„Diamonds Unlocked“ hieß das erste reine Coveralbum des Bochumer Gitarristen Axel Rudi Pell und seiner Band, das 2007 erschien. Damals durfte er sich dafür nicht nur gute Kritiken anhören und für viele Fans galt es lange Zeit als eines der schwächsten Pell-Alben. Doch wie das häufig so ist, mit den Jahren wächst eine Platte auch häufig und mittlerweile hat der große Blonde aus dem Ruhrgebiet scheinbar durchaus richtig Spaß daran, aus fremden Kompositionen seine eigenen, unverkennbaren Varianten einzuspielen. So fanden sich auf den letzten regulären Studioplatten bzw. den Balladen-Sammlungen schon einige Cover-Songs, zum Beispiel „Hey Hey, My My“ von Neil Young, „Hallelujah“ von Leonard Cohen oder „Way To Mandalay“ von Blackmore`s Night. Aber anstatt einfach diese Varianten plus ein paar neue Coversongs auf ein Album zu packen, entschied sich „Mr. Zuverlässig“ dazu, in der Corona bedingten Auszeit eine Fortsetzung von „Diamonds Unlocked“ einzutüten. Aber auch die darauf enthaltenen Neufassungen halten einige Überraschungen parat! Der Chef selbst verriet uns, wie immer gut gelaunt und hoch motiviert, die Hintergründe.
Axel, Hand aufs Herz, hätte es ohne die Pandemie „Diamonds Unlocked II“ zu diesem Zeitpunkt oder überhaupt gegeben?
Ehrlich gesagt eher nicht, weil wir zu diesem Zeitpunkt ja mitten in der Tour mit unserem letzten Album „Sign Of The Times“ gewesen wären. Dann hätte ich ja gar nicht so viel Zeit gehabt, das Album vorzubereiten. Jedenfalls habe ich unsere Plattenfirma SPV gefragt, ob wir das Album nicht einfach machen wollen und die fanden auch, dass das eine super Idee ist.
Hast du keine Lust darauf, mal ein Akustik-Album zu machen oder wie viele deiner Kollegen mal mit einem Orchester ARP-Songs aufzunehmen?
Nää, das ist absolut nix für mich! Ich war schon öfters mal mit meiner Frau auf Unplugged-Konzerten oder sogar auch schon mal mit Streichern und so…da muss ich richtig hart mit mir kämpfen, dass mir nicht spätestens nach dem dritten Lied die Augen zufallen, haha!!
Okay, das hätten wir also geklärt. Eine erste Überraschung ist für mich schon das Intro. Das ist nicht nur für deine Verhältnisse sehr lang, sondern erstens nicht so Keyboard-lastig wie üblich, sondern zweitens auch mit „Der Schwarze Abt“ auf Deutsch betitelt. Oder hat das Lied sogar etwas mit einem Edgar Wallace-Buch bzw. dem -Film zu tun?
Nein, grundsätzlich nicht. Ich hatte sogar zuerst einen ganz anderen Titel für das Intro. Aber ich habe mich mit meinem Ton-Ingenieur bei den Aufnahmen über alte Edgar Wallace-Filme unterhalten und der hat mich auf die Idee gebracht, dass das ein cooler Titel für ein Intro wäre und gut zu mir passen würde. Gesagt, getan, aber mit dem Film hat die Musik grundsätzlich nichts zu tun. Dass das Intro etwas länger geraten ist, hat sich beim Komponieren einfach so ergeben, weil ich noch den mittelalterlichen Part dranhängen wollte und es einfach so gelassen habe. Aber auch das war keine bewusste oder kalkulierte Entscheidung, ich finde es passend.
Diese Intros gehören ja schon zu deinen Markenzeichen und deine Fans erwarten sie mittlerweile auch. Warum sind dir die Intros eigentlich so wichtig?
Ich finde, dass der Hörer durch ein Intro in eine bestimmte Stimmung gelenkt wird und es leichter wird, die Scheibe an einem Stück durchhören zu können. Meistens sind meine Intros ja ein bisschen düsterer, melancholischer oder rätselhafter. Und immer sind sie etwas leiser oder ruhiger als der erste richtige Song, der danach kommt. Das heißt die Leute schmeißen die Platte in die Anlage, drehen die Lautstärke nach oben und werden dann vom ersten Song erschlagen, haha!!
Okay, das ist mal ne Erklärung, mit der ich was anfangen kann. Klar, es ist ja erst dein zweites Coveralbum und irgendwie muss die Auswahl der Songs ja zustande kommen. Stellen die Songs darauf einen Querschnitt deines eigenen Musik-Geschmacks dar oder bekommst du durch Freunde oder deine Frau hier und da Hinweise?
Tipps oder Hinweise bekomme ich eigentlich gar nicht, die Songs suche ich selbst aus. Natürlich habe ich meine Frau mal gefragt, aber die nannte mir dann Titel, mit denen ich überhaupt nichts anfangen konnte, haha! Ich hatte natürlich schon eine Liste und die war wesentlich länger, als die die wir jetzt aufgenommen haben. Ich glaube, da waren 25 oder 26 Lieder dabei. Diese Liste ist aber kein Querschnitt meines Geschmacks der Musik, die ich täglich höre, aber trotzdem finde ich die betreffenden Songs einfach cool. Letztendlich muss ich es selber interessant finden, die Songs in ein ARP-Gewand zu verwandeln und was noch wichtiger ist, ich muss mir vorstellen können, dass sie gut klingen in unserem typischen Stil. Wir hatten zum Beispiel noch einen Song von Aphrodite`s Child mit Demis Roussos als Sänger, der später mit „Butterfly“ und „Goodbye My Love Goodbye“ mit Schlagern Hits hatte. „The Four Horsemen“ hieß das Lied, das war Prog Rock Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger Jahre. Das Lied fand ich auch nicht schlecht, aber da war so Eunuchen-Gesang dabei und wenn ich damit zu Johnny gekommen wäre, hätte er mich wahrscheinlich erschlagen. Aber ich bin mit der Auswahl letztendlich zufrieden, weil alle Songs den ARP-Charakter bekommen haben, was ich gut finde. Besonders aufregend finde ich dabei, wenn ich der Meinung bin, dass der Song auch von uns hätte sein können.
Singt Johnny eigentlich alles, was du ihm vorgibst oder hat er manchmal Einwände in textlicher Hinsicht?
Klar, hat er manchmal Einwände, das gilt aber eher für die eigenen Songs und betrifft die Höhen der Stimmlage. Aber mittlerweile kenne ich ja seine Vorlieben und habe mich auf seine Range eingestellt. Was jetzt beim Cover-Album vorkam, dass Johnny oder auch Bobby erstaunt nachgefragt haben, weil sie ein paar Songs gar nicht kannten, „Black Cat Woman“ von Geordie, „Rock`n Roll Queen“ von den Subways oder „Sarah (You Take My Breath Away)“ von Chris Norman. Aber im Endeffekt fanden sie die ihnen unbekannten Stücke auch cool und hatten ihren Spaß. Aber die Auswahl habe ich selbst getroffen, denn du weißt ja, dass wir eine demokratische Band sind. Wir diskutieren so lange, bis ich Recht habe, haha!
So kenne ich dich, herrlich! Es gibt nicht wenige Fans von euch, die mal gerne ein Deep Purple-Cover von euch hören möchten. Jeder weiß ja, dass du maßgeblich von Richie Blackmore beeinflusst wurdest. Aber immerhin gibt es mit „Lady Of The Lake“ einen Rainbow-Song aus der Dio-Ära auf dem neuen Album.
Ja, ja, ich weiß, von mir aus könnten wir ein Doppelalbum machen mit Deep Purple-Songs, aber genau das will ich ja nicht! Es ist viel reizvoller für mich, mich an Songs heranzuwagen, die nicht aus dem gleichen Genre kommen! Mal abgesehen von „Lady Of The Lake“ oder „There`s Only One Way To Rock“, warum soll ich versuchen, die eh schon geilen Originale noch besser hinzukriegen? Ich feiere ja Purple selber ab und erfreue mich an deren Versionen, von daher gibt es für mich keine Gründe, die Songs besser oder anders machen zu wollen. Ich habe auch „Lady Of The Lake“ nur deshalb mit aufgenommen, weil sie diesen Song nie live gespielt haben und er international eher untergegangen ist. Außerdem haben wir uns, bis auf die zwei Solos und ein paar Keyboards ziemlich nah am Original gehalten.“
Nachvollziehbar. Eine echte Überraschung ist für mich der Song „She`s A Lady“, den jeder von Tom Jones kennt. Zuerst dachte ich, dass es total geil ist, daraus eine Ballade zu machen. Aber nach der Bridge geht es ja richtig ab!
Genau, nach dem Mittelteil kommt der Mann mit dem Hammer! Aber genauso muss das sein und so habe ich mir das vorgestellt! Das ist genau das, was ich damit meine, aus den Originalen was anderes zu machen, ohne dass es albern wirkt. Jeder, mit dem ich über das Lied gesprochen habe, war aber der gleichen Meinung wie du, also von daher…alles richtig gemacht, oder?“
Absolut! Wie du zu Beginn schon angedeutet hast, wurde ja die Tour zum letzten Studioalbum schon zum zweiten Mal verschoben. Das muss doch für eine ausgesprochene Live-Band so richtig fies sein! Aber ihr geht ja dann auch mit gleich zwei neuen Platten auf Tour, was sicherlich Probleme bei der Setlist mit sich bringen dürfte, oder?
Och ja, was soll ich sagen? Also, vom Coveralbum werden wir keine Songs live spielen, dafür haben wir viel zu viele eigene Stücke und Songs, die die Fans einfach verlangen! Wir sind ja schon so weit, dass wir aus mehreren Stücken ein Potpourri machen müssen! Und nein, wir werden nächstes Jahr im Frühjahr sogar mit drei Alben auf Tour gehen, weil wir fest vorhaben, ein neues Studioalbum noch in diesem Jahr zu veröffentlichen! Ich bin jemand, der im Rhythmus bleiben muss, einige Lieder sind auch schon fertig. Das neue Album wird voraussichtlich im Dezember rauskommen, aber ein Titel und Cover-Artwork steht noch nicht fest. Der erste Teil der Tour soll im Frühjahr stattfinden und der zweite Teil dann im Herbst. Es wird auch echt Zeit, dass wir wieder live loslegen können!
So ist es!