Eine bunte und abwechslungsreiche Mischung steht heute Abend auf dem Programm, und wieder einmal habe ich in Hamburg die Qual der Wahl. Denn in der Sporthalle steht parallel heute niemand geringeres als PANTERA auf der Bühne. Und wem das noch nicht reicht: die Metalcore Veteranen von THE DEVIL WEARS PRADA spielen im Grünspan. Umso erfreulicher ist es, dass heute in der Markthalle das Schildchen „ausverkauft“ über der Abendkasse baumelt.
Das ist alles andere als selbstverständlich, da THE BUTCHER SISTERS eher ein jüngeres Publikum ansprechen wie PANTERA. Und auch dieses Publikum muss bereit sein die hartverdienten Kröten für ein Ticket auf den Tische zu legen.
Wer das getan hat und pünktlich vor Ort ist bekommt als erstes AVRALIZE zu sehen. Eine noch frische und junge Metalcore Band die sich allerlei einfallen lässt um nicht im Genre Sumpf unterzugehen. Und das macht das Quartett aus Rottweil richtig gut. Die ganz große Stimmung kommt in der halben Stunde jetzt nicht auf, so viel sei schon einmal gesagt, allerdings sind auch so einige Zuschauer noch nicht im Konzertraum angekommen.
Unter den Anwesenden sind allerdings sehr wohl schon Menschen die mit dem Material von AVRALIZE vertraut sind. Die Setlist besteht aus vier Songs vom Debüt Album „Freaks“, welches letztes Jahr heraus kam. Dazu noch zwei neuere Lieder zum Ende des Auftritts, „Wanderlust“ und „Upside Down“.
Wie eingangs geschrieben peppt die Kapelle ihre Tracks mit viel Groove und/oder technisch anspruchsvollen Elementen auf. Ab und zu mal gibt es auch die ganz grobe Kelle und wir tummeln uns plötzlich in Deathcore Gefilden. Und so gehen die dreißig Minuten zackig rum und AVRALIZE können sicherlich in Hamburg, wenn sie im Winter zu ihrer Headliner Tour wieder kommen, den ein oder anderen neuen Fan wieder begrüßen.
Nach einer kurzen Umbaupause kommen BLUTHUND auf die Bühne. Auch die sind zu viert, kommen allerdings aus Berlin und nicht aus dem Süden unserer Republik. BLUTHUND sind schon einen (oder mehrere?) Schritt weiter als AVRALIZE; die zweite komplette Scheibe ist bereits veröffentlicht, und die Band hat sich einen Namen gemacht. Dabei geholfen haben Kollaborationen mit anderen Künstlern wie z.B. ENGST, B-TIGHT oder auch Joakim Broden von SABATON!
Eine eigene Soundbeschreibung von BLUTHUND lautet: „StromGitarrenWutRap“, und dass trifft es ganz gut. Crossover aus Sprechgesang und harten Gitarrenriffs, dazu ein paar kleine technische Spielereien. Fertig ist Kunstwerk BLUTHUND, und nicht wenige hier in der Martkhalle haben darauf gewartet.
So ist schon beim Opener „Bye Bye Irokesengang“ ordentlich Bewegung im Publikum, und Frontmann Abraxas tut alles dafür um die Stimmung hoch zu halten. Das Energie ist verdammt hoch, und steigert sich dann noch einmal, als zu „Beat Brauch Bauch“ die beiden THE BUTCHER SISTERS Sänger Stroppo und Alex auf die Bühne kommen.
Aber auch ohne Verstärkung können BLUTHUND sehr gut unterhalten. An die Absperrung springen und mit den Fans ins Mikro brüllen, mit einem Bürostuhl einen Circle Pit dirigieren oder direkt per Crowdsurfing den direkten Kontakt zu den Fans suchen: das Quartett aus der Hauptstadt zieht hier alle Register und hinterlässt nach 45 Minuten eine sehr aufgeheizte Masse. Ein mehr als gelungener Auftritt!
Wir steuern hier ohne große Verzögerung auf den Höhepunkt des Abends zu. Der Umbau geht zügig und ohne erkennbare Probleme voran, und so stehen gut zwanzig Minuten später THE BUTCHER SISTERS auf der Bühne. Natürlich passenderweise mit Sonnenbrillen, denn der Opener heißt „Sonnenbrille“!
Wer mit diesem Humor ein Problem hat sollte spätestens jetzt die Markthalle verlassen, oder ist natürlich gar erst erschienen. Und selbstverständlich kann ich alle Metalheads verstehen, die auf diese Mischung von Metalcore, Discobeats und Gaga Texten keine Bock haben. Auf der anderen Seite zieht das Quintett aber auch jede Menge Leute an, die eventuell sonst nicht auf einer Metal Show anzutreffen sind.
Das die Mannheimer sich selber nicht ganz so wichtig nehmen lockert die Show auch immer wieder auf. Für den Fall das irgendjemand der Meinung sein sollte, Stücke wie „Aperol“ oder „Bierdurst“ hätten eine tiefere Bedeutung.
So gibt es fast alle Stücke vom neuen Album („Gruss, die Oma“ und „Zu Viel Nudelsalat“ sind ja eh keine Songs, dazu fehlen dann „Barsch“ und „TK Pizza“), immer wieder garniert mit Blödeleien der beiden Sänger Stroppo und Alex. Letzterer wirkt ein wenig blass um die Nase, und tatsächlich eröffnet Stroppo zur Halbzeit, dass Alex die letzten Tage krank gewesen ist. Hut ab davor, dass er trotzdem auf der Bühne steht!
Aus Entertainment Gründen gibt es ein riesiges Glas Aperol zu trinken, aufblasbare Keulen mit denen die erste Reihe „verdrescht wird, eine aufblasbare Banane zum Crowdsurfen, Konfettikanonen….eigentlich bleiben keine Wünsche offen, und das Publikum ist komplett begeistert. Die Stimmung und die Temperatur steigen kontinuierlich, und zu den drei Zugaben „Drachtentöter“, „Dosenbier“ und „Baggersee“ sind erste Erschöpfungserscheinungen sichtbar.
Aber dann ist nach knapp 90 Minuten Feierabend, was aber okay ist, denn, und das gehört auch zur Wahrheit, auch der beste Witz erschöpft sich irgendwann einmal.
THE BUTCHER SISTERS sind ein wenig die Band der Stunde, und die Jungs nutzen die Gunst der Stunde. Der Auftritt dieses Jahr in Wacken ist eine logische Konsequenz und die nächste Tour für Anfang 2026 bereits angekündigt. In Hamburg hat man heute so ziemlich alles abgerissen und ein rundum zufriedenes und glückliches Publikum hinterlassen!