„Kinder Kinder wie die Zeit vergeht!“ Dieser etwas ausgelutschte Spruch schoss mir tatsächlich in den Sinn, als ich das neue, mittlerweile 13. Studioalbum der erfolgreichsten deutschen Mittelalter-Rockband IN EXTREMO auf die Ohren bekam. Denn seit fast 30 (!!) Jahren dauert die Entwicklung des Septetts von einer Gruppe, die auf kleinen Mittelalter-Märkten akustisch und klein angefangen haben bis hin zu den heute eine der härtesten Vertretern des Genres und Publikums-Magneten!
„Wolkenschieber“ heißt das neue Album also und bietet den Fans all das, was sie von ihren Lieblingen um Frontmann Michi Rhein erwarten dürfen…und diesmal sogar noch mehr! Dieses Mehr besteht dann vornehmlich aus einer Reihe von Gästen, die auf vielen der 14 neuen Liedern zu hören sind. Ich weiß, gerade in der Mittelalter-Szene ist das mittlerweile gute Sitte, ich persönlich finde es manchmal grenzwertig, denn wenn die Anzahl der Gäste übertrieben wird, könnte der betreffenden Gruppe eine Anbiederung an die Fans jener Gäste unterstellt werden. IN EXTREMO bieten jedenfalls mit Joachim Witt, Santiano-Sänger Björn Both, Henry M. Rauhbein, Joey und Jimmy Kelly und Oliver „SaTyr“ Pade von Faun schon eine stattliche Zahl von Freunden auf. Aber egal, kommen wir zur Musik!
Der Titeltrack ist auch gleich der Opener, der mega eingängig zum Feiern und Trinken animiert, am besten mit dem gleichnamigen Likör, den es mit der Platte und IN EXTREMO-Label auf der Flasche zu kaufen gibt! Klar ist das mitunter vielleicht kritisch zu sehen, aber die Musik und Mittelalter-Rock im Allgemeinen steht eben für gute Laune, Tanzen, (Alkohol) trinken und fröhlich sein, oder? Auch wenn die Geschichte um den Schnaps, der 1875 zur Linderung von Schwermut, Liebesunlust oder Durchfall gebraut wurde, die IN EXTREMO bei „Wolkenschieber“ erzählen frei erfunden ist, könnte sie wahr sein und genau das ist eben lustig! Aber In Extremo haben bei ihrer Mischung aus harten Gitarren und mittelalterlichen Instrumenten nicht nur Feierlieder wie genanntes oder „Des Wahnsinns Fette Beute“ drauf, sondern auch Texte, die aktuelle politische Themen aufgreifen. „Katzengold“ etwa, wobei hier alle Hetzer und Verschwörungs-Theoretiker was auf die Fresse bekommen. Ein weiteres lyrisches Highlight ist ganz klar „Schweine“, das sowohl die Massentierhaltung als auch rechtes Gedankengut an den Pranger stellt. Insgesamt bleibt aber bei „Wolkenschieber“ der positive Blick in die Zukunft, wie etwa bei „Komm Lass Die Welt Sich Weiterdrehn“ bewiesen wird. Mit „Feine Seele“ (siehe Video) hat auch eine, wie ich finde wunderschöne Abschieds-Ballade den Platz auf das Album gefunden, die besonders durch die großartige, tief kratzige Stimme von M. Rhein geprägt wird! Andere Songs, die mich durch die wuchtigen Synthie-Sounds frappierend an UNIVERSUM 25, dem Side-Projekt vom Frontmann erinnern, stehen für modernere Einflüsse bei IN EXTREMO (z.B. „Geschenkt Ist Geschenkt“). Außerdem gibt es die schon im letzten Jahr veröffentlichte Single „Weckt Die Toten“ (mit Gast Henry M. Rauhbein von seiner Band RAUHBEIN und), wobei mit diesem Titel an das gleichnamige Album aus dem Jahr 1998 erinnert wird. Mit „Ólafur“ gibt es darüber hinaus ein altes Volkslied aus Island! IN EXTREMO stellen sich mit „Wolkenschieber“ insgesamt also noch breiter auf, was ich gut finde!