Frage: Hört sich eine neue Zusammenarbeit zwischen einem Gitarristen mit einem Sänger der gleichen Band immer zwangsweise so an wie deren Haupt-Band? Mmh, schwierig zu beantworten, doch ich denke, dass der geneigte Hörer bzw. Fan gar nicht umhin kommt, beide Geschichten miteinander zu vergleichen. Ok, so häufig kommt dieser Umstand in der Szene nicht vor und so verwundert es mich nicht, dass es ausgerechnet bei der italienischen Plattenfirma Frontiers jetzt so kommt, ohne deren Veröffentlichungs-Politik dabei mehr zu kritisieren, als das eh schon von vielen Seiten der Fall ist. Egal, der Konsument muss selbst wissen, was er und auf welche Weise erwirbt, wir leben schließlich in einem freien Land. Gottlob möchte ich hinterherschicken!
So komme ich auf das vor zwei Jahren gegründete Quintett ALL MY SHADOWS und dem Debüt „Eerie Monsters“. Oben genannte Protagonisten sind zuerst Gitarrist STEPHAN LILL und Shouter ANDY KUNTZ, beide hauptamtlich bei den Pfälzern Vorzeige-Prog-Metallern VANDEN PLAS tätig. Aber das ist noch nicht die einzige Querverbindung zwischen den beiden Bands. Denn auch VANDENPLAS-Drummer und Bruder von Stephan, ANDREAS LILL ist mit an Bord, genauso wie deren langjähriger Mixer, der Keyboarder MARKUS TESKE. Um das Namedropping abzuschließen bleibt noch Bassist FRANKY R. zu nennen, der schon mit und für Michael Schenker oder Paul Shortino gearbeitet hat.
Okay soweit, was zählt ist die Musik, was mich zur Eingangs-Frage bringt. Ja und Nein lautet die zweideutige Antwort! Ganz klar werden eingefleichte VANDEN PLAS-Fans auch bei ALL MY SHADOWS voll auf ihre Kosten kommen, denn allein diese Hammer-Stimme und die ausgeklügelten Arrangements lassen vom ersten Ton an keinen Zweifel daran aufkommen, wer hier musiziert. Einzig die Songs kommen schneller auf den Punkt, sind ein Stückweit dem Hardrock näher als dem Metal, aber weisen immer noch genügend progressive Elemente auf, um eine kribbelnde Spannung bzw. das „gewisse Etwas“, das auch die Musik von VANDEN PLAS auszeichnet, aufrecht zu erhalten. Aber es sind eben mehr „Ohrwürmer“ vertreten, so wie z.B. das großartige „The Phantoms Of The Dawn“, das mich total an gute alte Queensryche-Zeiten erinnert. Aber auch das opulente „Syrens“ weiß absolut zu begeistern. Bei der ganzen Platte schwebt eine unglaubliche Wucht über den Songs, die mich regelrecht süchtig macht, den Repeat-Knopf zu drücken. Da wurde bei der Produktion nicht gekleckert, sondern geklotzt! Mit „Farewell“ befindet sich zwar nur eine Ballade auf „Erie Monsters“, doch die hat es wirklich in sich. Das Lied würde tatsächlich jedem Musical gut zu Gesicht stehen, überhaupt sind viele Lieder allesamt am besten mit dem Attribut „theatralisch“ mit einer guten Portion Heavyness zu beschreiben, da lassen oftmals QUEEN vor dem geistigen Ohr grüßen. Da schließen sich dann offensichtlich die Kreise zu den Theater-bzw. Musical-Produktionen, bei denen VANDEN PLAS beteiligt waren, wie etwa „Last Paradise Lost“ oder „Anima One“. Auch wenn beim abschließenden Titeltrack anfangs eine Schweineorgel an Classic Hardrock der 70er Jahre erinnert, geht es fortan in eine etwas modernere, progressivere Richtung. Eine sehr spannende und unterhaltsame Platte, an der ich mich momentan einfach nicht satt hören kann.