Moderner Melodic Metal mit einer Prise Bombast hauen uns die Süddeutschen Oversense auch auf ihrer zweiten Scheibe recht gekonnt um die Ohren. Grund genug um bei Gitarristin Jasmin Pabst mal nachzufragen wie die Dinge denn laufen.
Hallo, beim zweiten Album darf man das ja noch fragen: Was wollt ihr mit eurem Bandnamen ausdrücken, also warum habt ihr diesen gewählt?
Man darf das doch generell immer fragen! Tatsächlich gibt es bei uns eine recht kurze Antwort, ohne viel auszuufern: OVERSENSE ist eine ‘schlechte’direkte Übersetzung des Heimatortes von Danny Meyer, unserem Fronter! Er kommt aus dem bayrischen Dorf Obersinn, welches mit over=ober und sense=Sinn direkt übersetzt wurde. Aber natürlich sind wir immer von den Eigeninterpretationen anderer angetan! An was denkst du?
An das Wort Übersinn! „Egomania“ ist ein starker Titel und auch das Artwork von Björn Gooses finde ich ganz toll! Muss da an die Menschen an sich und die ganzen Influencer denken die so tun als wäre die Welt immer ganz toll und schön und wir können so weiter machen. Oder wie siehst du das?
Prinzipiell sind wir mit einer ähnlichen Idee bzw. Beschreibung unseres Albums an Björn herangetreten. Unsere Lieder beschäftigen sich alle in verschiedenen Aspekten mit den menschlichen Abgründen. Sei es die Selbstverleugnung, um anderen zu gefallen, sei es die Verurteilung durch andere in Social Media oder aber auch die unendliche Gier des Menschen nach ‘immer mehr’, ohne für das dankbar zu sein, was er bereits ist oder hat. Primär ist es die Menschheit an sich, die sich in der kleinen Karikatur wiederfindet, nicht unbedingt nur ‘die Influencer’. Die allgemeine menschliche Arroganz, alles um sich herum zu vergessen, um sich in Reichtümern zu baden war eher der Grundgedanke. Der Song „Be“ behandelt allerdings in der Tat inhaltlich das Verhalten des Stereotyps Influencer – mit Betonung auf Stereotyp, wie es auch unser Musikvideo herrlich aufs Korn nimmt. Wir nehmen uns aber nicht heraus, über andere Menschen generell zu urteilen, das steht keinem zu. Als wir das Artwork von Björn gesehen haben, waren wir erst einmal überrascht und irritiert zugleich. Auf den ersten Blick ist es sehr unkonventionell, aber es hat nicht lang gedauert, bis wir das Artwork liebten! Immer wieder fallen uns neue coole Details auf! Der Mensch, der alleine auf dem Floß mit seinen Reichtümern’ treibt und ihm die Welt total egal ist: da brennt ein Haus, da schwimmt ein toter Fisch, das Kriegsschiff ist auf den Namen „Egomania“ getauft. Es lohnt sich echt jedes Detail anzuschauen, da viele der kleinen Dinge symbolisch für unsere heutigen Probleme stehen. Von daher sind wir überglücklich mit Björns Arbeit! Ein großes Dankeschön an dieser Stelle noch einmal!
Musikalisch ist das Album für mich ja moderner Melodic / Power Metal mit leichtem Bombastfaktor. Kannst du dich da wiederfinden?
Die Genrefrage hat uns immens beschäftigt und ist immer noch ein Thema! Ich persönlich finde, dass der Sound irgendwo zwischen Alternative Metal und Heavy Rock mit modernen Elementen liegt. Oft kommen von Hörern Vergleiche mit Alter Bridge, Metallica, Iron Maiden, aber auch mit Trivium, Sonata Arctica und Avantasia. Da sind so viele Einflüsse in einem einzigen Song zu finden, dass es echt schwer wird, das komplette Album in eine Nische zu stecken. Jeder hat eine andere Meinung zu ‘unserem’ Genre und das ist ziemlich interessant … oder sogar auch echt gut, nicht direkt abgestempelt zu werden. Deine Beschreibung ist genau das, wo wir hinwollten: Es muss knallen! Schön, dass der Bombast rüberkommt!
In Sachen Sound macht ihr ja einiges selber und der Feinschliff kommt vom Gates Studio. Das Ergebnis spricht für sich. Wie hat sich das so ergeben?
Vielen Dank für das Kompliment! Ich war persönlich beim ersten Album noch nicht dabei. Von dem, was ich gehört habe war der Hauptpunkt, dass das Recording im Studio unter Zeitdruck nicht so unbedingt Spaß macht. Man MUSS jetzt abliefern und den Sound dann nehmen, der dabei rauskommt. Zweifelsohne war auch beim Debüt der Sound super, aber wir wollten eine Spur professioneller und qualitativ hochwertiger werden. Danny hat durch sein eigenes Studio, den Sunway Studios, die Möglichkeiten Drums, Bass, Rhythmus-Gitarren sowie Vocals aufzunehmen und einen Pre-Mix zu erstellen. Auch ich besitze dank meines YouTube-Kanals ein kleines Home-Studio, sodass ich nicht die hunderte an Kilometer fahren muss, um meine Leads bei Danny einzuspielen. Es ist einfach ein immenser Komfort, natürlich aber auch ein Haufen Zusatzarbeit für Danny, alles so oft einzuspielen, bis es ‘perfekt’ ist, oder aber auch nochmal, um Dinge im Nachhinein zu ändern. Für den Feinschliff vertrauen wir dann den richtigen Profis, die das schon ewig machen und wissen, wie ein Master auf allen Endgeräten gut klingt. Und da waren Miro Rodenberg und Olaf Reitmeier vom Gate Studio (Avantasia, Kamelot, Epica) die optimale Wahl! Der Sound brettert. Und sind wir mal ehrlich: bis man alle Details kommuniziert hat, wie welches Instrument, wo abgemischt werden muss, kann man, wenn möglich, die Zeit zum selber Vorproduzieren nutzen.
Wo siehst du die Unterschiede zu eurem Debütalbum?
Eine interessante Frage für mich, da ich relativ objektiv den Sound von „The Storyteller“ betrachten kann. Der Mix von „Egomania“ ist lauter und hat mehr Dynamik somit kann der Sound viel besser knallen. Rein songtechnisch hat sich viel getan. Während Danny größtenteils die Songs für das Debüt komplett alleine geliefert hat, haben wir alle vier an „Egomania“ zusammengeschrieben. Wahrscheinlich ist auch deswegen jeder Song anders, da alle von uns die unterschiedlichsten Einflüsse mitbringen. Paddl und Vau sind so zum Beispiel in deutlich härteren Gefilden unterwegs als Danny und ich. Dafür höre ich sehr viele unterschiedliche Genres von Django Reinhardt, Cage The Elephant über Equilibrium bis Children Of Bodom und Slipknot. So hat sich nicht nur der Sound an sich, sondern auch die Songstruktur verändert. Abgesehen davon ist „Egomania“ deutlich abwechslungsreicher als „The Storyteller“ und auch Danny hat beim Verfassen der Songtexte noch einmal draufgesetzt. Beides sind OVERSENSE-Alben, aber „Egomania“ ist definitiv die Weiterentwicklung von „The Storyteller“ in allen Aspekten!
Auf dem Album sind ja auch Duette mit Sängerinnen zu hören. Andere Bands greifen oft tief in die Tasche und kaufen dafür bekannte Mietmusiker ein und erhoffen sich da einen Werbeeffekt von. Ihr habt ja eher unbekannte Leute, die aber auch gut singen. Sind das Bekannte von euch, war das ein bewusster Schritt?
Der Song „Faith“ war direkt als eine Art Power Metal Nummer mit Orchester geplant und wir alle waren uns einig, dass Ulli Perhonen von Snow White Blood dabei sein muss! Ihre Stimme ist überwältigend. Seitdem Rhön Rock 2018 sind wir mit der Band befreundet. Danny ist auch auf Snow White Bloods Single „You Belong To Me“ gefeatured. Neben gemeinsamen Auftritten, die hoffentlich in 2022 dann stattfinden, kommt bestimmt noch die ein oder andere Zusammenarbeit! Ulli hat eine wunderbare Performance für „Faith“ geliefert, das war in der Tat ein bewusster Schritt. Für „Be“ haben wir überlegt, dass eine weibliche Stimme mit ordentlich Dreck’ den Song aufwerten kann. Aber die Sängerinnen-Suche gestaltete sich schwierig. Auch hier haben wir nicht im Kopf gehabt ‘lasst uns doch XYZ anschreiben und uns in ihrem Fame baden’ – prinzipiell ist das ja immer der Vorwurf, der mitschwingt. Wir haben uns alleine auf die Suche begeben und rein nach der Stimme geurteilt. Einigen Sängerinnen haben wir geschrieben – und einige Absagen wegen zu hoher Involviertheit in anderen Projekten erhalten. Unser Management Dr. Music Management machte uns auf Sick N’ Beautiful aufmerksam. Herma Sick hat eine sehr einzigartige raue Stimme, die uns direkt gefallen hat. Nach kurzen Absprachen konnte sie ihre Parts für „Be“ aufnehmen und so dem Song einen ganz eigenen Charakter verleihen! Man sollte daher nie auf den Bekanntheits-Grad anderer Musiker setzen, die Magie, dass ein Song einem gefällt, kommt durch das richtige Miteinander, wenn Musiker auf die richtigen Kollegen treffen. Ulli und Herma waren daher die perfekte Wahl!
Habt ihr die Pandemiezeit bis jetzt ausgesessen oder habt ihr das eine oder andere wie auch immer geartete Konzert gespielt?
Da wir bei unserer Crowdfunding-Kampagne für „Egomania“ Wohnzimmerkonzerte angeboten haben, spielten wir bereits bei zwei unserer Fans auf der Terrasse im Garten – mit abgespeckter Akustik-Show. Es waren definitiv sehr gemütliche und schöne Erlebnisse mit herzlicher Atmosphäre! Wir möchten uns dafür noch einmal bedanken, ihr seid die Besten! Einmal gab es sogar ein sehr besonderes Empfangsgeschenk: Ein Kuchen garniert mit Fondant-Miniaturen von uns! Wenn das mal nicht eine einzigartige coole Geste ist, dann weiß ich auch nicht! Zu den richtigen’ Shows: Wir hatten die Ehre auf dem Phungo Festival in Pfungstadt nahe Darmstadt zu spielen – ein sehr schönes, gemütliches Metal-Festival mit durchdachtem Hygiene-Plan und wundervollen Menschen! Das hat richtig Laune gemacht! Zumal wir dort einige Live-Premieren z. B. von „Toast To The Devil“ und „Love“ feiern konnten. Eine Woche später gab es einen Headliner-Gig beim Wiesthal-Open-Air. Was ein Konzert! Das war purer Abriss, wie die Leute mit uns gefeiert haben. Diese Energie, die man bekommt, wenn das Publikum die Songs mitsingt – oder bei unbekannten Tracks mitsingen will – ist unbeschreiblich! Wir waren überglücklich, wie die Leute auf die neuen Songs reagiert haben! Dementsprechend hat es so immens gut getan nach zwei Jahren wieder richtig auf der Bühne Vollgas zu geben! Wir freuen uns noch auf das Sinner Rock (10.09.), den Support Gig für Winterstorm in Fulda (18.09.) sowie die Auftritte in Darmstadt (16.10.) und Oberhausen (23.10.). Zusätzlich gibt es ein digitales Event am 16.09., wo wir ein einstündiges Livestream-Konzert spielen werden, in Zusammenarbeit mit dem Stagehouse Würzburg!“
Was sind eure Pläne für 2021/22?
Vor kurzem haben wir unsere dritte Single „Love“, ein Prequel zur 2017er Single „Mr. Mackie’s Chase For Love“ vom Debütalbum, veröffentlicht, zu der wir ein wirklich krasses Musikvideo mit Witzki Visions produziert haben, bei dem Danny wieder in die Rolle des Serienkillers Mr. Mackie geschlüpft ist. Definitiv nichts für schwache Nerven. Ansonsten live spielen natürlich! Es klingt schmalzig, aber es gibt nichts Schöneres, als mit unseren Fans auf Konzerten zusammen zu feiern. Dazu gibt es eventuell noch eine Portion Songwriting. Den Rest? Den kann man eh nicht planen!“