„Ich hab die ganze Welt gesehn, von Singapur bis Aberdeen“….Ich glaube jeder, der von sich behauptet etwas Kenne von Musik zu haben kennt diese erste Zeile aus „Aloha Heja He“, dem größten Hit von ACHIM REICHEL. 2019, also ganze 30 (!!!) Jahre nach Erscheinen, war dieses Lied sogar in China Nummer 1 in den Hitparaden! Eigentlich unglaublich, oder? Viele machen deshalb den Fehler, den Hamburger Musiker, der ganz sicher einer der vielseitigsten Künstler aus Deutschland ist, an diesem Hit festzumachen. Kürzlich 80 Jahre jung geworden blickt er aus diesem Anlass auf eine über 60-jährige Karriere zurück, auf die er wahrlich stolz sein darf! Nicht umsonst wird er gerne „Ur-Vater des deutschen Rock“ genannt.
Mit den RATTLES in den 60er Jahren fing es an, Tourneen mit u.v.a. ERIC BURDEN, THE ROLLING STONES und natürlich die unvergessenen Auftritte als Vorgruppe der BEATLES bei deren einzigen Deutschland-Tour 1966! Im Hamburger Star Club gehörten die RATTLES eh schon zum Inventar. Doch auch Krautrock war Reichel nicht fremd, bis Mitte der 70er entstanden fünf Alben unter A.R. AND MACHINES, darunter „Die Grüne Reise“, die ihn 2017 sogar bis in die Elbphilharmonie brachte und 2018 sogar nochmal mit dieser Formation und experimentellen Klängen auf Tour gehen ließ! Ein später, aber verdienter Erfolg für diesen Teil seines Schaffens! Dazwischen brachte uns Reichel die Shantys näher, vertonte Klassiker der deutschen Literatur sowie Volkslieder, war Gast im Rockpalast (siehe Video) und arbeitete mit dem Schriftsteller JÖRG FAUSER (R.I.P.) zusammen, was seine erfolgreichste Ära als Storyteller und Texter sicher beflügelte. Was bleibt sind jedenfalls eine ganze Menge Hits wie „Der Spieler“, „Boxer Kutte“, „Kuddel Daddel Du“, „Kreuzworträtsel“, „Auf Der Rolltreppe“, „Steaks Und Bier Und Zigaretten“ oder „Fliegende Pferde“ und jede Menge mehr. Nicht zu vergessen sein Engament für Greenpeace und dem unglaublich atmosphärischen „Exxon Valdez“, wobei A.R. hier das unsägliche Tankerunglück des selbigen Schiffes in Alaska beschreibt, dessen Folgen für die Umwelt immer noch nicht gänzlich geheilt sind. Ich habe bestimmt noch Einiges vergessen, komme aber jetzt zum neuen Live-Doppelalbum, mit dem sich der Künstler so langsam von der Bühne verabschiedet.
Mit diesem Programm ging es letztes Jahr schon auf große Deutschland-Reise, woher auch die Aufnahmen für diese Tonkonserve stammen. Nach der Veröffentlichung schließen sich übrigens noch weitere Termine an. Das Besondere ist jedenfalls, dass sich drei Bläser (Posaune, Trompete, Saxofon) in der Band befinden, die den allseits bekannten Songs einen ganz neuen Sound verpassen. Dabei wirken diese Instrumente überhaupt nicht wie Fremdkörper, sondern passen sich auf wunderbare Weise den Melodien und der immer noch großartigen, unverkennbaren Stimme Reichels an. So kann ich insgesamt von einer „deutschen Werkschau“ von ACHIM REICHEL sprechen, die halt nur live dargeboten wird. Songs der RATTLES bleiben nämlich außen vor. Aber das Live-Feeling kommt durch den teils tosenden Applaus gut rüber, wenn er auch nicht großartig mit dem Publikum kommuniziert, er beschränkt sich meist auf das bloße Ansagen der Titel. Als Abschluss gibt es dann den Titelsong als Studio-Version, im Original von Hildegard Knef. Insgesamt vermisse ich ehrlich gesagt eine DVD, aber vielleicht kommt die später ja noch, wer weiß?! Hier jedenfalls die Setlist:
-Fliegende Pferde
-Wahre Liebe
-Der Spieler
-Am Besten Du Gehst
-Auf Der Reeperbahn Nachts Um Halb Eins
-Sophie Mein Henkersmädel
-Nis Randers
-Exxon Valdez
-Trutz Blanke Hans
-John Maynard
-Regenballade
-Der Mond Ist Aufgegangen
-Herr Von Ribbeck
-Steaks + Bier + Zigaretten
-Halla Ballou Balle
-Boxer Kutte
-Kuddel Daddel Du
-Aloha Heja He
-Kreuzworträtsel
-Leben Leben
-Halt Die Welt An (Für Immer)
-Aber Schön War Es Doch (Studio)