Einige von euch, die im progressiven Metal bzw. Alternative Metal bewandert sind, die Grenzen sind ja oft fließend, werden den amerikanischen Gitarristen, Sänger und Songwriter DAVID JUDSON CLEMMONS vielleicht kennen. Er gilt als Gründer von Bands wie DAMN THE MACHINE oder MINISTERS OF ANGER. Seit 2004 ist er vermehrt Solo unterwegs und der Musiker veröffentlichte insgesamt vier Platten unter seinem Namen, das letzte „Tribe & Throne“ 2020. Er lebt mittlerweile in Brandenburg und verdient seinen Lebensunterhalt als Gitarrenlehrer in gleich mehreren Musikschulen. Das gibt ihm die Freiheit, weiterhin Musik zu machen und auch zu veröffentlichen.
„Everything A War“ ist ein dramaturgisch dichtes Album geworden, das bei mir zugegebenermaßen ein paar Durchläufe brauchte, um zu zünden. War das früher ein eher schlechtes Zeichen, ist das im progressiven Bereich für mich allerdings ein positives Qualitätsmerkmal. Denn es stecken viele kleine Details in den Songs, sei es wie beim Opener „Learn To Resest“ ein melancholischer, durch Streicher getragener Beginn, der sich allerdings zu Sphären hinaufschwingt, die am Prog-Metal kratzen. Auch die Melodien brauchen ein wenig länger, aber die ebenfalls spezielle Stimme, die mich tatsächlich hin und wieder an DAVID BOWIE erinnert („No Fear, No Love, No Cry“) vermag es die Spannung hochzuhalten. So geht es meist etwas getragener zu Werke, wie beim tiefsinnigen „Drones & Satellites“ etwa, wobei der Künstler es versteht, immer ein paar unerwartete Wendungen in die Songs einzuarbeiten, wie z.B. trockene weibliche Vocals, nur von einer Akustik-Gitarre begleitet. Nein, so ganz „normal“ entwickelt sich oder endet kein Lied. Mit „The Caves Below“ wird es mal etwas düsterer, wobei auch hier zum Ende hin durch Country-Gitarren Tarantino-Flair und ein gewisser Aha-Effekt aufkommt. Für die Geigen auf dem Album ist eine sehr bekannte Musikerin zu hören, und zwar ANNE DE WOLFF, die u.v.a. mit und bei BAP, ROSENSTOLZ, FISCHER-Z oder FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE ihre Spuren hinterließ. Es gibt auch Songs auf dem Album, bei denen sich der Hörer gefahrlos wegträumen darf („Truce“), während das abschließende „Quasi“-Titelstück „The Old World Is Gone“ gewollt an PINK FLOYD erinnert, was vornehmlich am flirrenden Gitarren-Sound sowie dem intensiven und an Roger Waters klingenden Bass-Spiel liegt. Einfach toll! Ebenfalls ein atmosphärisch dichtes Lied ist „Songs In The Key Of You“ (siehe Video), das für mich exemplarisch für die Grundstimmung steht. Da ich auch das Cover-Artwork als sehr gelungen und zur Musik passend empfinde, gibt es keine Gründe allen Liebhabern anspruchsvoller Rockmusik dieses Werk nicht ans Herz zu legen.