PARTY.SAN METAL OPEN AIR 2022

Billing

Party.San Metal Open Air 2022

Ort

Flugplatz Obermehler-Schlotheim

Datum

11.08. – 13.08.2022

Bilder

Marc Schallmaier

Es ist (mal wieder) strahlender Sonnenschein, als wir uns dem Freizeitflugplatz Obermehler nähern. Die Anfahrt zur Bude wo die VIP/Presse Pässe vergeben werden ist vertraut, und ebenso einige Gesichter die wie wir in der Schlange für die Pässe und Bändchen sehen. Allerdings zieht sich die Prozedur dieses Mal extrem in die Länge, und ich weiß nicht so ganz genau was los ist. Wenn ich aber meine eigen Zeit, die ich direkt am Schalter stehe, als Gradmesser nehme, dann haben hier ein paar Leute in der Schlange extrem schlecht mit dem Veranstalter Team kommuniziert. „Hallo, ich bin Marc, Presse- und Fotopass, VIP Camping“. „Ja, alles klar, hier sind Deine Pässe, bitte an die Spende denken, viel Spaß“. Was ist daran so schwer?

Ab geht es mit den entsprechenden Pässen im Auto aufs Festival Gelände. Auch hier müssen wir etwas geduldig sein, aber die Klimaanlage verrichtet brav ihren Dienst und ich freue mich schon auf das erste Bier. Das soll aber noch dauern, denn auf dem Gelände angekommen regiert erstmal ein wenig das Chaos.
„Nein, ihr könnt gerade nicht zum VIP Camping, da ist alles voll. Fahrt bitte in die komplett andere Richtung wo der normale Camping Bereich ist, die Kollegen leiten euch weiter“. Okay…….am Ende fahren wir einen riesigen Bogen, biegen dann auf den VIP Camping Ground ab und stehen vor der Herausforderung, zu einem der zahlreichen freien Plätze durchzukommen, die in 2. und 3. Linie noch vorhanden sind. Da die lieben Kollegen die erste Reihe nahezu komplett vollgeparkt haben, ist die Durchfahrt nicht ganz easy. Das war in den vorherigen Jahren (vor der Corona Zwangspause) ebenfalls ein Problem, und ich verstehe nicht so ganz warum man dort nicht entweder einen Mitarbeiter abstellt, der halbwegs das Parken & Zelten koordiniert, oder Wege und Durchfahrten klar und deutlich absteckt. Als wir „unseren“ Platz erreicht haben, ist von einer „Rettungsgasse“ oder einem Fluchtweg absolut nichts zu sehen….

Egal, das Zelt wird aufgebaut, ein erstes Bierchen verhaftet, Fotoequipment geschultert und ab geht es in Richtung Bühne, wo ich der alten Tradition treu bleibe und mindestens die Opener Band BIRDFLESH verpasse. Als Bonus verdaddel ich auch noch REVEL IN FLESH.

DONNERSTAG

GAEREA

Los geht es für mich mit GAEREA aus Portugal. Atmosphärischer Black Metal bei schlappen 30 Grad und strahlendem Sonnenschein ist ein wenig ein Widerspruch in sich, aber der Sound der Portugiesen lassen einen die Umstände schnell vergessen. Auch die Theatralik von Frontmann Guilherme Henriques trägt ihren Teil dazu bei dass GAEREA nicht umsonst als der neue „heiße shice“ gelten. Das kann man unterschreiben, die Songs sind griffig und extrem gut auf den Punkt gebracht. Die Band sollte man sich unbedingt in einem schummerigen Club anschauen!

HIGH SPIRITS

Jedes Jahr gibt es eine oder zwei Bands, die nicht so richtig zum Rest des Party.San Billing passen. Und meistens ist das auch halb so wild, schließlich reden wir hier über einen 45 Minuten Set. Heute bei HIGH SPIRTS geht es aber irgendwie nicht. Zwar geben sich die Musiker Mühe, ein richtiger Funke will aber irgendwie nicht überspringen. Auch finde ich persönlich den melodischen Hard Rock als sehr austauschbar. Schwamm drüber, kommt halt mal vor.

SECRETS OF THE MOON

Die Band aus Osnabrück hat zu ihren letzten Konzerten aufgerufen, der Ruhestand wird demnächst eingeläutet. Also sollte man sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen die Band noch einmal auf großer Bühne zu genießen. Das sehen aber anscheinend nicht alle so und der Platz vor der Stage ist nur mäßig gefüllt. Für ihren atmosphärischen Sound ist gleißendes Sonnenlicht etwas kontraproduktiv, aber daran lässt sich nun auch nichts mehr ändern. Etwas schade, denn so kommt unter dem Strich allenfalls ein durchschnittlicher Auftritt zustande.

EXHORDER

Es ist mal wieder Zeit für eine Legende! EXHORDER aus New Orleans geben sich die Ehre, und das Thrash Metal Urgestein gib sofort Vollgas! Kyle Thomas, Frontmann und Gitarrist, macht lustige Ansagen und die Songs vom Meilenstein „Slaughter In The Vatican“ werden umgehend vom Publikum mit viel Bewegung honoriert. Lediglich „My Time“ und „Incontinence“ kommen von anderen Alben. An der zweiten Gitarre heute Waldemar Sorychta, den man von DESPAIR und/oder GRIP INC. kennt. Der Tausendsassa springt immer mal wieder als Live Musiker ein.
Jedenfalls ist alles top, EXHORDER haben Bock und das Publikum hat Bock auf EXHORDER!

DER WEG EINER FREIHEIT

Die Würzburger haben sich in den letzten Jahren zu einer echten Größe im extremem Metal gemausert, und sich somit den etwas späteren Slot auf dem Party.San absolut verdient. Das Publikum möchte diesem Schauspiel auch beiwohnen und genießt den Post Black Metal der Truppe aus Würzburg. Soweit ich das mitbekommen gibt es einen bunten Querschnitt aus nahezu allen Alben heute, und die Mischung aus aggressivem Geprügel und melodischen Abschnitten passt zur langsam eintretenden Dunkelheit.

ALCEST

Was DER WEG EINER FREIHEIT angefangen haben, das beenden nun die Franzosen von ALCEST. Passend zur wunderschönen Abendstimmung (leichte Kühle, die Dunkelheit) und mit einer traumwandelnden Sicherheit schickt die Band die Zuschauer auf eine atmosphärische Reise, der sich kaum jemand entziehen kann. Der Post Black Metal entfacht eine absolute Magie, die ich so nicht für möglich gehalten habe. Das meine ich in Bezug auf die große Bühne, denn der Sound von ALCEST ist eigentlich prädestiniert für einen kleinen Club mit intimer Atmosphäre. Aber „Neige“ und „Winterhalter“ schaffen es mit Ihren Mitstreitern ein absolutes Highlight zu liefern.

CARNATION

Auf geht es zum ersten Mal ins Zelt in diesem Jahr, und es sollte nicht das letzte Mal sein. Das CARNATION hier spielen mag ein wenig seltsam anmuten, schließlich gehörend die Belgier seit ihrer Gründung vor 7 Jahren zu den hoffnungsvollen Newcomern im Death Metal. Der richtig große Wurf blieb aber bis heute aus, was vielleicht das ausschlaggebende Argument war dass das Quintett aus Antwerpen im vollgepackten Zelt antreten darf.
Die Jungs machen jedenfalls das Beste aus der Situation und spielen sich den Allerwertesten ab. Der schnörkellose Todesblei ist eine gelungene Abwechslung zwischen den atmosphärischen Klängen von ALCEST und dem hirnlosen Geballer, was auf der Hauptbühne gleich folgen soll.

MAYHEM

Es ist an der Zeit für den Co-Headliner des heutigen Abends, und was soll man noch groß über diese polarisierende Band sagen? Ich schenke mir das und komme direkt zur Sache. Der Sound ist unterirdisch, und ergibt mit dem sinnlosen Geknüppel einen einzigen stumpfen Brei der in unfassbarer Lautstärke aus den Boxen dröhnt. Zur Wahrheit gehört aber auch dass man dieses Problem während der Laufzeit des Auftritts in den Griff bekommt.
Und tatsächlich haben sich die Norweger etwas einfallen lassen um ihren Auftritt aufzupeppen. So gibt es zwei Kostümwechsel, passend dazu werden auch gleich die Backdrops gewechselt, und man taucht in die jeweilige musikalische Phase der Band ein. Insgesamt eine Stunde lang ballert man sich durch die verschiedenen Schaffensperioden, und wer nicht zu 100% mit dem Material vertraut ist könnte auch auf die Idee kommen, dass MAYHEM nur drei bis vier Songs haben die in Endlosschleife laufen.
Gut, was solls, ist halt nicht meine Baustelle, aber locker fünf- bis sechstausend andere finden das ziemlich geil. Und darauf kommt es ja schlußendlich an.

CANNIBAL CORPSE

Tja, auch wenn die Kannibalen Leichen mittlerweile sehr routiniert ihren Set durchprügeln, so hat das heute verdammt viel Charme. Und verdammt viel Wucht, denn der Sound kommt glasklar aus den Boxen und drückt alles weg. Die Amerikaner glänzen zwar nicht durch zur Schau gestellte Spielfreudigkeit, aber wenigstens Frontnacken Corpsegrinder beweist mit seinem eigenen Fanshirt („Respect The Neck“) für eine gewisse Ironie. Ansonsten sind CANNIBAL CORPSE heute ein würdiger Headliner und spielen einen Klassiker nach dem nächsten. „Scourge Of Iron“, „Fucked With A Knife“ oder auch „Skull Of Maggots“. Satte 12 Alben sind vertreten, und es bleiben keine Wünsche offen. Ein wirklich starker Auftritt!

FREITAG

KADAVERFICKER

Freitag Mittag auf dem Party.San ist Grindcore Zeit! Diesen Part übernehmen in diesen Jahr KADAVERFICKER, und das Publikum hat sich wieder sehenswert in Schale geworfen. Trotz der beachtlichen Temperatur ist vor der Bühne das Geschehen tatsächlich spannender als auf der Bühne. Musikalisch gewinnt die Band aus Nordrhein-Westphalen wahrlich keinen Blumentopf, aber der Entertainment Faktor ist unbestritten. Zur Abkühlung werden von einem männlichen Groupie noch ein paar Getränke von der Stage geworfen

LIK

Mit LIK kommt dann endlich das erste Mal klassischer Schweden Tod auf das diesjährige Party.San. Und wer noch kein Fan der Band ist, seinen Death Metal aber gern skandinavisch mag, der wird ab sofort nicht mehr ohne das Quartett aus Stockholm auskommen. Die Band spielt tight, rockt ihren Set mit viel Freude und lässt sich auch nicht von anfängliche Soundproblemen stören. „Ghoul“, „Flesh Frenzy“ oder auch „Le Mort Homme“ sind eben auch bockstarke Songs und begeistern das Publikum

1914

Dass 1914 aus der Ukraine überhaupt auf der Bühne stehen ist schon ein Wunder. Das eigene Land wird vom Angriffskrieg durch Russland zerstört, und nur durch eine Sondergenehmigung der ukrainischen Regierung war es für die Musiker möglich die Heimat zu verlassen. Und natürlich haben sie jedes Recht dazu die Bühne für politischen Statements zu nutzen. Sei es mit der ukrainischen Flagge auf die Bühne zu kommen oder eben durch politische Ansagen.
Es steht mir, der aus einem Land wie Deutschland kommt, sicherlich nicht zu, diese Lage von ukrainischen Bürgern zu beurteilen. Ich hoffe niemals in einen Krieg verwickelt zu sein. Doch die Ansagen von Frontmann „Ditmar Kumarberg“ driften irgendwann zum Ende des Sets in eine Art Generalabrechnung mit der westlichen Welt ab, und nach meiner Meinung ist hier der Bogen überspannt. Ich für meinen Teil fühle mich irgendwann nicht mehr wohl und verlasse den Platz vor der Bühne vor Ende des Auftritts. Nochmals: ich kann das Leid dieser Menschen nicht im Ansatz nachfühlen. Der Gedanke, dass meine Heimatstadt von fremden Soldaten angegriffen wird übersteigt meine Vorstellungskraft. Trotzdem muss ich nicht als Prellbock für meine verantwortliche Regierung herhalten.
Musikalisch liefert die Band auch ein leicht diffuses Bild ab, was aber auf Grund der ganzen Umstände absolut nachvollziehbar ist. Die Musiker sind nicht zu 100% bei der Sache. Gröbere Spielfehler gibt es zwar nicht, ein echtes Zusammenspiel sieht aber auch anders aus. Das es bei den einzelnen Stücken auch um Krieg geht macht die Sache irgendwie nicht leichter.
Der Auftritt von 1914 ist eine richtige und wichtige Sache, die ein oder andere Ansage hätte man sich aber schenken können.

MALEVOLENT CREATION

Mein erstes Mal MALEVOLENT CREATION, und dann so einen Reinfall. Nur als Trio am Start (Phil Fasciana ist nicht vor Ort) glänzen die drei Mucker mit Desinteresse und Lustlosigkeit. Die Stücke werden heruntergeholzt und die zweite Gitarre fehlt an allen Ecken und Enden. Passend dazu das völlig verlotterte Miami Dolphins Shirt von Gitarrist und Sänger Ryan Taylor, der ja mittlerweile auch schon wieder die Band verlassen hatte. Selten habe ich eine so bocklose Band erlebt.

NORNIR

Das Quartett aus Freiberg hat mit ihrem Album „Verdandi“ aus dem Jahre 2019 für einige Wirbel gesorgt. Und auch live kann die Band überzeugen. Obwohl es im Zelt sehr hell ist, schafft es die Band mit ihrer Mucke und der entsprechenden Corpsepaint Attitüde einiges an Atmosphäre zu erschaffen. Ebenfalls ein gutes Argument für die Sympathiewerte die NORNIR haben: das Zelt ist wirklich gut gefüllt, das ist keine Selbstverständlichkeit bei Black Metal und gefühlten 35 Grad nachmittags um drei. Black Metal sollten die Band unbedingt im Auge behalten, auch wenn man immer wieder MGLA durchschimmern hört. Aber das ist halb so wild, Frontfrau Lethian und ihre drei Mitstreiter haben ein paar gute Songs im Köcher.

ONSLAUGHT

Gerade noch dominieren Black Metal Töne das Geschehen, schon schwenken wir auf lupenreinen Thrash Metal um. ONSLAUGHT, die für meinen Geschmack immer zu wenig Beachtung erhalten, rocken die Bühne aber mal so richtig fett. Seit dem letzten Album „Generation Antichrist“, wo auch der neue Frontmann David Garnett zum ersten Mal am Start ist, regiert wieder purer, aggressiver Thrash Metal. Der Pit dankt es den Briten und der Kreis in den Zuschauern wird immer größer. Und selbst Skeptiker zeigen sich nach dem halbe Auftritt überzeugt und schütteln das Haupthaar. Die Band macht es einem aber auch wirklich leicht heute zum Fan zu mutieren. Viel Spiellaune, das Publikum anfeuern und immer ein Grinsen im Gesicht, das sind ONSLAUGHT 2022!

MISERY INDEX

Mit dem wüsten Death Metal der Amerikaner von MISERY INDEX konnte ich noch nie was anfangen, und ich kann das auch gar nicht richtig erklären. Denn mit der grundsätzlichen Spielart kann ich sehr wohl etwas anfangen. Aber auch heute ändert sich der Beziehungsstatus zwischen der Band und mir nicht. Der abwechselnde Gesang, die Gitarren Riffs….ich werde einfach nicht warm damit. Das sehen ein paar tausend Leute vor der Bühne wesentlich anders und gehen ziemlich steil. So gehen die Meinungen eben manchmal auseinander.

UADA

Ich gönne mir ein paar Bands Pause, genieße die Atmosphäre, die guten Verpflegungsbuden und das Ganze Drumherum. Führe tolle Gespräche, treffe alte und neue Freunde und tausche mich mit den Kollegen der schreibenden und fotografierenden Zunft.
Seit ihrem Erscheinen vor 6 Jahren sind UADA nicht mehr aus der Speerspitze des atmosphärischen Black Metal nicht mehr wegzudenken. Vier starke Alben und hunderte von Konzerten stehen seitdem auf der Haben Seite, und beides kommt dem Quartett heute zugute. Starke Songs „Djinn“ oder „Devoid Of Light“ knallen ohne Ende, und auch wenn die Band für einen Fotografen recht langweilig ist (die langen Kapuzen verhüllen einfach alles was gerade spannend ist!) , der knappe Zinnober auf der Bühne gepaart mit der wuchtigen Mucke sorgt für ein beeindruckendes Ambiente. Ganz stark!

ASPHYX

Habe ich die Niederländer schon einmal mit einer schwachen Vorstellung erlebt? Nein.
Und auch dieses Jahr ist auf die Mannen um Frontmann und selbsternannter „Harald Juhnke des Death Metal“ Martin van Drunen verlass. „Death The Brutal Way“, „Asphyx“, „Deathhammer“, „Molten Black Earth“, ein Hit jagt den Nächsten und nur die wenigsten im Publikum stehen komplett still. Denn bei all der Düsternis, im wahrsten Sinne des Wortes, wissen die Jungs immer noch wie man ein Masse nicht nur mit der Musik begeistern kann. Ein paar Sprüche und ein spaßige Ansagen reichen da schon völlig aus. Ansonsten lassen die Jungs aus Oldenzaal wirklich gar nichts anbrennen!

KATATONIA

Wer auch immer die Idee hatte, ein Band wie KATATONIA zwischen die beiden Death Metal Schwergewichte ASPYHX und CARCASS zu packen: Hut ab vor dieser doch gewagten Entscheidung. Dann das ist eine klassische „Hit or Miss“ Ausgangssituation. Ich für meinen Teil muss gestehen, dass es eher „miss“ war. Die Laune nach ASPHYX war auf einem verdammt hohen Level, die Stimmung ausgelassen und das Publikum war bereit für den nächsten Nackenbrecher. Stattdessen gibt es einen Tiefschlag namens KATATONIA. Die Vertonung der Schwermut, die musikalische Ausarbeitung der unendlichen Traurigkeit, gepaart mit der Leidensfähigkeit von Sänger Jonas Renkse, das funktioniert nach dem Gute Laune Bär namens Martin van Drunen einfach nicht.
Gefühlt dauert der Auftritt drei Stunden, und das liegt nicht nur an der merkwürdigen Songauswahl (der Schwerpunkt liegt auf dem 2006er Album „The Great Cold Distance“), sondern auch der gelebten Lustlosigkeit der Musikanten.
Eine Band wie KATATONIA hat ihre Daseinsberechtigung, generell wie auch hier beim Party.San. Sie aber zwischen zweimal Death Metal der Spitzenklasse zu packen war meiner Meinung nach ein Fehler.
PS: Sollte es natürlich irgendwelche logistischen Probleme gegeben haben, die nicht nach draußen gedrungen sind, und eben genau diese Variante nur übrig blieb, habe ich nichts gesagt.

CARCASS

CARCASS sind und bleiben eine Macht! Was die vier Engländer heute vom Stapel lassen kann man nur mit einem Begriff wie Weltklasse umschreiben. Jeff Walker feuert ungewohnt oft das Publikum an, welches sich nicht zweimal bitten lässt und komplett ausrastet. Bill Steer ist dagegen der absolute Ruhepol, der mit einer extremen Gelassenheit seine Riffs und Soli abfeuert.
Und nach den eher „sanften“ Klängen von KATATONIA knallen Songs wie „Burial Dreams“ oder „Genital Grinder“ gleich doppelt so hart.Das britische Quartett glänzt mir Spielfreude, und der Sound knallt aus den Boxen wie ich es auf einem Festival lange nicht mehr erlebt habe.
Mit „Heartwork“ wird der Set beendet, der einem Headliner mehr als würdig ist.

SAMSTAG

SLAUGHTERDAY

Die beiden Ostfriesen Jens Finger und Bernd Reiners, verstärkt mit drei Live Musikern, eröffnen den heutigen Samstag. Der doomige Death Metal eignet sich hervorragend um in der brütenden Mittagshitze das erste Bierchen zu kippen. Eine halbe Stunde bieten SLAUGHTERDAY einen Querschnitt durch ihr bisheriges Schaffenswerk. Gibt es zu Beginn noch einen Funken Nervosität, so ist dies schnell abgeschüttelt und die Band nutzt die große Bühne ausgiebig.
SLAUGHTERDAY unterstreichen damit einmal mehr, dass sie zu der Speerspitze der deutschen Death Metal Bands zählen!

PURGATORY

Obwohl die Death Metal Spezialisten von PURGATORY schon seit fast 30 Jahren im Rennen sind, waren größere Erfolge nicht zu verzeichnen. Bekannt sind sie auf alle Fälle, und den Schriftzug wird jeder, der es wohlwollend mit Death Metal meint, schon einmal auf einem Flyer oder einer Konzertankündigung gesehen haben. Laut meiner Meinung liegt das aber einfach an der gespielten Mucke.
Genau wie Vorgänger SLAUGHTERDAY spielt man gerne amerikanisch-inspiriertes Todesblei, allerdings ohne die Doom Einflüsse und dafür weit aus aggressiver. Und genau hier liegt der Hund begraben. Zuviel Geknüppel lässt die Songs leider austauschbar erscheinen. Das sehen die Fans vor der Bühne etwas anders und feiern die Sachsen amtlich ab.

PANZERFAUST

Eine absolute Überraschung sind dann PANZERFAUST! Die Kanadier habe ich als leicht räudige Black Metal Band in Erinnerung, mit dem Material bin ich aber so gut wie gar nicht vertraut. Das ändert sich heute, denn das Quartett (mit Schlamm beschmiert und der Sänger mit einer Maske die aus drei Gesichtern besteht) legt eine irre Spiellaune an den Tag. Sie meistern den feinen Balance Akt zwischen Atmosphäre und Aggressivität, und das Publikum nimmt es ihnen dankbar ab. Zwar nimmt das Gepose etwas Überhand, aber wer derart abliefert kann seinen ultrafiesen Gitarren Riffs auch breitbeinig in die Menge schleudern.

NUNSLAUGHTER

Es ist an der Zeit für ein echtes Urgestein der (amerikanischen) Death Metal Szene. Und wer alle Veröffentlichungen der Truppe aus Pittsburgh sein eigen nennt braucht dafür ein eigenes Regal. Allerdings liegt die Latte nach PANZERFAUST ziemlich hoch, und NUNSLAUGHTER schaffen es leider nicht das Level zu halten. Zwar machen die Jungs durchaus optisch was her, dass kann aber nicht darüber hinwegtäuschen dass der Auftritt recht routiniert runter gezockt wird. Da helfen auch Ansagen oder „lustige“ Songtitel wie „Satanic Slut“ oder „This Is Fucking War“ nichts. Die Reihen lichten sich ab der Mitte des Sets und lässt lediglich die Die Hard NUNSLAUGHTER Fans zurück. Etwas schade das Ganze.

SAOR

Die Schotten um Mastermind, Sänger und  Multi Instrumentalist Andy Marshall bieten jetzt das komplette Kontrastprogramm zu Allem, was bisher über die Bühne gegangen ist. Der folkige, melodische Post Black Metal den SAOR 45 Minuten zelebrieren fordert die Leute zum intensiven Zuhören auf. Klar, die Spaß Fraktion im Publikum bricht nach kurzer Zeit auf um sich an anderen Dingen zu verlustieren, aber alle, die sich in den atmosphärischen Klängen verlieren können, bleiben da und erleben einen tollen Festival Moment. SAOR spielen (leider!) nicht an jeder Steckdose, und Auftritte sind rar gesät. Und auch wenn einige Sound Fragmente unterstützend aus der Konserve kommen, so sind die Musiker doch bestens aufgelegt und intonieren Songs wie „Fallen“, „The Aura“ oder auch „Awakening“ mit Herzblut und vielen Details.
Das Andy Marshall ein umgängiger Typ ist beweist die Tatsache, dass er nach dem Auftritt (und einer kurzen Verschnaufpause) glücksselig über das Festival schlendert, sich andere Bands anschaut und offen für jedes Gespräch ist. Toller Typ, tolle Band!

FLESHCRAWL

Kurz nach dem tragischen Tod des Sängers Svenson Groß vor einem Jahr kam die Meldung, das FLESHCRAWL weiter machen werden. Mittlerweile hat die Band Borisz Sarafatugyinov am Mikro, aber vergessen wird der ehemalige Frontmann nicht: auf der Bühne stehen zwei große Banner mit dem Konterfei von Svenson Groß.
Der Auftritt heute kommt aber nicht wirklich ins Rollen, wobei es irgendwie keinen triftigen Grund dafür gibt. Die Band gibt sich Mühe, der Sound passt, das Publikum ist auch da…..allein der Funke will einfach nicht überspringen. FLESHCRAWL spielen sich quer durch alle Schaffensphasen, und auch Sänger Borisz füllt die übergroßen Fußstapfen seines Vorgängers sehr gut aus. Allein, es ändert sich nichts daran, dass die Band und Publikum heute nicht wirklich zusammenfinden.

SCALPTURE

SCALPTURE aus Nordrhein-Westfalen sind ja sowas wie die Death Metal Lieblinge eines gewissen Thorsten D., der für das Welt Magazin „MyRevelations“ Beiträge schreibt und eher im klassischen Heavy/Power Metal zu Hause ist. War er derjenige, der mir im Vorfeld sagte: „geh hin da, die schaffen was!“?
Ehrlich gesagt weiß ich es nicht mehr, aber irgendjemand riet mir dahinzugehen.
Nun bin ich hier, das Quintett lärmt sich die Seele aus dem Leib und das Zelt ist ordentlich gefüllt. Aber holen SCALPTURE mich auch ab? Jein. Positiv ist auf alle Fälle die Tatsache, dass sich die Jungs darin verstehen die Songs mit Midtempo oder auch mal sehr schleppenden Passagen den Zuhörer/Zuschauer bei der Stange halten. Auf der anderen Seite fehlt den Stücken für meinen Geschmack der Wiedererkennungswert. Will sagen: die Zeit auf der Bühne gestalten SCALPTURE sehr unterhaltsam, aber im Nachgang könnte ich keinen Songs umgehend der Truppe zu sortieren.

MÅNEGARM

Die Schweden von MÅNEGARM sind nach SAOR die zweite Band des heutigen Tages, die vom Sound her ein wenig für Auflockerung sorgt. Viking/Folk Metal steht auf dem Speiseplan, und tatsächlich irritiert das Gedudel die Besucher am Anfang. Viele haben wohl eine andere Erwartungshaltung (inklusive mir), aber manchmal kommt der Berg eben auch zum Propheten, und so nutzt das Publikum die Vorlage und amüsiert sich königlich zu den Klängen der Skandinavier.
Im Verlauf des Sets setzen MÅNEGARM dann auch eher auf etwas schnellere Klänge, sehr zur Freude der Anwesenden, die nun sich der körperlichen Ertüchtigung hingeben konnten. Ein etwas skurriler Auftritt, aber am Ende doch unterhaltsam.

BLOOD INCANTATION

Die Amis aus Colorado können mit Stolz behaupten, eines der unleserlichsten Band Logos der Welt zu haben. Und sie sind auch sicherlich die progressivste Band auf dem diesjährigen Party.San. Wer auf späte DEATH Scheiben steht, der wird sicherlich die ein oder andere Parallele finden. Aber auch Versatzstücke von anderen, eher technisch versierten Todesblei Kapellen kann man finden.
Aus diesem Grund ist es ungewöhnlich, dass das Quartett mit der eher gradlinigen Song „Starspawn“ in seinen Set startet. Aber danach ist dann auch schon Schluss mit eingängigem Geprügel und es startet der frickelige Part. Für meinen persönlichen Geschmack ist das auf Dauer aber einfach zu viel, ich bin auch schon mit NILE stellenweise überfordert. Nichtsdestotrotz sind BLOOD INCANTATION eine Abwechslung und eine Bereicherung.

IMPALED NAZARENE

Tja, mit IMPALED NAZARENE bin ich bisher auch noch nie wirklich warm geworden. Aber ich habe sie auch bisher noch nie live gesehen, und das ändert sich nun.
Das finnische Quartett stürmt auf die Bühne, und bei dem Gitarristen schießt mir sofort die Begriff „unvorteilhafte Kleidung“ in den Kopf. Als ich meinen Blick schweifen lassen muss ich feststellen, dass alle vier Bandmitglieder ein paar schwarze Striche im Gesicht haben. Das hat weniger was von Corpsepaint, sondern eher etwas von talentlosen Kinderschminkern vor dem nächsten Dorf Supermarkt. Das Auftreten gibt schonmal Abzüge in der B-Note.
IMPALED NAZARENE starten ihren Set mit…..dröhnigem Rauschen? Das hier keine filigranen Techniker am Start sind ist mit auch klar, aber der Sound zu Beginn ist so schlecht, dass ich bei bestem Willen keinen Song erkennen kann. Nach drei, vier „Liedern“ bessert sich das Ganze dann etwas.
Aber mir wird dann auch wieder schnell bewußt, warum ich mit den Finnen nicht viel anfangen kann. Das (gewollt) stumpfe Geknüppel holt mich einfach nicht ab, da muss man auch mal ehrlich sein. Interessanterweise lässt auch die Begeisterung im Publikum sukzessive nach, ein Aderlass an Zuschauern ist auch stetig zu verzeichnen. So bleibt für mich nur die Erkenntnis, dass ich die Band nun einmal gesehen habe, und sehr wahrscheinlich kein zweites Mal folgen wird.

DARK FUNERAL

Es gab mal eine Zeit, in der DARK FUNERAL von den DIMMU BORGIR und CRADLE OF FILTH Fans belächelt wurden. Aber diese Zeiten sind lange vorbei, und die Schweden von DARK FUNERAL stehen jetzt zur besten Zeit auf der Hauptbühne. Und eben nicht CRADLE oder DIMMU…..
Nach dem Totalausfall von IMPALED NAZARENE wäre es nun ein leichtes für jede Kapelle, mit angezogener Handbremse die Stimmung im Publikum wieder auf Kurs zu bringen. Aber die 5 Skandinavier denken nicht im Traum daran, hier nur halbgar abzuliefern. In voller Montur mit toller Maskerade, einem wahnsinnig guten und druckvollen Sound, und einer echten Spielfreude räumen DARK FUNERAL aber so richtig ab.
Und auch hier muss ich sagen, dass ich auf Platte kein großer Fan von DARK FUNERAL und ihrer Mucke bin. Die Band hat aber richtig Bock und nimmt das Publikum mit. Dazu hat der Auftritt ein enorm hohes Unterhaltungslevel, gibt es doch Feuer und Pyros im Überfluss. Das ist schon großes Tennis!

BENEDICTION

Nachdem DARK FUNERAL ihre schwarze Messe zelebriert haben, ist es nun an der Zeit wieder dem bodenständigen und grundsoliden Death Metal zu frönen. Dafür stehen nun die Engländer von BENEDICTION und bereit, und schon nach den ersten Klängen von „Iterations Of I“ dreht das gesamte Party.San Publikum komplett durch. Die Briten legen eine enorme Spielfreunde an den Tag, spielen tight wie Arsch, und Dave Ingram ist einer der sympathischsten Front Männer der Todesblei Szene wo gibt. Aber auch der Rest der Band nimmt sich nicht bierernst und macht hier und da mal ein paar Faxen. Das ergibt in der Gesamtsumme einen unfassbaren guten Auftritt mit Hits wie „Jumping At Shadows“, „They Must Die Screaming“ oder „The Grotesque“. Klassiker und Granaten vom letzten Album „Scriptures“ geben sich die Klinke in die Hand. BENEDICTION nehmen hier und jetzt wirklich alle mit, vom Black Metal Maniac über den wild-headbangenden Death Fan bis hin zum bereits ermüdeten Party Gänger. Wahnsinn!

DISMEMBER

Was soll jetzt noch kommen? Nur eine Legende kann jetzt noch mal die letzten Kraftreserven aller stehenden Anwesenden mobilisieren, und welch ein Zufall! Die schwedische Legende DISMEMBER kommt auf die Bühne, um diese ein letztes Mal für dieses Jahr fachmännisch und ordnungsgemäß zu zerlegen. Für mich persönlich wird auch ein kleiner Traum wahr, da ich die Skandinavier in meiner Jugend schätzen und lieben gelernt habe, aber leider nie die Möglichkeit hatte sie live sehen.
Und wer mit „Override Of The Overture“ und „Reborn In Blasphemy“ seinen Set eröffnet, kann nicht mehr allzu viel falsch machen. Frontmann Matti Kärki ist mit einem Gipsverband am Arm ein wenig eingeschränkt, das hindert ihn allerdings nicht daran seine Vocals mit einer beachtlichen Inbrunst ins Publikum zu feuern. Apropos Publikum: gefühlt ist wirklich jeder hier der noch aufrecht gehen kann. Das Infield platzt aus allen Nähten, aber das ist auch völlig berechtigt, da Auftritte von DISMEMBER rar gesät sind. Eines der schwedischen Urgesteine des Death Metal in Original Besetzung zu erleben hat einen gewissen Reiz. Und das Quintett liefert, aber wie!
„Skin Her Alive“, „Pieces“, „Casket Garden“ oder einer meiner absoluten Lieblingssong „Soon To Be Dead“, ein Knaller jagt den nächsten.Dafür, das die Band so selten spielt, harmonieren die fünf Musiker erstaunlich gut, und präsentieren sich als Einheit.
Mit „Dreaming In Red“ beenden dann DISMEMBER diesen Set und auch das diesjährige Festival.

Das diesjährige Party.San Festival geht zu Ende und wieder einmal kann man die Veranstaltung als äußerst gelungen bezeichnen. Die Bandauswahl ist ausgewogen, für jeden Geschmack war mindestens eine Kapelle dabei. Das Wetter mal wieder formidabel (auch wenn die Veranstalter hier natürlich keinen Einfluß drauf haben), und trotz zwei Jahren Corona Pause und dem ganzen Mist, der damit einherging, waren die Preise für Speisen und Getränke nur minimal erhöht worden. Das bunt gemischte Publikum mutiert in diesen Tagen zu einer feierwütigen Masse. Pöbeleien, Schlägereien, Übergriffe jeglicher Art? Mir sind keine bekannt. So aggressive die Mucke auch ist, und so martialisch viele Besucher auch aussehen, so friedlich ist die gesamte Veranstaltung.
Ich habe alte und neue Freunde getroffen und diese drei Tage in vollen Zügen genossen. Wer ein Freund der härteren Klänge im Metal ist, der muss einfach zum Party.San fahren. In diesem Sinne: bis 2023!

Not everyone likes Metal - Fuck them!!!