WALTARI / BAMBI GALORE, HAMBURG

Billing

Waltari

Ort

Bambi Galore, Hamburg

Datum

22.06.2024

Bilder

Marc Schallmaier

 

Wenn es ein Synonym für das Vermischen aller bekannten Musik Stilrichtungen geben sollte, so muss es WALTARI heißen. Dancefloor Rhythmen mit brachialen Groove Metal Ausbrüchen? Kein Problem! Death Metal mit klassischer Musik? Kein Thema! Pop Rock mit Industrial? Logo! Schlager und Hardcore Punk? Sicher!
Allein der wirklich große Erfolg blieb aus. Die Finnen hatten mal mehr, mal weniger Beachtung in der Metal Szene, und vielen Puristen waren sie aus den oben genannten Gründen ein Dorn im Auge. Wie konnte man nur so gewissenlos sein und einfach alles kreuzen was einem so in die Quere kam?
Aber genau das machte den Charme von „Pumuckl“ Kärtsy Hatakka und seinen Mitstreitern aus. Man schiss einfach mal gepflegt auf alle gängigen Konventionen und Genre Grenzen.
Zum 30. Geburtstag von „So Fine!“ gehen WALTARI mal wieder auf Tour und machen auch heute in Hamburg halt. Diese Scheibe war auch mein erster Kontakt mit den Skandinaviern und ich weiß immer noch wie ungläubig ich damals vor meiner Anlage saß. Nicht ganz fähig diese neue Art von Crossover zu  begreifen. Ich wusste nur, dass das unfassbar geil war und ich all meinen Kumpels erzählen musste.

Im Jahre 2000 spielten WALTARI auf einem „Umsonst“ Festival mitten in der Hamburger Innenstadt. Das war das erste und das letzte Mal das ich die Band live gesehen hatte. Spätere Tourneen waren spärlich gesät und die Auftritte in Wacken 2015 und 2019 waren zeitlich für mich nicht darstellbar.
Durch einen Zufall traf ich Kärtsy bei einer Metal Convention in Hamburg und hatte einen kurzen Plausch mit ihm. Ein sehr natürlicher und sympathischer Mensch, so stellte ich ihn mir vor, und so war er dann auch.
Und fast genauso umgänglich ist er heute im Bambi Galore drauf. Eine Vorband gibt es nicht, und somit geht es direkt mit den fünf Finnen los.
Am Schlagzeug sitzt Ville Vehviläinen, am Keyboard Jani Hölli. Beide sind schon seit über zehn Jahren bei WALTARI und gehören damit quasi schon zum Inventar. Die beiden Gitarren sind mit sehr jungen Kollegen besetzt und ich habe keine Ahnung, wer die beiden sind. Offiziell ist immer noch Klampfer Sami Yli-Sirniö dabei, allerdings hat der seit seinem Engagement bei KREATOR kaum noch Zeit für WALTARI.
Der heutige Abend bzw. die gesamte Tour steht im Zeichen des Albums „So Fine!“, was liegt da näher als mit „The Beginning Song“ zu starten? Das Bambi ist gut gefüllt, und erwartungsgemäß liegt das Durchschnittsalter bei 40 Jahren aufwärts. Hanseatisch zurückhaltend hält sich die Begeisterung eher im Stillen verborgen, so dass Frontmann Kärtsy direkt mal seine Entertainer Qualitäten unter Beweis stellen kann. Und das klappt ganz vorzüglich, denn schon sind alle Anwesenden mal ein paar Schritte vorgegangen und erfreuen sich an „Celtic Funk“ und „Mad Boy“, beide ebenfalls vom „So Fine!“ Album. Kärtsy ist dann manchesmal in Doppelbelastung unterwegs, denn hin und wieder schnallt er sich die Bass Gitarre um. Anderenfalls kommt das eben vom Band, was heutzutage ja auch nichts Neues mehr ist.
Es kommt noch „Freddy Laker“ bevor wir mit „Move“ das erste Mal die Geburtstagsscheibe verlassen. Der WALTARI Sänger (und Teilzeit Bassist) lässt dazu erst einmal eine Schimpftirade über Politiker generell heraus. Das wirkt ein wenig befremdlich, da der ansonsten gut gelaunte Kärtsy mit seinen Ansagen eher den Schalk im Nacken hat. Diese Tirade wiederholt er auch noch zweimal im Laufe des Abends und wirkt einfach deplatziert. Das Einzige was den Abend ein wenig trübt.
Denn ansonsten gibt es nichts zu mäkeln. Der Sound ist formidabel und viele der technischen Spielereien sind klar und deutlich zu verstehen. Die Band hat Bock, auch die beiden jungen Gitarristen bringen sich mit ein und grinsen wie die Honigkuchenpferde.
Während „Misty Man“ auch als klare Pop Nummer durchgehen könnte, gibt es danach „Lights On“ vom „Torcha!“ Album sowie das wunderschöne „Skyline“ von der „Global Rock“ Scheibe. „Autumn“ ist schon fast eine Thrash Metal Nummer (mit Bläsereinsätzen vom Band), das folgende „Helsinki“ hätte auf meiner persönlichen Setlist gefehlt, denn so ein wenig unterbricht der Song die Fahrt zum Höhepunkt des Abends.
Die Tanz Aufforderung zu dem Cover von „Vogue“ von MADONNA kommt das Publikum gerne nach und sorgt für zahlreiche Lacher auf und vor der Bühne. Den offiziellen Teil des Abends beenden dann „(Your) Nature Is Wild“ und, natürlich, der Titelsong „Son Fine!“, bei dem es nun wirklich kein Halten mehr gibt und die Leute komplett steil gehen. Wahnsinn!
Die drei Zugaben beginnen mit einer Überraschung, denn „Postrock“ hatte wohl keiner auf dem Zettel. Danach der Knaller „Atmosfear“ und der krönende Abschluss mit „A Forest“, ebenfalls eine Cover, im Original von THE CURE.

Am Ende bleibt ein starkes und durchaus auch witziges Konzert einer Band, der ich mehr Aufmerksamkeit und Erfolg wünsche!

Not everyone likes Metal - Fuck them!!!