Ja super, es ist wieder November und seit Kurzem kommen wieder allerlei Künstler um die Ecke, um ihre Weihnachts-Grütze-Musik an den Mann/die Frau zu bringen. Gäääähhn!! Namen nenne ich jetzt keine, aber gerade im Schlager-Bereich ist das bekanntlich „gute“ Sitte, ach was wünsche ich mir einen Nachfolger vom Kult-Album „Heavy Christmas“!
Da kommt mir die Platte von RAMMSTEIN-Keyboarder und Buch-Autor Christian „FLAKE“ Lorenz gerade recht, denn wer seine Arbeiten abseits von RAMMSTEIN kennt wird erahnen, wie skuril, humorvoll, schräg und damit auch unterhaltsam sein persönliches Weihnachtsalbum sein wird! Ob es geeignet ist, mit dem Besuch der Schwiegereltern für Begeisterung zu sorgen, wage ich allerdings zu bezweifeln! Das aber ohne jedes schlechte Gewissen von meiner Seite! Ich habe mich jedenfalls seit einem Podcast von Heinz Rudolf Kunze in den Humor von FLAKE verliebt, der sich nahtlos bei diesem Album wiederfindet!
FLAKE sagt selbst, dass er ohne Gäste gesanglich durchfallen würde und da gebe ich ihm absolut Recht. Denn singen kann er wahrlich nicht, trotzdem klingen viele der von ihm intonierten Lieder nur mit Piano-Begleitung gerade aufgrund der perfekten „unperfekten“ Stimme sehr charmant. Aber die speziellen Kleinigkeiten sind es, die den besonderen Reiz ausmachen. Als Beispiele dienen etwa die „eins zu eins-Übersetzung“ ins Deutsche von WHAM`s „Last Christmas“ durch das Berliner Musik Comedy-Duo ICKE UND ER, herrlich! Und da ist noch die elektronische Untermalung von der düsteren deutschen Version von „Winter Wonderland“, die an KRAFTWERK erinnert (siehe Video „Weißer Winterwald“). Meist reicht dem Künstler nur ein lockeres Klavier, um seine schrägen Gesangseinlagen zu präsentieren. Wie gesagt sind es die klanglichen Kleinigkeiten, die den fröhlichen Texten den oft bitterbösen, schwarzen Beigeschmack geben. Hierfür stehen die Versionen von „Stille Nacht, Heilige Nacht“ mit Country-Tarantino-Pfeiff-Flair, „Süßer Die Glocken Nie Klingen“ mit original Statemants aus der DDR-Zeit oder „Schneeflöckchen Weißröckchen“ mit Kriegs-Geräuschen als instrumentalem Hintergrund, was gerade zur Zeit des Ukraine-Konflikts sehr aktuell und sarkastisch rüberkommt. Ja, manch einer zarten Seele mag die Weihnachts-Gans bei der Platte im Halse stecken bleiben. Weitere Gäste wie ÄRZTE-Sänger/Gitarrist Farin Urlaub, KNORKATOR-Frontmann „Stumpen“ oder Michi Rhein von IN EXTREMO („Es Ist Ein Ros Entsprungen“) sind willkommene Gäste und werten diese echt besondere Weihnachts-Platte zusätzlich auf. Lediglich das abschließende Duett von Metal Queen DORO mit JOEY KELLY, das mit ihrer Version von „Fairytale Of New York“ zu keinem Zeitpunkt ans Original der POGUES mit Kirsty MacColl heranreicht, erscheint mir einen Tick zu kommerziell gedacht.
Als Fazit bleibt für mich ein witziges, sarkastisches, teilweise böses und sehr empfehlenswertes Album, das zwar ein wenig Mehr an Aufmerksamkeit erfordert und nicht zum Plätzchenbacken geeignet ist! Speziell, aber geil!!
Das Cover zeigt übrigens das Portrait des ganz jungen FLAKE!