Die Krautrock-Band AGITATION FREE darf ich ganz bestimmt als Ikone und vielleicht sogar Kult-Truppe der deutschen Rock-Geschichte bezeichnen. Die Band gründete sich Ende der 60er Jahre in Berlin und gilt bis heute als eine der wichtigsten Inspirationsquellen für die meisten Krautrock-Bands. Damals galt der Stil als experimentell und verschroben, doch sehr erfolgreiche Künstler wie der Elektronik-Artist KLAUS SCHULZE, die weltbekannten TANGERINE DREAM oder gar die 17 HIPPIES profitierten von den Erfahrungen einzelner Mitgieder wie Christopher Franke, Michael Hoenig oder Burghard Rausch, der mit BEL AMI (ich liebe deren Hit „Berlin Bei Nacht“ noch heute über alles!) erfolgreich war. Auftritte bei den tragischen Olympischen Spielen 1972 oder einer Tournee durch Nahost hinterließen Spuren im Sound, denn orientalische Klänge fanden sich schon damals auf den Platten wieder und das könnte sogar eine Gruppe wie LED ZEPPELIN zum Mut für diese Klänge inspiriert haben.
Sehr erstaunlich und für mich völlig überraschend jedenfalls, dass diese Gruppe immer noch aktiv ist und nach „River Of Return“ (1999) mit „Momentum“ ein neues Studioalbum präsentiert. Im Grunde genommen birgt es für mich keine großen musikalischen Überraschungen, aber, und das möchte ich ausdrücklich betonen, wird mit der instrumentalen Mucke eine Verbindung von damals bis heute hergestellt. Es ist für mich immer noch extrem spannend, Stimmungen wie orientalische Klänge, Gitarren-Riffs- und auch Solos in Verbindung mit elektronischen, sphärischen Sounds zu hören. Sonorer, in französischer Sprache vorgetragener Sprech-Gesang beim Opener „Noveau Son“ (man beachte die Mischung aus Französisch und Englisch im Titel, was übersetzt „neuer Sohn“ heißt) lässt schonmal die Spannung steigen. Und ja, richtigen Gesang vermisse ich auch nicht, denn allein durch Synthie-Effekte, Melodien und Gitarren entstehen Bilder im Kopf, die überaus spannend und wirkungsvoll ihren ganz besonderen Reiz ausmachen. So wie bei „Lilac“ (siehe Video), bei dem nur ein gesungenes „Oooohhoohhoo“ für den gewissen Kick im Song sorgt. Auch hier werden Sounds integriert, die mich an Zypern, die Türkei oder Griechenland erinnern. Ein wunderbares Wiederhören, das mich fasziniert, jedoch hier fair schwer zu bewerten ist. Wem die Musik von den kürzlich vorgstellten SIX DAYS OF CALM gefällt, der freut sich auch über diese Scheibe, die es streng linmitiert auch auf Vinyl zu haben gibt!