Die Verwirrung ist komplett. Mitte April erfahre ich, dass AUSTRIAN DEATH MACHINE auf Europa Tournee gehen, leider nicht in Hamburg. Aber Hannover ist vertreten, und erste Pläne werden geschmiedet das Konzert in der Landeshauptstadt mitzunehmen. Kurz danach verschwindet allerdings das Konzert auf der Homepage der entsprechenden Lokalität aus dem Kalender. Mehr oder minder parallel erhalte ich eine offizielle email eines Promoters mit der Ankündigung der Europa Tournee von AUSTRIAN DEATH MACHINE. Der ehemalige Termin ist nun mit einer neuen Stadt versehen. Hamburg! Im Bahnhof PaulI!. Aber auf der Homepage vom Bahnhof Pauli ist dieses Konzert nicht aufgeführt. Nach kurzer Rücksprache mit dem Promoter findet das Konzert aber tatsächlich statt, und eine Akkreditierung ist ebenso schnell in die Wege geleitet.
Der Bahnhof Pauli hat sich in den letzten Monaten zu einer guten Konzertlokalität gemausert. Ein Fassungsvermögen von knapp 400 Leuten bilden einen guten Rahmen für den heutigen Abend, auch wenn der Laden nicht ausverkauft ist.
Den Abend eröffnen die Dänen von GHOST IRIS, die mit ihrem leicht progressiven Metalcore nicht so ganz den Nerv der Anwesenden treffen. Es sind eher immer die groovigen Momente, bei denen das Publikum anfängt mitzuwippen. Der Bass sowie Intros und einige technische Spielereien kommen vom Band, was heutzutage gerade bei Djent oder Metalcore Bands gang und gäbe ist. Ich persönlich finde das eher so mittel, da man durch diesen Umstand sich auch immer die Frage stellen kann, was denn sonst noch aus der Konserve kommt.
Weiterhin trübt die Unterhaltung dass die Band nahezu im Dunkeln spielt und durch Sonnenbrille und Masken man die Herren Musiker kaum zu sehen bekommt.
Die halbe Stunde Spielzeit wird gut genutzt, denn das Publikum honoriert die Musik mit ordentlich Applaus. Meiner Meinung nach heben sich GHOST IRIS schon ein wenig vom Metalcore Einheitsbrei ab, so richtig überzeugend finde ich die Truppe aber nicht.
GHOST IRIS
Als zweiter Anheizer kommen die Niederländer DISTANT auf die Bühne. Während mir das Quartett komplett unbekannt ist und ich aus den ersten Reihen meine Fotos mache (einen Graben gibt es leider nicht), entdecke ich neben mir eine Truppe von 5 jungen Kerlen, die begeistert mitgehen und auch recht textsicher sind. Der Deathcore von DISTANT ist gerade bei den ersten beiden Songs enorm anstrengend und ich hoffe inständig, dass sich dies noch ändert, da es ansonsten sehr lange 45 Minuten werden.
Und ja, die Stücke werden im späteren Verlauf wirklich eingängiger. Eine andere Sache aber irritiert mit zunehmender Spieldauer immer mehr und ja, mich nervt es tatsächlich richtig. Die Band lässt auf der Videoleinwand, die sich hinter dem Schlagzeug befindet, eine Zusammenstellung von mehreren kleinen und kurzen Videoclips laufen. Ein kleiner Junge mit Koch Mütze, der gleiche kleine Junge sitzt mit einem älteren Herrn auf einem Sofa und dreht einen Kochtopf um, der Junge auf einem Quad das sich sehr schnell um die eigene Achse dreht, der kleine Junge wird von einem Affen geschlagen (Wtf?), der Affe entschuldigt sich bei dem kleinen Jungen, der kleine Junge am Lenker eines (stehenden) PKW. Mag sein, dass ich eine Sequenz vergessen habe, aber der gesamte Clip dauert maximal 50 Sekunden. Und er läuft in Dauerschleife, immer und immer wieder, bis die Band tatsächlich von der Bühne geht.
Da die Band sich im Allgemeinen nur so viel bewegt, wie es die kleine Bühne hergibt, nimmt dieser visuelle Effekt enorm viel Raum ein. Vielleicht habe ich auch den Witz nicht geschnallt und das Video hat irgendeinen Bezug der mir nicht bekannt ist. Aber ich find es extrem nervig.
Zurück zur Musik, die im Verlauf des Auftritts besser wird und das Publikum immer mehr abholt. Ein Circle Pit bildet sich und generell steigt die Stimmung. DISTANT verstehen ihr Handwerk und haben nach dem heutigen Auftritt sicher ein paar Fans mehr in Hamburg.
DISTANT
Sollen wir an dieser Stelle noch über Tim Lambesis sprechen? Die Geschichte über die Zeit bevor seine ex-Frau die Scheidung einreichte, sein genereller Zustand über seinen Glauben, seine Affinität zum Bodybuilding und Tattoos, all das sind Tatsachen und Fakten die man ohne viel Suchen findet. Fakt ist auch, dass er von einem Gericht verurteilt wurde und seine Strafe verbüßt hat. Ich kann nicht beurteilen in welchem Geisteszustand er damals war, als er einen Profi Killer suchte der sein Frau umbringen sollte. Und auch ob seine Erklärungen oder Rechtfertigungen völlig haltlos oder vielleicht doch begründet waren, wird sich wohl nie ganz klären lassen. Schlußendlich hat er sich „Schuldig“ bekannt und seine Strafe akzeptiert. Ich hoffe dass er daraus gelernt hat.
Kommen wir auf das Konzert zu sprechen, auf das hier und heute nun alle warten. Der Bahnhof ist gut gefüllt, und wenig verwunderlich ist der Anteil an Tank Tops mit gut gebauten Oberarmen ziemlich hoch.
Bei der Bandbesetzung bin ich ein wenig unschlüssig. Am Bass sollte Emil Werstler stehen und am Schlagzeug meine ich Jon Rice zu erkennen. Aber wer der Gitarrist ist, mit Schutzhelm, Sonnenbrille und (künstlicher) Zigarre? Keine Ahnung. Offiziell werden als Live Musiker Mark MacDonald und JP Gericke geführt, aber von den beiden ist es meiner Meinung nach keiner.
Aber auch egal, das Intro von „Terminator 2“ wird gespielt, ein weiteres Mitglied des AUSTRIAN DEATH MACHINE Ensembles kommt mit Arnold Schwarzenegger Maske auf die Bühne und der Spaß beginnt. „I Need Your Clothes, Your Boots, And Your Motorcycle“, „No Pain, No Gain“ und „It’s Simpel, If It’s Jiggles, It’s Fat“ sind die ersten drei Kracher. Die Band vermittelt ziemlich viel Spielspaß, auch Tim Lambesis scheint sehr erfreut zu sein, dass aus seiner Schnapsidee mittlerweile so etwas wie eine richtige Band geworden ist.
Auch bei AUSTRIAN DEATH MACHINE kommen die Einspieler, Intros oder Sprach Samples vom echten „Arnie“ vom Band, ansonsten aber klingt alles handgemacht.
Zu Song Nummer 4 und 5 („Judgement Day“ und „Destroy The Machines“) kommt die neue Ehefrau von Frontmann Tim auf die Bühne. Dany Lambesis brüllt mit ihrem Ehepartner ins Mikro, und scheint in ihrer Heimat eine Flatrate beim „Schönheitschirugen“ zu haben. Wirklich „echt“ ist an der Dame wohl nicht mehr viel. Geschmäcker sind nunmal verschieden….
Einen musikalischen Mehrwert bringt es bei beiden Stücken nicht, das ist zumindest meine Meinung. Viel Kommunikation mit dem Publikum gibt es auch nicht so richtig. Zwar bemüht sich Tim Lambesis immer wieder mit den ersten Reihen abzuklatschen oder mal das Mikro in die Menge zu halten, mehr ist dann aber auch nicht drin. Da der große Teil der Leute aber seinen Spaß hat und kräftig mitmosht stellt sich die Frage ob überhaupt mehr Kommunikation gewünscht ist.
Mit „If It’s Bleed, We Can Kill It“ und „Get To The Choppa“ kommen zwei echte Klassiker. Obendrauf gibt es einen weiteren Gastauftritt, denn jemand von der Band stürmt im „Predator“ Kostüm die Bühne. Sehr lustig und unterhaltsam das Ganze!
„Don’t Be Lazy“ und „Who Told You You Can Eat My Cookies“ folgen, und bei letzterem kommt dieses Mal eine Krümelmonster auf die Bühne und verteilt Butterkekse an Musiker. HIer wird auch keine Rücksicht genommen ob diese gerade ein Soli spielen oder singen müssen. Der eigentliche Höhepunkt kommt dann mit „I Am A Cybernetic Organism, Living Tissue Over „(Metal) Endoskeleton“, hier geht Mob vor der Bühne auch richtig steil.
Der Feierabend wird mit „I’ll Be Back“ eingeläutet, bevor mit „One More Rep“ noch eine Zugabe ertönt. Das war es dann auch schon.
AUSTRIAN DEATH MACHINE
Schlussendlich sind es nur 60 Minuten, die AUSTRIAN DEATH MACHINE auf der Bühne stehen. Aber diese waren wirklich sehr unterhaltsam. Ob und wie lange das Thema sich nur benutzen lässt bleibt fraglich, da meiner Meinung nach schon das letzte Album „Quad Brutal“ nicht mehr so gut war wie seine Vorgänger. Ich würde mich zumindest freuen wenn AUSTRIAN DEATH MACHINE noch einmal die Bühnen unsicher machen würden, der Entertainment Faktor ist auf jeden Fall gegeben!