endresultat gestaltet wurde. Nämlich mit Respekt vor dem eigenen Schaffen. Sie haben es geschafft, sich in die damaligen Aufnahmen einzufinden, haben das Beste draus gemacht und alles rausgeholt, was ihnen möglich war. Während sie 1986 noch stark von SLAYER, KREATOR und DESTRUCTION beeinflusst waren, ist davon 2023 nicht mehr viel zu hören und das ist als Kompliment gemeint. Im Detail kann man als alter Fan Kritik üben aber Leute, die das Album noch gar nicht kennen, weil es schwer zu kriegen war, bekommen ein brachiales Old-School Thrash/Death/Black Metal- Album mit einer modernen Produktion, das den ursprünglichen Spirit beibehält.

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Infos

Release

14.07.2023

Laufzeit

37:23 Minuten

Label

Nuclear Blast Records

Fazit
Für Fans, die das Album schon länger suchen, eine gute Gelegenheit, eine Lücke zu schließen. Anhänger, die mit der Scheibe aufgewachsen sind, sollten vorher besser in die Scheibe ausführlich reinhören.
12
von 15
Edelstahl
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