Unglaublich, seit 1969 sind die Dortmunder Classic Rocker von Epitaph schon in Sachen anspruchsvoller Musik made in Germany unterwegs. In den letzten Jahren habe ich das Quartett um Sänger/Gitarrist Cliff Jackson und Sänger/Bassist Bernd Kolbe schon mehrfach live gesehen, denn sie waren und sind immer noch sehr gerne mit Jane sowie Fargo im Dreierpack unterwegs, zwei weiteren deutschen Ur-Gesteinen des Classic Rock! Einige widrige Umstände verhinderten damals einen internationalen Erfolg der Band, die Ende der 80er als KINGDOM das hervorragende Album „Lost In The City“ einspielten, das mittlerweile Kult ist, genau wie EPITAPH selbst. Allerdings mussten sich KINGDOM aus rechtlichen Gründen erneut unbenennen, diesmal suchte man sich DOMAIN als Bandnamen aus. Es folgten zwei weitere Platten, bevor man sich wieder auflöste. Aber EPITAPH trotzen allen Umständen, machten sich zwar rar, aber seit 2001 ist man Gottlob wieder aktiv. Insgesamt stehen 12 EPITAPH-Studioalben zu Buche, wenn ich richtig gezählt habe. Das 50-jährige Bühnen-Jubiläum musste aufgrund der Pandemie ja leider ausfallen, weshalb jetzt das 55ste umso kräftiger gefeiert wird, und zwar mit einer ausgedehnten Tour und einem, ich nehme es gerne vorweg, großartigen neuen Studioalbum!
Mit „Don`t Let The Gray Hair Fool You“ augenzwinkernd und gleichzeitig treffend betitelt, spiegeln die 13 neuen Songs alle Stärken der Band, die sie sich im Laufe der einzelnen „Etappen“ bzw- Ären angeeignet haben. So hätten kraftvoll melodisch rockende Titel wie der Opener „One Heart“ oder „Cold Light Of Day“ nur zu gut auf die Domain-Alben gepasst. Das verspielte „Riding Round In Circles“ (mit Querflöte!) könnte auch gut in die Hippie-Ära der 70er passen, während sich das im besten Sinne einfach rockende „Black Cat Bones“ im Boogie Woogie Sound aalt. „We Can Find A Way“ wartet mit einem tollen Synthie-Solo gegen Ende auf, was einen frischen, modernen Eindruck hinterlässt. Dabei wird der gewohnt lässige Sound der Twin-Gitarren immer wieder von Instrumenten unterstützt, die bisher eher selten den Weg in Epitaph-Songs gefunden haben. Etwa wie ein endgeiles Saxophon bei „The First Day“, das von Gastmusiker Richard Wester bedient wird. Erfreulich zu hören, mit wieviel Kraft und Enthusiasmus die Band noch unterwegs ist, für Wehmut und Melancholie ist hier überhaupt kein Platz. Und diese wundervollen Gitarren-Duelle und -Solos, einfach zum Niederknien schön! Alein das siebenminütige Epos „Don`t Be Afraid“ ist derart gelungen, dass mir einfach die Spucke wegbleibt! Insgesamt ein erfreulich druckvolles, energetisches Statemant, das für etwaige Alterserscheinungen in keinster Weise Platz lässt!
Da es leider kein aktuelles Video von EPITAPH gibt, muss ein etwas älteres Stück herhalten. Ich habe mich für „Lost In America“ aus dem Jahr 2019 entschieden, das sowohl auf dem letzten Studioalbum „Long Ago Tomorrow“ als auch auf der 3er CD-Compilation „Five Decades Of Classic Rock“ anl. des 50-jährigen-Jubiläums vertreten war.