Oregon ist ein dünn besiedelter Staat im Nordwesten der USA. Aus Eugene, einer der größten Städte in dieser reichlich kargen Ecke, stammen MAESTUS. Das Quintett hat mit „Deliquesce“ sein zweites Album am Start bzw. im Laden und setzt hierauf die auf „Voir Dire“ (2015) eingeschlagene Richtung konsequent fort: Melodischer Deathdoom mit Grrrowlgesang, bei dem gepflegte Melancholie riesengroß geschrieben wird. Im Gegensatz zum Vorgänger ist „Deliquesce“ eine Ecke melodischer und dynamischer ausgefallen, was sicher nicht zuletzt dem Fakt geschuldet ist, dass MAESTUS neben zwei Gitarristen auch einen Keyboarder in ihren Reihen haben. Auf dem Klangfundament der relativ doomuntypisch-agilen Rhythmusgruppe toben die Saiten- und Tastenfraktion sich ausgiebig aus, variieren Tempi und Emotionen, pendeln zwischen elegischen Passagen und hasserfüllten Doublebasspassagen, zwischen Trauer und Wut, und gestalten die Songs auf „Deliquesce“ sehr spannend und vielfältig.
Mir persönlich gefällt die Scheibe trotz aller angebrachten Wertschätzung für handwerkliche Qualität und ausgefeiltes Songwriting und toller Spielzeit (vier Songs in über 50 Minuten) nicht. Zu viel Hall auf dem Schlagzeug, zu viel Tragik beim (stellenweise zweistimmigen) Gesang, zu hohe Keyboardwände, zu viel Bombast und Theater: als Filmmusik sicher nicht schlecht, nur zum Hören fehlt mir was. Freunde von MAR DE GRISES, PALLBEARER und SHAPE OF DESPAIR könnten hieran ihre angenehm eingetrübte Freude haben.