Das bei einem Open Air Konzert von DIE TOTEN HOSEN in Hamburg nicht innerhalb kürzester Zeit das Schild „Ausverkauft“ über den elektronischen Ticket Buden hängt ist schon ein wenig seltsam. Andererseits gibt es bei vielen Konzerten & Festivals (groß und klein!) heutzutage Probleme, kurzfristige Absagen von Bands und schleppende Ticketverkäufe. Einen Tag vor dem Konzert ist es dann aber soweit, und offiziell sind keine Eintrittskarten mehr zu erwerben. Das Fassungsvermögen auf dem großen Parkplatz vor dem Volksparkstadion wird mit 20.000 angegeben. Direkt vor Ort ließ es sich aber irgendwie nicht abschätzen ob dass denn nun wirklich 20.000 Nasen sind. Was soll’s, die Stimmung ist gut, der Wetteronkel hat es ebenfalls heute Abend mit uns gut gemeint, man trifft lauter nette Menschen und der Bierstand ist auch nicht allzu weit entfernt. Klingt nach einem guten Abend!
Als Vorband gehen heute FEINE SAHNE FISCHFILET auf die Bühne. Das ist nicht über die komplette Tour von DIE TOTEN HOSEN so, sondern die Support Acts variieren. Da ich keine Fotoerlaubnis bekommen habe und uns die Bilder gestellt werden, gibt es leider zu FEINE SAHNE FISCHFILET keine Fotos, sorry! Mit etwas Verspätung kommen die fünf Herren aus Mecklenburg – Vorpommern auf die Bühne. Der Einstieg mit „Zurück In Unserer Stadt“ und „Alles Auf Rausch“ ist energiegeladen, der Sound recht gut und ordentlich, und auch die Sichtverhältnisse sind speziell im hinteren Bereich als vernünftig zu bezeichnen. Sänger Jan „Monchi“ Gorkow kann ja nicht anders und erzählt vor jedem Song ein paar Hintergrundgedanken zum nächsten Stück, sonstige Weisheiten oder einen Schwank aus seiner Jugend. Das nimmt manchmal ein wenig Fahrt aus dem sonst eher fulminanten Auftritt. Ob es aber so clever ist, direkt vor dem Stadion des HSV und einem Anteil von locker 50% FC St. Pauli Fans unter den Zuschauern grüßende Worte in Richtung Hansa Rostock durch die Lautsprecher zu jagen? Ich finde nicht, und die Buh-Rufe waren schon recht deutlich und laut vernehmbar.
Nun ja, der Auftritt geht weiter, mit dem Song „Warten Auf Das Meer“ kommt eine weitere Stimmungsbremse zum Einsatz, und zum Ende der gut 45 Minuten darf Monchi auch nochmal Bengalos bzw. Rauchtöpfe anzünden.
Ich persönlich kann mit der Band nicht viel anfangen, der Auftritt heute ist auch meine erste Live Erfahrung mit FEINE SAHNE FISCHFILET, und am Ende kann ich zwar sagen, dass der Auftritt schon unterhaltsam war, es aber sicherlich bessere Support Lösungen geben kann.
Etwas mehr als 30 Minuten Pause sind angesetzt, bevor die Herren aus Düsseldorf die Bühne betreten. Da kann man sich auch mal ein Bier holen! Leider sind die Getränke Stände so überlastet dass es mehr als diese Zeitspanne dauern wird, um einen Hopfen Smoothie oder anderes zu bekommen. Das ist nun schon das dritte Mal in diesem Jahr, dass ich dieses Elend bei Open Air Konzerten in verschiedenen deutschen Städten mit erleben darf. Ist das so überraschend dass während der Pause plötzliche ein paar Tausend Menschen etwas zu trinken haben wollen? Zahlt man den Menschen hinter dem Tresen nur noch Sklavenlöhne? Kann man nicht 2 Nasen mehr pro Stand da hinstellen? Oder vielleicht auch generell mal ein bis zwei Stände mehr aufstellen?
Mit einem Western Intro auf den Leinwänden bahnt sich dann Großes an: DIE TOTEN HOSEN kommen auf die Bühne und legen mit „Alle Sagen Das“ und „Auswärtsspiel“ fulminant los. Die Herren sind auch in die Jahre gekommen, obwohl Campino immer noch wie ein Derwisch über die Bühne tobt und wirklich selten still steht. Bei dem Rest hält sich der Bewegungsradius doch in Grenzen, auch wenn Breiti und Andi immer mal wieder kleine Spaziergänge machen.
Aber in diesem Jahr ist nunmal der 40. Geburtstag einer Band, die weit über den deutschsprachigen Raum hinaus als eines der deutschen Aushängeschilder für Musik gilt. Und das wird von allen gefeiert, sowohl auf der Bühne wie auch davor. Da können sich die Musiker auch ein Lächeln nicht verkneifen, wie man es immer mal wieder auf den großen Leinwänden sieht.
„Altes Fieber“, „Helden Und Diebe“, „Bonnie & Clyde“….es folgt Knaller auf Knaller. „Liebeslied“ wird dem FC St. Pauli gewidmet, mit „Heute Hier, Morgen Dort“ von HANNES WADER und „Halbstark“ von THE YANKEES gibt es auch schon einmal zwei Cover Versionen.
Dann folgt aber mit „Was Zählt“ eine absolute Rarität, und es sollte nicht die letzte des Abends gewesen sein. Campino fragt vorher auch scherzhaft, wo die drei Leute sind die den Song kennen.
So langsam nimmt die Dunkelheit dann auch Überhand und die Lightshow kommt wesentlich besser zur Geltung. Überhaupt gibt es in diesen Bereich weiterhin nichts zu meckern. Der Sound ist knackig, angenehm laut und gut austariert. Die Video Leinwände bieten immer wieder Mischungen aus Einzelaufnahmen oder zusammengesetzte Collagen aus eben diesen Aufnahmen. Ein schöne Ergänzung wenn man weiter hinten steht oder etwas kleiner an Körpergröße ist.
Bei „Wannsee“ lässt es sich Campino nicht nehmen, ein kurzes Mal über die Absperrung zu hüpfen und sich zu den Fans in der ersten Reihe zu gesellen. Zwar sind seiner Klettertouren durch die Lichttraversen mittlerweile passé, aber diesen Spaß lässt der mittlerweile 60jährige sich nicht nehmen.
Skurril geht es weiter, denn neben Klassikern wie zum Beispiel „Pushed Again“ kommt dann auch der Weihnachtssong „Still, Still, Still“, der nicht nur sehr selten live gespielt wird, sondern sich Mitte Juni in T-Shirt und kurzer Hose mit Bier in der Hand auch irgendwie falsch anfühlt. Aber wenn ich mir die anderen Besucher so anschaue sind viele darunter die bereits in den Party Modus umgestellt haben und wirklich alles abfeiern was da von der Bühne kommt. Das klingt vielleicht negativer als es gemeint ist, viel mehr möchte ich damit zum Ausdruck bringen dass nach den eher kargen zwei vergangenen Jahren nun endlich wieder mit vielen Menschen gefeiert werden kann, die alle einen gemeinsamen Nenner haben. Und was kann es schöneres geben?
Wir nähern uns langsam dem Ende, den nun gibt es nur noch Gassenhauer. „Steh Auf, Wenn Du Am Boden Bist“, „Alles Aus Liebe“, „Wünsch Dir Was“ und „Hier Kommt Alex“, bevor die Band mit viel Applaus von der Bühne geht. DIE TOTEN HOSEN waren und sind immer noch eine starke Live Band, die fast immer auf Tour ist und sich großen Schnickschnack wie ausgedehnte Pryo Effekte oder ähnliches schenkt. Und so ist es auch nicht wirklich erstaunlich, dass es insgesamt drei (!) Zugabenblöcke gibt.
Block Nummer eins beginnt mit „Alles Wird Vorübergehen“. Danach kündigt Campino einen Song einer hoffnungsvollen und talentierten Band aus Berlin an, bevor „Schrei Nach Liebe“ von DIE ÄRZTE aus den Boxen wummert. Auf „Zehn Kleine Jägermeister“ kann ich persönlich verzichten, bevor mit „Schönen Gruß, Auf Wiederseh’n“ erneut die Bühne verlassen wird.
Eine kurze Pause später geht es mit „Tage Wie Diese“, „Verschwende Deine Zeit“ und „Freunde“ weiter, bevor mit „You’ll Never Walk Alone“ ein weiteres Cover (im Original von RODGERS & HAMMERSTEIN II) dargeboten wird.
Zum allerletzten Akt bekommt das Publikum dann noch die absolute Perle „Die Farbe Grau“ zu hören. Ein Song, der das letzte Mal im letzten Jahrtausend von dem Quintett live dargeboten wurde. Ein echter Wahnsinn, und nicht wenige Hardcore Fans hatten feuchte Augen. „Alles Wird Gut“ kommt auch noch, bevor mit „Eisgekühlter Bommerlunder“ definitiv Schicht im Schacht ist.
Knapp 2 Stunden und 30 Minuten beste Unterhaltung und verdammt viel gute Laune. Was soll man sonst noch dazu sagen? Eine Band, die zum 40. Geburtstag derart abräumen kann, die über einen so großen Fundus an Songs verfügt, dass man absolute Klassiker wie „Liebespieler“, „1000 Gute Gründe“, „Opel-Gang“, „Nur Zu Besuch“, „Bayern“, „Sascha“ usw. NICHT spielt, das will schon was heißen. Es bleibt zu hoffen, dass die Band auch noch in 10 Jahren so agil und mit so viel Spielfreude am Start ist wie am heutigen Abend.